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Die Akademie der Abenteuer - Die Knochen der Götter

Die Akademie der Abenteuer - Die Knochen der Götter

Titel: Die Akademie der Abenteuer - Die Knochen der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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nicht alles, was du über die Akademie weißt. Ich müsste es nämlich leugnen. Egal, wie du dich entscheidest, deine Mutter und deine Lehrerin werden von uns in jedem Fall einen Brief erhalten. Darin wird stehen, dass du zu einem Test hier warst. Wenn du dich gegen uns entscheidest, wirst du den Test trotzdem mit ›sehr gut‹ bestanden haben. Dir werden lediglich in einem Fach, sagen wir Latein, einige Punkte fehlen, sodass es für unsere Anforderungen um Haaresbreite nicht genügt haben wird.«
    Der Direktor erhob sich ebenfalls. Dabei fiel Rufus’ Blick auf einen dunkelbraunen Lederbeutel, den er am Gürtel trug.
    »Was ist das?«
    »Mein Artefakt«, sagte Saurini.
    »So wie die Muschelteile oder das Buch?«
    »Ja. Jeder hier trägt eines mit sich, in der Hoffnung, dass es vielleicht zu sprechen beginnt.«
    Rufus zögerte. Dann fragte er plötzlich: »Was wäre denn mein Artefakt?«
    Gino Saurini sah ihn an. »Du würdest sehen, ob das Haus dir eines vorschlägt. Oder du wählst eines bei einer unserer Versammlungen. Es hängt davon ab, was gerade in der Akademie vor sich geht und was du gerade tust. Eines der vielen Bruchstücke in der Akademie würde jedenfalls irgendwann zu dir gelangen. Die Wege sind vielfältig, aber jeder hier findet immer eins, bei dem er spürt, dass er sich mit ihm beschäftigen will. Es ist ein bisschen so wie bei den Indianern das Totem.«
    »Und wenn das Fragment zu einem spricht, dann reist man mit ihm in die Vergangenheit?«, fragte Rufus.
    Direktor Saurini nickte und schüttelte gleichzeitig den Kopf. »Es sind keine wirklichen Reisen in die Vergangenheit. Eigentlich kommt die Geschichte eher zu uns. Und man erlebt die damalige Zeit auch nicht am Stück, man ist nicht Teil einer vergangenen Kontinuität. Und doch kommt man der Geschichte hier näher, als es irgendwie sonst möglich ist. Viel näher.«
    Rufus hörte gebannt zu. Wenn man es schaffte, sein Fragment zum Sprechen zu bringen, konnte man in der Akademie die Vergangenheit wieder zum Leben erwecken. Rufus schwirrte der Kopf vor lauter Fragen und Möglichkeiten. Wenn man also die Geheimnisse der Akademie wirklich verstehen lernte und damit in die Vergangenheit kam, dann … »Danke, Herr Direktor Saurini«, sagte er unvermittelt. »Dann gehe ich jetzt zu meiner Mutter. Sie freut sich so, dass ich für eine Eliteschule ausgewählt wurde. Aber ich muss mir darüber klar werden, ob ich hier leben möchte.«
    »Gut.« Der Direktor sah Rufus aufmerksam an. »Du bist absolut frei in deiner Entscheidung.«
    »Danke, Direktor Saurini!«, sagte Rufus noch einmal. »Das ist wirklich ein tolles Angebot.«
    Saurini streckte Rufus die Hand hin und Rufus ergriff sie und schüttelte sie. Dann drehte er sich um und ging zur Tür.
     
    Rufus’ Mutter saß im Vorraum auf einem Stuhl und sah aus dem Fenster. Sie kehrte Rufus den Rücken zu, trotzdem konnte er sehen, wie sie über dem Brief auf senfgelbem Papier in ihrem Schoß nervös ihre Hände faltete und wieder öffnete. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie Rufus nicht kommen hörte.
    Rufus zögerte. Zuerst hatte er sich wirklich nur gefragt, wie es sein würde, nicht mehr zu Hause bei seiner Mutter zu wohnen. Aber dann hatte er sich in Erinnerung gerufen, wie glücklich sie das Angebot des »Eliteinternats« gemacht hatte. Und auch wenn er jetzt wusste, dass diese ganze Angelegenheit tatsächlich nicht ihre Idee gewesen war, musste ihr natürlich von Anfang an klar gewesen sein, dass er nicht weiter zu Hause wohnen konnte, wenn er in ein Internat ging. Das war nur logisch. Und darum machte es die ganze Sache eigentlich nicht besser. Und doch …
    Er sah zu ihr hinüber. Sie hatte den Brief wieder in die Hände genommen und schien ihn noch einmal zu lesen.
    »Mama?«
    Seine Mutter fuhr herum. Rufus sah, wie ihr Blick angestrengt in seinem Gesicht forschte. Dann stieß sie hervor: »Und?«
    Plötzlich wusste Rufus, dass seine Mutter Angst hatte. Dass sie sich nichts sehnlicher wünschte, als dass er den Test bestanden hatte und hier aufgenommen wurde.
    Vielleicht glaubte sie ja wirklich, er wäre hier glücklicher als bei ihr. Dass es ihm guttäte. Vielleicht dachte sie aber auch nur, dass Rufus Erfolg haben und Karriere machen sollte.
    Vor seinen Augen tauchte der kleine karierte Koffer mit den Spielzeugautos auf. Es hatte keinen Sinn, etwas kaputt zu machen, das wusste Rufus inzwischen. Aber vielleicht konnte man, konnte er, Rufus Minkenbold, etwas, was kaputtgegangen war, wieder

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