Die Akademie der Abenteuer - Die Knochen der Götter
Spezialität kosten. Hat jemand eine Idee, was das sein könnte?«
Der Kochmeister deutete auf einen großen Kessel auf dem Feuer, in dem schwarze Punkte in einer gelblichen Brühe schwappten.
»Gegrillte Ameisen!«, rief Coralia.
»Leider nein. In diesem Fall ist es einfacher. Andere Vorschläge?«
»Das sieht aus, wie wenn unser Nachbarhund in den Schnee gepinkelt hat«, flüsterte No Filine und Rufus leise zu.
Doch Meister Spitznagels scharfe Ohren hatten ihn gehört. »Urinsuppe? Mein lieber Frischling, du glaubst doch nicht wirklich, dass ich so eine Brühe, die von dem einen oder anderen Arzt in der Vergangenheit tatsächlich seinen Patienten eingeflößt wurde, anlässlich eines Festmahls servieren würde?«
No wurde blass. »Nein, natürlich nicht, aber die Farbe …«
»Die Farbe lässt sich wesentlich schmackhafter erklären«, verkündete der Kochmeister. »Es handelt sich um eine einfache chinesische Eier-Mais-Brühe mit Mohnsamen. Wer möchte? Es passt alles gut auf einen Teller.«
No atmete erleichtert auf. »Ich nehme erst mal nur die Chinasuppe!« Er streckte seinen Holzteller vor und Meister Spitznagel füllte ihn mit einer großen Holzkelle voll.
Auch Filine nahm nur die Suppe. Rufus dagegen ließ sich sofort von beiden Gerichten geben. Dann kehrten die Lehrlinge an ihre Silberplatte zurück.
Die Brühe war kräftig, heiß und ausgezeichnet. Rufus tunkte ein Stück seines Elchfleisches hinein und schmatzte vor Vergnügen.
Hinter ihm war wieder Coralias durchdringende Stimme zu hören: »He, Lucy, nicht schlecht, was? Aber ich habe neulich in ›Antike Kochkunstkunde‹ ein römisches Gastmahl zubereitet. Du weißt ja sicher, dass die Römer durch ihre Gelage berühmt geworden sind. Und welches war das berühmteste von allen?«
Lucy schlürfte ihre Suppe und hob schweigend die Schultern.
»Na, hört mal!« Coralia hob einen Holzlöffel und pochte damit an den Teller. »Ich kann doch nicht immer die Einzige sein, die Bescheid weiß! Na ja, dann sage ich es dir eben.«
Plötzlich drehte sich Filine zu ihr um. »Lass nur. Du bist nicht die Einzige. Es war das Gastmahl des Trimalchio.«
Coralia zuckte zusammen. »Das stimmt«, gab sie zu.
Filine lächelte zurückhaltend. Dann sagte sie: »Allerdings soll es sich in Wirklichkeit mehr durch die Angebereien und die Dummheit des Gastgebers ausgezeichnet haben als durch die tollen Speisen.«
»So ein Unsinn!« Coralia fuhr auf. »Es war sehr edel. Alleine das Zubehör der Festtafel wäre, wenn man es heute finden könnte, ein eigenes Museum wert.«
»Ein Museum der Eitelkeit vielleicht«, widersprach Filine. »Auf dem Serviertisch für die Vorspeisen stand zum Beispiel ein Esel aus Bronze unter einem silbernen Dach, in das der Name des Gastgebers eingraviert war. Der Bratrost war aus Silber. Und darunter waren als Kohlen hergerichtete Pflaumen mit einer Granatapfelfüllung. Auf dem Rost lagen mit Mohn und Honig gewürzte Haselmäuse. Das mag edel klingen, aber es war bestimmt nicht das beste Fleisch. Und wirklich wenig edel finde ich, dass die Servierer das Essen bringen mussten, solange die Gäste noch kauten. Ich finde, es ist wesentlich angenehmer, wenn man erst mal runterschlucken kann. Das Ganze diente auch nur dazu zu zeigen, wie reich der Gastgeber war. Der war nämlich ein ehemaliger Sklave, der es zu sagenhaftem Reichtum gebracht hatte und nun allen demonstrieren wollte, was er sich alles leisten konnte.«
»Aber das ist doch edel!«, rief Coralia empört. »Und für das Kochen der unzähligen Köstlichkeiten habe ich siebzehn Erkenntnispunkte bekommen!«
Meister Spitznagel, der dem Gespräch der Lehrlinge interessiert zugehört hatte, brach in Gelächter aus. Dann sah er plötzlich Filine an. »Woher weißt du so gut darüber Bescheid?«
Filine sah verlegen zu Boden. »Das tue ich gar nicht. Das war Zufall. Ich habe das mal … irgendwo gelesen.«
»Das hast du dir aber gut gemerkt, wenn du es nur mal so zufällig gelesen hast«, erwiderte der Meister anerkennend.
Er verließ die Feuerstelle und kam mit einer großen Schüssel zu den drei Frischlingen. »Kann mir jemand von euch sagen, aus welcher Kultur dieses Gericht hier stammt?«
Rufus sah in die Schüssel. Sie war voller Popcorn.
»Na aus den Fünfzigern des 20. Jahrhunderts oder so?«, riet No. »Popcorn ist doch bestimmt amerikanisch.«
»Nein, das stimmt nicht ganz, na ja, doch, es ist mittel-beziehungsweise südamerikanisch«, sagte Kochmeister Spitznagel,
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