Die Akademie der Lüste (German Edition)
Blickfeld verschwunden, noch bevor er einen Fuß vor die Tür hatte setzen können. Angst machte sich in ihm breit. Hatte er sie jetzt vollkommen verloren? Er konnte sie doch nicht allein in das tosende Unwetter lassen, vor allem nicht kaum bekleidet und inmitten des riesigen Dschungels. Gerade als er ihr hinterherstürmen wollte, hielt eine zierliche Hand ihn fest. Die schöne Frau namens Lorna sah ihn eindringlich an, und ihre ganze Gestalt erinnerte ihn an einen schwarzen Panther, der ihm notfalls mit wenigen Krallenstrichen das Fleisch von den Knochen fetzen konnte. »Wir suchen sie. Aber nicht so.«
Sie reichte Michael eine wasserdichte Jacke und einen kleinen Rucksack, von dem ein zusammengerolltes Seil hing. Lorna selbst trug ebenfalls eine Wetterjacke und zog sich noch Wanderstiefel an. »Es hilft Jaine nicht, wenn einer von uns bei der Suche nach ihr stürzt und sich etwas tut.«
Michael war sich nicht ganz sicher, was er von dieser Frau halten sollte, die so offensichtlich intim mit seiner Verlobten geworden war, und auch sie wirkte nicht sonderlich glücklich über sein plötzliches Auftauchen, auch wenn er bisher nichts Negatives aus ihrem Mund gehört hatte. Allgemein schien sie nicht sehr gesprächig zu sein.
»Fertig?«
Er nickte und sie gingen hinaus. Der Wind riss ihm fast die Tür aus der Hand, und nur gemeinsam schafften sie es, sie wieder zu schließen. Lorna zog sich die Kapuze über den Kopf und zurrte sie fest, während Michael noch mit seiner kämpfte. Einigermaßen gegen das Unwetter gewappnet, stapften sie los. Michael folgte einfach stumm dieser Pantherfrau. Seine Worte wären ohnehin durch den Wind fortgerissen worden, und was hätte er ihr auch sagen sollen?
Sie schien den Dschungel gut zu kennen, denn sie fand immer einen Weg durch jedes noch so unwegsame Gelände, auch wenn der andauernde Regen und heruntergefallene Äste oder umgestürzte Bäume sie oft zu Umwegen zwangen.
Manchmal riefen sie nach Jaine, und Michael mochte sich kaum ausmalen, wie sie sich fühlte. Seine Angst war wie eine riesige Faust, die sein Herz zu zerquetschen drohte. Ihm wäre es egal, wenn sie ihn ewig hassen würde und plötzlich mit Lorna wegginge, solange er sie nur gesund wiederfand!
Sie liefen zwischen dichten Farnbüscheln, die ein Durchkommen geradezu unmöglich machten. Nur der nahezu weggespülte Pfad ermöglichte ein Durchkommen. Lorna lief weiter voran. Doch plötzlich blieb sie stehen. Der Taifun hatte einen riesigen Baum direkt auf den Weg umstürzen lassen. Er war zu groß, um einfach um ihn herumzugehen oder darüberzuklettern. Michael sah Lorna zögern, bevor sie sich umdrehte.
»Wir gehen einen anderen Weg«, erklärte sie und ließ diesmal Michael vorgehen, doch bald mussten sie wieder haltmachen – wo vorher der Weg gewesen war, befand sich nun ein Wasserfall, der Farn, Erde und Boden mit sich fortriss.
»Hier kommen wir nicht durch!«, rief Michael, und Lorna sah das offensichtlich genauso. Ihr Kopf ruckte herum, und sie deutete auf einige große Felsen, die über ihnen aufragten. »Versuchen wir es dort«, schlug sie vor.
Sie kletterten so gut es ging den matschigen Hang hinauf, bis sie endlich zwischen den Felsen standen. Lorna zog eine Taschenlampe aus Michaels Rucksack und leuchtete in eine dunkle Spalte, die sich erweiterte. Dort gab es eine Höhle. Wortlos und wie auf ein Zeichen passierten sie beide den mit Moos überwachsenen Eingang. Die Höhle wirkte nicht riesig, aber ein erstes Hineinleuchten zeigte zahllose Nischen und Gänge, die sonst wohin führen mochten. Michael hatte jedenfalls keine Lust, das herauszufinden. Für den Moment war er dankbar, dass es für wenige Augenblick trocken war, und er hoffte, dass Jaine so viel Glück wie sie gehabt hatte und sich ein trockenes Plätzchen suchen konnte.
Lorna und er standen am Eingang und sahen in den Regen hinaus. »Du bist ein Idiot«, sagte sie unvermittelt und ohne ihn anzusehen.
Michael runzelte die Stirn. »Wie bitte?!«
»Du hast mich verstanden«, erwiderte Lorna. »Du weißt gar nicht, was für ein Geschenk dir gegeben wurde. Eine Frau wie Jaine ist etwas, was auf dieser Welt gar nicht mehr existiert. Reine, unverfälschte Unschuld. Und du versuchst sie mit allen Mitteln zu etwas zu machen, was sie nicht ist.«
Jetzt war Michael verärgert. »Woher willst du das wissen? Nur weil du einmal mit ihr …«
Lornas Lachen unterbrach ihn. »Denkst du, es geht nur um Sex? Natürlich, es sollte mich nicht
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