Die Akte Daniel (German Edition)
Hand auf seiner Schulter. Er drehte sich um und sah Sundays bernsteinfarbene Augen im Dämmerlicht aufblitzen.
Daniel rieb sich die eigenen Augen. Ohne ein Wort zu sagen, rutschte er zur Seite, hob seine Decke und ließ Sunday drunter schlüpfen. »Das nächste Mal ziehst du dir was an«, murmelte Daniel noch, dann schlief er weiter.
Als Daniel das nächste Mal wach wurde, war es definitiv Morgen, wenn auch noch sehr früh. Zum Glück war Samstag, sie hatten schulfrei und konnten nach Belieben ausschlafen.
Sunday hatte sich in typischer Manier eng an Daniel gekuschelt und war eindeutig zufrieden, nackt und im Schlaf mit eindeutigen Tendenzen eines Klammeraffen. Wie daraus ein Fuchs hatte werden können, war Daniel auch bisher nicht einleuchtend gewesen.
Daniel schaute ihn sich genau an. So hatten sie auch ihre erste gemeinsame Nacht verbracht oder genauer, so waren sie am ersten Morgen erwacht, als er ins Institut gekommen war. Er war damals noch dünn und mehr ein Schatten seiner selbst gewesen. Sunday hatte sich seiner jedoch vorbehaltlos angenommen. Er hatte aber auch selbst Eigenarten an sich, die seltsam und vielleicht für andere Menschen anstrengend gewesen wären. Aber Daniel hatte dies immer nur erstaunt, er empfand es auf eine bestimmte Art als vollkommen normal. Dabei konnte er nicht einmal sagen, warum er so dachte. Aber Sunday hatte etwas an sich gehabt, was ihm sagte, dass er ihm vertrauen konnte und er hatte auch gewusst, dass Sunday ihm vertraute.
Im Grunde war es allein Sunday zu verdanken, dass er hier geblieben war. Er war mehr als nur das Zünglein an der Waage gewesen, denn dieser Rotschopf war es gewesen, der ihm die Trennung aus seinem alten Leben nicht nur leicht gemacht hatte, sondern ihm auch noch eine Bindung gab, die es bisher in seinem Leben nie gegeben hatte. Sunday war Sunday. Und sie beide verstanden sich nahezu blind und ganz sicher ohne telepathische Berührungen.
»Morgen«, murmelte Daniel.
»Morgen«, kam die eindeutig schläfrige Antwort. Sunday blinzelte und lächelte Daniel dann an. »Gut geschlafen?«
»Habe ich und du auch, wie ich gerade merke. Wie war die Nacht?«
»Schön und dunkel, wie immer.« Sunday streckte sich. »Bekomme ich einen Guten-Morgen-Kuss?«, fragte er.
Daniel blinzelte, aber er ließ sich nicht lange bitten, schließlich hatte er Ja gesagt und Küssen war eine äußerst angenehme Übung, machte Spaß und verursachte Magenkribbeln.
»Ich schätze, mit gestern Abend haben wir eigentlich nur offiziell gemacht, was wir die ganze Zeit schon gemacht haben. Warum warst du dann eifersüchtig, wenn es eigentlich klar war?«, eröffnete Daniel wieder das Thema, von dem Sunday gedacht hatte, es wäre erledigt. Aber es war nicht wirklich erledigt. Sie hatten es nur vertagt.
»Nichts im Leben ist klar, Daniel. Und im Ernst: Wenn ich nichts gesagt hätte, wärst du von allein drauf gekommen?« Sunday stützte sich auf die Ellbogen und sah Daniel ein Stückchen vorwurfsvoll an. Seine langen Haare standen in alle Richtungen ab, was Daniel den Reflex auslöste, ihm es einfach weiter zu zerzausen. Er riss sich jedoch zusammen. Das gehörte im Moment nicht hierher.
»Klar ist es klar!«, murrte er, »Ich kriege von dir jeden Morgen einen Kuss, wenn nicht gerade auf den Mund. Wie normal ist das? Ich meine, so unter Jungen. Aber auf Eifersucht, darauf muss man erst einmal kommen.« Er schüttelte den Kopf. »Vor allen Dingen, ich wusste nicht, dass Kate auf mich steht. Mhm ...«
»Kate fand dich auch von Anfang an toll, das war eigentlich nicht zu übersehen. Aber erst jetzt fing sie an, sich so richtig ins Zeug zu legen, weil du nicht reagiert hast. Hätte ja sein können, dass sie es schafft? Sie ist schließlich hübsch und nett. Und auch sonst nicht übel.«
Daniel kaute auf seiner Unterlippe und betrachtete Sunday. Im Vergleich zu Sunday fand er Kate zwar nicht hässlich, aber Sunday war eindeutig farbenfroher, was er nicht schlecht fand. Er hatte genau das richtige Temperament und er war nicht so zerbrechlich wie Mädchen und erst recht nicht so empfindlich. Außerdem war er nur halb so albern.
Gut, sein Geschmack war eindeutig gewöhnungsbedürftig. Aber anders als in irgendwelchen ausgefallenen Klamotten konnte sich Daniel Sunday gar nicht vorstellen. Wahrscheinlich würde er an ihm vorübergehen, wenn er mal normale Klamotten tragen würde. Nein, das gehörte zu ihm und nur so war er vollständig in jeglicher Hinsicht.
Sunday tippte ihm auf die
Weitere Kostenlose Bücher