Die Ajima-Verschwörung
schoß das ›Stachelschwein‹ in die Dunkelheit, wobei der Schwung und die Kugellagerräder es glatt um die Biegung trugen. Sie hörten es ein paar Sekunden durch den Schacht rollen, die drei Nylonschnüre hinter sich herziehend, bevor ein hörbares ›Klick‹ anzeigte, daß es durch den Aufprall auf das Filtergitter in der Wand des Gewölbes aufgehalten worden war. Dann betätigte Stacy einen anderen Hebel, und zwei Haltestangen schossen aus dem ›Stachelschwein‹ und verkeilten es unverrückbar im Schacht.
»Ich hoffe, Sie haben kräftig trainiert«, sagte Weatherhill, während er die Schnur durch die Ösen im Gürtel seiner Kletterausrüstung zog. »Denn Ihre mickrigen kleinen Muskeln kriegen ganz schön was zu tun.«
Sie grinste und deutete auf einen Flaschenzug, den sie zwischen einem Seil und einem Wasserrohr bereits montiert hatte. »Alles nur eine Frage der Hebelwirkung«, erklärte sie.
Weatherhill befestigte die kleine, starke Taschenlampe an einem Handgelenk. Er bückte sich und nahm einen Gegenstand aus seiner Tasche, der genauso aussah wie der Kompressor der Klimaanlage.
Dann nickte er. »Es kann losgehen.«
Er schob sich in den vertikalen Schacht und ließ sich dann langsam kopfüber nach unten. Den nachgebildeten Kompressor hielt er über seinem Kopf, während Stacy das Gewicht an einer Schnur hielt. Hier war noch genug Raum, doch als er an die Biegung kam, von der an der Schacht horizontal weiterverlief, mußte er sich winden wie eine Schlange. Auf dem Rücken liegend zog er sich um die enge Ecke. Dann war er drin.
»Okay, Stacy, ziehen«, sagte er.»Ist es eng?«
»Sagen wir mal, ich kann gerade noch atmen.«
Sie zog Handschuhe an und begann, an einem der Nylonseile zu ziehen, das um die Speiche des ›Stachelschweins‹ lief und auf der andere Seite am Gürtel von Weatherhills Kletterausrüstung befestigt war. Auf diese Weise beförderte sie ihn durch den engen Ventilatorschacht.
Er konnte ihr nur dadurch helfen, daß er ausatmete, wenn er merkte, daß sie zog. Langsam fing er in seinem Nylonanzug an zu schwitzen. Der Ventilatorschacht gehörte nicht zur Klimaanlage, und die Luft, die von der Öffnung im Dach des Hotels her hereinwehte, war heiß und stickig.
Stacy ging es kaum besser. Die Dampfröhren, die durch den Wartungsraum verliefen, gaben so viel Hitze und Luftfeuchtigkeit ab, daß das Klima dem in einem türkischen Bad ähnelte.
»Ich sehe das ›Stachelschwein‹ und das Ventilatorgitter«, gab er nach acht Minuten durch.
Noch fünf Meter, und er war da. Auf den Blaupausen waren im Gewölbe keine TV-Kameras eingezeichnet, doch um sicherzugehen, spähte er zunächst in den dämmrigen Raum.
Dann zog er einen kleinen Sensor aus der Hemdtasche und überprüfte damit den Raum auf Laserstrahlen und Wärmetaster.
Glücklicherweise war nichts dergleichen zu entdecken.
Er mußte grinsen. Die ausgefeilten Abwehr- und Sicherheitsmaßnahmen beschränkten sich auf den Außenbereich des Gewölbes. Ein Fehler, der bei vielen Sicherheitssystemen zu beobachten war.
Weatherhill knotete eine dünne Schnur an das Ventilatorgitter und ließ es langsam auf den Boden hinunter. Er löste den Verschluß, der die Verankerung des ›Stachelschweins‹ freigab, so daß es zusammen mit dem nachgebildeten Kompressor langsam in das Gewölbe hinabschwebte. Dann ließ er sich selber hinunter, Kopf voraus, bis er schließlich auf dem Betonfußboden lag.
»Ich bin drin«, teilte er Stacy mit.
»Verstanden.«
Er leuchtete mit der Lampe das Gewölbe ab. Die Wagen mit den Bomben wirkten hier in der stickigen Dunkelheit, umgeben von dicken Zementwänden, doppelt bedrohlich. In einer derart abgeschlossenen Umgebung konnte man sich die fürchterliche Zerstörungskraft nur schwer vorstellen.
Weatherhill stand auf und legte die Bergsteigerausrüstung ab.
Er ging um den nächststehenden Wagen herum und breitete ein kleines Werkzeugset, das er sich um ein Bein geschnallt hatte, auf einem Kotflügel aus. Den nachgebauten Kompressor stellte er auf den Fußboden. Dann griff er, ohne sich die Mühe zu machen, einen Blick in den Wagen zu werfen, unter das Armaturenbrett und zog den Hebel für die Motorhaube.
Einen Moment lang starrte er die echte Bombe an. Sie war so konstruiert, daß sie durch ein codiertes Funksignal gezündet werden konnte. Soviel wußte er. Daß der Sprengmechanismus durch eine plötzliche Bewegung aktiviert werden konnte, war unwahrscheinlich. Sumas Atomingenieure hatten ganz sicher eine
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