Die Akte Daniel (German Edition)
Aufeinandertreffen hatten sich ihre Zusammenkünfte noch einmal geändert und dazu gehörte auch die Regel, dass keiner von ihnen etwas über die Arbeit erzählte. Auch wenn sie beide mitunter sehr genau wussten, was der eine erreicht hatte und der andere verloren.
Dieses Haus war außerhalb ihres eigentlichen Lebens und nichts von außen durfte hier hinein. Außerhalb dieses Hauses waren sie Todfeinde – ohne Frage oder gar sich Erkennen, und wenn der Tag einmal kam, würden sie sich gegenseitig an die Kehle gehen. Ohne Zögern.
Aber noch war es nicht soweit, und keiner von ihnen war bereit, vorher daran zu denken.
»Es ist inzwischen schon wie lange her? Sieben, acht Jahre? Oder länger?«, fragte Fearman, obwohl er es genau wusste.
»Meine Feinde wie meine Untergebenen respektieren mich seitdem umso mehr. Insofern: Ich muss dir für die Narben dankbar sein.« Demetrius lächelte hintergründig.
Fearman lachte und tippte sein Glas gegen das Demetrius’. »Ich glaube, du bist auch so schon einschüchternd genug. Aber das hilft nicht bei allen, musst du wissen.«
»Ach, nein?«
»Nein. Bei mir hilft es nicht!« Fearman trank und versteckte sein Amüsement hinter seinem Glas.
Und damit war er vermutlich der Einzige. Das war wohl noch ein weiterer Grund, warum sie einander verstanden. Demetrius schlug die Beine übereinander und setzte sich bequemer hin. »Hast du noch Pläne für heute Abend?«, wollte er wissen.
»Etwas essen und dann Entspannung. Was hast du vor?« Fearman setzte sich ihm gegenüber und funkelte ihn an.
»Ich schließe mich an, wenn du kochst.”
Fearman erhob sich. »Komm mit. Machen wir uns etwas.«
Einträchtig marschierten die beiden in die Küche, die immer gut bestückt blieb für Fälle wie diese. Ihre Untergebenen hätten sicher Augen gemacht, wenn sie hätten sehen können, wie ihre Chefs in trauter Harmonie zusammen kochten wie ein Ehepaar am Sonntagmittag. Aber es war zum Glück niemand da, der sich hätte wundern können.
Fearman schnippelte routiniert Gemüse und Schinken. Auf dem Herd wurde Wasser heiß und Öl bewegte sich in einer Pfanne. »Ich habe gesehen, dass es einen Jazzabend im Sovour gibt«, plauderte er. Sie hatten sich dort schon öfter getroffen. Es gab kleine, dunklere, nicht einsehbare Separees, sodass sie niemand erkannte. Beide waren sie zudem Fans von Jazz. Es traf sich einfach perfekt und Musik war ein unverfängliches Thema, bei dem es nicht irgendwann bei ihrer Arbeit und damit unerquicklichen und vor allen Dingen unerlaubten Dingen endete.
»Wann genau?«, wollte Demetrius wissen und maß Nudeln ab. Er hatte im Allgemeinen keine Zeit und erst recht keine Muße zum Kochen, aber Fearman hatte ihm im Laufe der Zeit dies und das beigebracht. Es brachte ihnen beiden Ruhe, die sie sonst nicht fanden.
Fearman gab Schinken und Gemüse in die Pfanne und rührte den kleinen Haufen flach, sodass alles schneller und gleichmäßiger anbriet. Dann suchte er im Schrank nach den Gewürzen. »In drei Wochen am Sonntag. Interesse?«, fragte er.
»Sicher. Aber ob ich Zeit habe, ist die andere Frage. Ich werde es versuchen.« Demetrius nahm zwei Teller aus dem Schrank und stellte sie auf den gemütlichen Esstisch. »Vermisst du New Orleans?«, wollte er plötzlich wissen.
Fearman sah auf. »Wie kommst du auf diesen Ort?«
»Du kommst doch von dort. Und eine Jazzverliebtheit wie deine hat man nur im Blut«, bekam er zur Antwort.
Fearman sagte nichts. Er rührte in der Pfanne, nahm Demetrius die Nudeln ab und gab sie ins Wasser. Sie warteten schweigend ab, bis das Essen fertig war.
Erst als sie am Tisch saßen, nahm Demetrius das Gespräch wieder auf. »Hier geht es nicht um geheime Informationen. Ich habe zwei und zwei zusammengezählt. Vor Jahren schon.«
»Alles ist geheim«, meinte Fearman. »Und ich weiß, dass ich manchmal einen New Orleans-Akzent habe. Aber die Jazzverrücktheit ist nicht an die Abstammung gebunden. Du hast sie schließlich auch.«
»Nur, weil du mich darauf gebracht hast. Ich habe Jazz am Anfang als Krach bezeichnet, erinnerst du dich?« Demetrius spießte eine Nudel auf und betrachtete sie. »Außerdem wissen wir gleich viel voneinander oder besser gesagt, gleich wenig, es macht also keinen Unterschied.”
Fearman kniff die Augen zusammen. »Warum willst du heute soviel wissen?«, fragte er misstrauisch. »Ich werde wohl besser gehen oder wie viel Zeit habe ich, bevor deine Truppe kommt?«
»Nach wie vor weiß niemand hiervon, und das
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