Die Ahnen von Avalon
durchgemacht haben, ein Kind austragen? Sämtliche Heiler von Atlantis vermochten nicht zu verhindern, dass ich meine früheren Kinder verlor!«
»Wie Ihr kommen hierher auf Verborgene Insel?« Wieder lachte Taret. »Sie wollen Euch hier haben - Euch und die Euren!«
Tiriki beugte sich über ihren Schoß, wiegte sich langsam hin und her und dachte an ihre letzte Liebesnacht mit Micail. Hatte in jenem Augenblick des höchsten Glücks sein Same Wurzeln geschlagen? Und wenn ja, war es dann vielleicht jener Teil von ihm, den sie spürte, wenn sie so sicher war, dass er noch lebte?
Tiriki blinzelte, und dann lag sie weinend in Damisas Armen und wusste nicht, ob sie Tränen der Freude vergoss oder Tränen der Trauer.
Die Nachricht von Tirikis Schwangerschaft verbreitete sich wie ein Lauffeuer und war wie ein zarter Hoffnungsschimmer in einer Lage, die trotz der freundlichen Aufnahme durch die Sumpfbewohner trostlos erschien. Zunächst brauchten die Atlantiden ein Dach über dem Kopf, und in den folgenden Tagen musste sich Tiriki nicht als Einzige zu Arbeiten bequemen, die ihr bisher fremd gewesen waren. Selbst wenn sie alle nicht ohnehin des Lebens an Bord herzlich überdrüssig gewesen wären, die Purpurschlange konnte ihnen auf Dauer nicht als Behausung dienen. Das Schiff brauchte selbst Schutz, während die nötigen Ausbesserungen durchgeführt wurden.
Chedan hatte in seinem Leben mehr als einmal den Bau eines Tempels überwacht - und nicht immer waren es Tempel aus Stein gewesen. Sein Fach waren freilich eher die geheimen Gesetze bei der Gestaltung heiliger Räume und die künstlerische Planung. Und obwohl er auch die Magie beherrschte, die es ermöglichte, mittels Gesang große Steine zu bewegen, nützte ihnen das wenig, solange sie nicht genügend ausgebildete Bass-und Baritonstimmen zur Verfügung hatten, um auch nur einen einzigen magischen Chor zusammenzustellen. Zudem war das Behauen der Steine ein streng gehütetes Geheimnis der Steinmetzgilde, von der jedoch kein Angehöriger auf der Purpurschlange mitgefahren war.
Die Sumpfbewohner bauten mit Holz, und die Priesterschaft war mit Zimmermannsarbeiten nicht vertraut. Doch in den ländlicheren Gegenden des Seereichs, aus denen die meisten, wenn auch nicht alle Matrosen stammten, lebten die Bauern in Hütten, die nicht viel anders waren, als man sie hier vorfand. Außerdem hatte man auch beim Schiffsbau mit Holz zu tun, und Reidel hatte als Sohn eines Schiffskapitäns viel über den Umgang mit diesem Material gelernt.
Wieder einmal, murrte Damisa, hat unser wackerer Kapitän die Führung übernommen. Und sie konnte nicht einmal bestreiten, dass er gute Arbeit leistete. Er hatte die Matrosen kurzerhand zu Zimmerleuten erklärt, wobei Damisa sich nicht sicher war, wie sie das aufnehmen würden. Wer von Ahtarrath oder einer der anderen Inseln kam, würde sich vielleicht nicht daran stören, aber auf Alkonath galten Seeleute als privilegiert. Damisa war unweit des Großen Hafens aufgewachsen und erinnerte sich nur zu gut daran, wie sehr die Matrosen die Arbeit der Landratten stets verachtet hatten.
Sie war mit einer Ladung Weidenzweige in den Armen am Waldrand stehen geblieben. Als sie nun laute Stimmen hörte, spähte sie vorsichtig um einen Hagedornbusch herum.
»Keinen einzigen Balken fasse ich mehr an, solange Ihr mir keinen vernünftigen Grund dafür nennt!« Damisa hatte den starken alkonischen Akzent sogleich erkannt. Der Matrose Aven stand mit geballten Fäusten und wütender Miene vor dem Magier Chedan.
»Ihr wollt doch sicher unter einem Dach schlafen, nicht wahr? Ist das nicht Grund genug?«, fragte Chedan vollkommen ruhig.
Was kann er dem entgegenhalten?, dachte Damisa und zog sich die Kapuze über den Kopf. Am Morgen war der Himmel blau gewesen, doch jetzt waren bereits wieder graue Wolken aufgezogen, und jeden Augenblick drohte Regen.
»Unsere Zelte sind gut genug!«, widersprach Aven. »Wenn wir alle gemeinsam an der Purpurschlange arbeiten würden…« Der Alkonier hatte die Fäuste gesenkt. Seine Erregung legte sich zusehends. »… könnten wir in einer Woche aus diesem götterverlassenen Dreckloch verschwinden! Das ist kein Platz für unseresgleichen, Heiliger Mann! Ich sage, wir suchen uns ein zivilisiertes Land!«
»Und ich sage, dieser Ort ist uns vom Schicksal bestimmt.« Chedans Stimme war streng geworden. »Zweifelt Ihr etwa an der Weisheit der Priesterkaste?«
»Ich doch nicht!«, grinste Aven. »Aber mich hat das Schicksal
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