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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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Flüchtlinge umgeben, sondern führte die Große Prozession zum Sternenberg an.
    Ich hätte meinen Umhang anziehen sollen, dachte sie. Der Schweiß auf ihrer Stirn kühlte bereits wieder ab. Zwar schien tatsächlich einmal die Sonne, aber der Himmel blieb bewölkt, und in der feuchten Luft fröstelte man schnell. Eigentlich hätte sie damit rechnen müssen. Chedan hatte oft genug darauf hingewiesen, wie unberechenbar das Wetter hier war. Zum letzten Mal war mir richtig warm, als ich in Micails Armen lag… Sie verbot sich streng, den Gedanken weiterzuverfolgen.
    Nur leises Vogelgezwitscher störte die Stille. Die Eingeborenen starrten sie unverwandt an. Ihre schwarzen Augen erfassten jede Einzelheit - die prunkvollen Priestergewänder, Chedans glänzenden Zeremonialdolch, Reidels Kurzschwert und die kurzen Spieße der Matrosen. Einige hatten Keulen oder Speere, aber die meisten waren mit Pfeil und Bogen bewaffnet. Die Bogen waren aus Eibenholz, mit kunstvollen Schnitzereien verziert und sorgsam poliert, die Speere hatten Feuersteinspitzen. Als die Seeleute bemerkten, dass die Sumpfbewohner nicht einmal Bronzewaffen hatten, fassten sie Mut, und ihr Auftreten bekam etwas fast Prahlerisches.
    Tiriki atmete tief ein und blieb ein paar Schritte vor den Eingeborenen stehen. Chedan hielt dicht hinter ihr an, dann folgte Reidel. Die Matrosen postierten sich auf dem Brettersteig, bereit, den Priestern im Fall einer Flucht den Rücken zu decken.
    Es war vollkommen still geworden.
    Tiriki hob die Arme, richtete die Handflächen zum Himmel und rief in feierlichem Singsang: »Ihr Götter, schaut huldvoll auf dieses Treffen herab.« Doch dann fiel ihr ein, dass diese Menschen wohl kaum die atlantidische Sprache verstanden, und sie versuchte es mit einem Lächeln. Noch eine Verbeugung vielleicht…? Aber die Sumpfbewohner beachteten sie schon gar nicht mehr. Sie hatten sich dem Schiff zugewandt, von dessen fremdartiger Silhouette sie ursprünglich angelockt worden waren - der hohe Bug der Vogelschwinge überragte gerade noch die dichten Weiden am Ufer des Flusses.
    »Ja«, sagte Tiriki und lächelte unbeirrt weiter, »das ist unser Schiff.«
    Jetzt zeigten ihre Worte oder ihre Gesten offenbar Wirkung. Ein stämmiger Mann mit einem Stirnband, in dem ein Büschel langer Reiherfedern steckte, trat vor und streckte ihr die flachen Hände entgegen. Ein Schwall von kehligen Lauten kam über seine Lippen.
    Tiriki sah sich hilflos nach Chedan um, und tatsächlich antwortete der Magier stockend in der selben Sprache. Wieder einmal dankte Tiriki dem Schicksal, welches Chedan schon früher auf diese Inseln verschlagen hatte. Selbst mit Worten würde es schwierig genug werden, sich mit diesen Menschen zu verständigen.
    Die finstere Miene des Stammeshäuptlings hellte sich auf, und er ergriff abermals das Wort. In Chedans Zügen spiegelte sich Verwunderung.
    »Könntet Ihr bitte übersetzen?«, flüsterte Tiriki.
    Chedan stutzte. »Ach so. Verzeihung. Dieser Bursche ist der Häuptling. Sein Name ist Reiher. Er sagt, wir kämen zu einem besonders günstigen - oder ungünstigen - Zeitpunkt. Wenn ich ihn recht verstanden habe, verbringen die Menschen hier den Winter in den Bergen und sind erst vor kurzem zurückgekehrt, um auf die Jagd zu gehen - und um irgendein Fest zu feiern.«
    Tiriki nickte nachdenklich. Chedan wandte sich wieder an Reiher und setzte die unverständliche Unterredung fort. Tiriki biss sich auf die Lippen und versuchte, sich ihre Ungeduld nicht anmerken zu lassen.
    »Er sagt«, dolmetschte Chedan nach einer schieren Ewigkeit, »ihre Priesterin - eine weise Frau aus dem Stamm - bitte Euch, sie aufzusuchen. Sie hat offenbar von unserem Schiff und unserer Ankunft geträumt. Wir könnten alle mitkommen, um uns von ihr segnen zu lassen, aber die Männer müssten in einiger Entfernung warten, bis sie mit Euch gesprochen hätte.«
    »Was? Herrin, Ihr dürft nicht alleine gehen!«, unterbrach Reidel ihn und sah sie entrüstet an. Wobei, dachte Tiriki, seine Fürsorge wohl eher Damisa galt. Sie hatte in letzter Zeit öfter gewisse Blicke aufgefangen, wusste allerdings nicht, ob auch das Mädchen sie bemerkt hatte.
    »Sagt ihm, wir kommen«, bat Tiriki kurz entschlossen und nickte Reiher lächelnd zu. »Ich denke, Liala, Damisa und ich sollten einer alten Frau gewachsen sein, auch wenn es eine weise Frau ist.«
    Reidel murmelte etwas Unverständliches vor sich hin und schaute drohend in die Runde. Chedan drehte sich um und ließ dem

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