Die Ajima-Verschwörung
flatterte. Der Augenblick der Entscheidung war da. Er signalisierte den Mechanikern, die Haltekabel loszulassen. Dann gab Pitt vollen Schub; der Ibis erbebte. Die Augen auf das Ende der Landeplattform geheftet, löste Pitt die Bremsen, und der Ibis machte einen Satz nach vorn. Fünf Meter, zehn, und dann zog er sanft, aber entschlossen den Steuerknüppel zurück. Das kleine Bugrad des Flugzeugs hob sich, und Pitt konnte die Wolken sehen. Nur noch drei Meter lagen vor ihm, als er den Ibis über dem unruhigen Meer in den Himmel zog.
In vierzig Metern Höhe ging er im Horizontalflug in die Kurve und beobachtete, wie Giordino hinter ihm startete. Er umkreiste einmal das Schiff, grüßte mit einem kurzen Dippen der Flügel die winkende Mannschaft der
Ralph R. Bennett
und hielt dann Kurs auf die westlich gelegene Insel Soseki. Unter dem Ibis flog das Wasser des Pazifik dahin, von der sinkenden Sonne in funkelndes Gold getaucht.
Pitt nahm Schub weg, bis er die Reisegeschwindigkeit erreicht hatte. Er hätte gerne gewußt, wozu das kleine Flugzeug fähig war, und ein paar Kunstflugfiguren ausprobiert, doch das durfte nicht sein.
Jedes ausgefallene Manöver konnte sich auf dem Radarschirm der Japaner abzeichnen. Auf geradem, gleichmäßigem Kurs in Wellenhöhe war der Ibis unsichtbar.
Jetzt machte sich Pitt Gedanken über das Empfangskomitee.
Er hatte nur wenig Hoffnung, von der Insel wieder herunterzukommen. Eine hübsche kleine Falle, dachte er grimmig. Aus dem Nichts kommen, vor Sumas Haus eine Bruchlandung machen, die Sicherheitskräfte Sumas an der Nase herumführen und für die übrigen als Ablenkung dienen. Die Mannschaft im Lagerraum der
Bennett
hatte Radarsignale von Sumas Verteidigungssystemen aufgefangen, doch Commander Harper hatte sich dafür entschieden, nichts dagegen zu unternehmen. Er ging ganz richtig von der Annahme aus, daß die Männer vom Verteidigungskommando der Insel sich wieder entspannen würden, wenn sie erkannten, daß das einzige sich in der Nähe befindende amerikanische Schiff ruhigen Kurs nach Osten nahm, so, als befände es sich auf einer Routinefahrt.
Pitt konzentrierte sich auf die Navigation und behielt den Kompaß im Auge. Bei der gegenwärtigen Geschwindigkeit, so berechnete er, müßten sie in fünfunddreißig Minuten auf der Insel landen. Wenn sie jedoch ein paar Grad nach Norden oder Süden abkamen, konnten sie sie vollkommen verfehlen.
Er mußte sich ganz auf sich selbst und sein Gefühl verlassen.
Der Ibis konnte das zusätzliche Gewicht eines Bordcomputers und eines automatischen Piloten nicht tragen. Er überprüfte nochmals Geschwindigkeit, Windrichtung und -stärke und berechnete viermal den angenommenen Kurs, um sicherzugehen, daß ihm keinerlei Fehler unterlaufen waren.
Der Gedanke, daß ihm der Treibstoff ausgehen könnte und er mitten in der Nacht auf einem unruhigen Meer niedergehen müßte, behagte ihm überhaupt nicht; auf einen solchen Zwischenfall konnte er gut verzichten.
Pitt stellte grimmig fest, daß die Funkgeräte entfernt worden waren. Zweifellos auf Jordans Anweisungen hin, damit weder Giordino noch er durch achtloses Geplapper ihre Positio n verraten konnten.
Nach siebenundzwanzig Minuten, als sich am Horizont nur noch ein schmaler Sonnenbogen abzeichnete, hielt Pitt durch die Windschutzscheibe angestrengt nach vorn Ausschau.
Da war sie. Ein purpurroter Fleck zwischen Himmel und Meer, unwirklich. Erst nach und nach verwandelte er sich in eine tatsächliche, greifbare Insel, deren Klippen senkrecht aus der Brandung ragten, die gegen ihre Fundamente toste.
Pitt drehte sich um und blickte aus dem Seitenfenster.
Giordino hing kaum zehn Meter rechts hinter ihm. Pitt wackelte mit den Flügeln und wies nach vorn. Giordino kam näher heran, bis Pitt erkennen konnte, daß er nickte und mit der Handkante in die Richtung der Insel deutete. Eine letzte Überprüfung der Instrumente, dann legte Pitt den Ibis in eine sanfte Kurve und hielt aus dem dunkler werdenden Himmel im Osten kommend genau auf die Mitte der Insel zu. Einen Kreis zu fliegen und sich erst einmal die Bodenbeschaffenheit anzusehen, kam nicht in Frage; auch kein zweiter Anflug, wenn er zu hoch oder zu tief hereinkäme. Der Überraschungseffekt war ihr einziger Verbündeter. Sie hatten nur diesen einen Versuch, die Ibisse auf der Wiese im Garten zu landen, bevor die Boden-Luft-Raketen vor ihren Nasen explodieren würden.
Jetzt konnte er die Pagodendächer und die freie Fläche zwischen den
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