Die Akte Daniel (German Edition)
Nase. »Wenn du mich weiter so anguckst, werde ich am Ende noch verlegen.«
»Du? Verlegen? Ich glaube alles, das jedoch nicht!«, sagte Daniel im Brustton der Überzeugung.
»Och, das geht alles. Vielleicht nicht so leicht, wie ich dich verlegen bekomme ...« Sunday grinste spitzbübisch und küsste Daniel. Dieser lachte.
10
Hauptsitz der Kage no Kiseki, Whitefriars Street, London
Demetrius Archer verließ sein Büro in der Japan Foundation gewöhnlich erst um Mitternacht. Der Portier war das schon gewohnt und stellte keine Fragen, sondern sorgte nur dafür, dass der Wagen bereitstand.
Er übergab Demetrius die Schlüssel für den weißen Porsche und bekam dafür das übliche großzügige Trinkgeld. Worte wurden nicht gewechselt; der Portier traute sich nie, den einschüchternd wirkenden jungen Mann mit etwas so Banalem wie einem Gruß zu belästigen. Mr. Archer hatte außer seinem ungewöhnlichen Aussehen auch noch eine Ausstrahlung an sich, die ihn frösteln ließ. Wenn dieser dann jedoch endlich abgefahren war, konnte er selbst auch erleichtert und müde Dienstschluss machen.
Demetrius lenkte seinen Wagen sicher durch den noch immer nicht zu verachtenden Londoner Verkehr. Selbst die Innenstadtmaut konnte nicht verhindern, dass die Straßen dann und wann verstopften.
Er hatte heute Jasons Bericht bekommen, dass dieser das Mädchen im Labor abgeliefert hatte. Der nächste Schritt war also eingeleitet.
Demetrius gestattete sich ein zufriedenes Lächeln, als er daran dachte. Der Ordo mochte ihnen immer einen Schritt voraus sein, aber sie konnten ihre Augen nicht überall haben und die Foundation hatte nicht vor, ihnen diesen Vorsprung zu überlassen. Aus diesem Grund waren sie hier auch in London, obwohl beide Organisationen weltweit agierten. Hier in London jedoch hatte der Ordo eine seiner Wurzeln und die Foundation war noch immer nicht so stark in Europa, wie es wünschenswert gewesen wäre.
Das Problem war jedoch, dass es der Foundation in bestimmten Bereichen an einem jahrhundertelangen Erfahrungshorizont mangelte, der sich in manchen Momenten als äußerst schmerzhaft erwies. Stück für Stück wurde diese Distanz mit der Beharrlichkeit des jüngeren Herausforderers verringert, bis eines Tages vom Ordo nichts mehr bleiben würde. Demetrius glaubte nicht nur daran, er arbeitete daran mit aller Kraft.
Dennoch gab es immer wieder Pattsituationen. Der Verlust des jungen Telepathen vor einiger Zeit war ein großer Fehlschlag gewesen und eine Schlappe, die tief saß.
Demetrius hatte sich persönlich dafür bei seinen Vorgesetzten verantworten müssen. Er hatte auch Jason beschützen müssen.
Der Dämon wurde alt. Bald würden die ersten Fragen seiner Beseitigung anstehen. Wenn es soweit war, dann war es Demetrius, der diese Aufgabe übernehmen würde. Niemand anderem wollte er das überlassen. Jeder Mitarbeiter gehörte zu ihm. Er würde also auch die Verantwortung für ihr Ableben übernehmen, wenn die Foundation sie nicht mehr tragen konnte.
Demetrius fühlte sich trotz der schweren Gedanken leichter, als er seinem Porsche noch einmal ein wenig Gas gab und ihn davon schnellen ließ. Eine Radarfalle schnappte zu, aber Demetrius ließ das kalt. So etwas Triviales wie ein Strafzettel tangierte ihn nicht. Wer sich mit der Zukunft dieses Landes, der ganzen Welt und ihrer Menschheit befasste, konnte nicht mit so kleinlichen Dingen aufgehalten werden. Zudem hatte er ausreichend intensive Kontakte zur örtlichen Polizei, sodass ein Anruf seiner Assistentin genügte, um alle Spuren zu beseitigen.
Ein Blick fürs Detail war wichtig, aber nur, um das Unbedeutende auszusortieren und dem Wichtigen seinem Platz zuzuweisen.
Die Vororte von London flogen vorbei.
Demetrius entfloh in den wenigen Stunden, in denen er nicht arbeitete, lieber der Anwesenheit von so vielen Menschen. Dementsprechend lag das Haus, das er jetzt aufsuchte, ziemlich abseits aller neugierigen Blicke und auch außerhalb der Überwachung der Foundation.
Er sah das dunkle Auto in der Einfahrt zum Grundstück; es stand wie immer den Blicken neugieriger Passanten entzogen. Es gab noch eine weitere Auffahrt und die benutzte dieser eine Mensch, dem dieses Haus gleichermaßen wie ihm gehörte, auch noch. Meist jedoch, um wieder zu entschwinden, bevor ihn jemand sehen konnte. Eigentlich gehörte das Haus einer Anwaltskanzlei. Es stand offiziell leer. Aber es gab niemanden, der Demetrius und dem anderen Bewohner dieser Stätte den
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