Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03
Barcelona führt. Bist du dir ganz sicher, dass das Flugzeug dorthin geflogen ist? Was wäre, wenn das auch nur ein gefakter Flugplan war, wie bei uns? Wenn du Recht hast und die Kirche tatsächlich hinter der Entführung steckt, würde es da nicht mehr Sinn machen, meine Familie nach Italien zu schaffen?“
Lukas entging nicht, dass sein Freund eine Winzigkeit zögerte, bevor er ihm antwortete. Aus irgendeinem Grund stellten sich ihm dabei die Haare auf.
„Gut“, antwortete Jules jetzt. „Sprechen wir über den Plan. Erinnerst du dich, wie ich mich gewundert habe, dass es zu einfach war, der Spur der Entführer zu folgen? Dieser Hinweis war Absicht. Wie auch der holländische Pilotenname, Jan Giep. Sie wollten, dass wir nach Barcelona fliegen.“
„Aha, und wie kommst du darauf?“
„Ich habe nie behauptet, dass wir unterwegs sind, um deine Frau und Matti zu befreien, Lukas. Wir folgen stattdessen der Taktik der Entführer und machen uns tatsächlich zu deren Handlanger. Wir fliegen nach Barcelona, weil dort die van Kampen ist. Wir holen uns die Dokumente von ihr zurück und lösen damit deine Familie aus. Dann ist ein für alle Mal Schluss mit dem Spuk.“ Er hatte dies mit einer Selbstverständlichkeit hervorgebracht, als handelte es sich bei seiner Ankündigung um einen Spaziergang.
Lukas benötigte eine Weile, um das Gehörte zu verarbeiten. Schließlich stammelte er: „Die van Kampen ...? Das ist jetzt nicht dein Ernst. Woher weißt du überhaupt, wo sie ist?“
„Es ist kein Geheimnis, dass die Holländerin sich zur Zeit in der Stadt aufhält. Ihr Mann besaß in der Nähe von Barcelona ein Anwesen, dass ihm von König Juan Carlos günstig überlassen wurde. Ein großzügiges Dankeschön seiner Majestät für die Stiftung mehrerer Picassos und Miròs. Der halbe Prado in Madrid wurde quasi von Leysieffer bestückt. Die van Kampen genießt deshalb in Spanien hohes Ansehen und bereitet von dort aus ihre Rückkehr an die Gesellschaftsfront vor.“
Lukas rang sichtlich um Fassung. Wie oft hatte er sich in der Vergangenheit vorgestellt, dass der erlösende Anruf der Polizei eingehen würde, die Holländerin sei gefasst worden und würde der weltlichen Gerichtsbarkeit zugeführt. Nun blieben ihre Taten auf Erden ungesühnt, Macht und Einfluss hatten einmal mehr gegen das Unrecht gesiegt.
Doch Lukas fühlte sich zu erschöpft, um weiter wütend zu sein, es reichte nur noch für etwas Zynismus für seinen besten Freund: „Du verdammter Geheimagent. Als Freund bist du eine echte Zumutung. Gibt es noch etwas, was ich wissen sollte? Oder hast du vor, mir deine Informationen weiter häppchenweise zu servieren?“
„Jetzt krieg dich wieder ein, Lukas. Und ja, das war jetzt alles. Ich habe es dir nicht früher gesagt, weil wir keine Zeit für unnötige Diskussionen hatten und ich nicht sicher war, ob du dann in diese Maschine gestiegen wärst. Mit dir steht und fällt mein ganzer Plan.“ Jetzt kam das Schwierigste, denn es war genau dieser Plan, der Lukas völlig in Rage bringen würde.
„Was für ein Plan?“, schoss dieser zurück.
„Vereinfacht ausgedrückt: Wir fahren zu der van Kampen und du bittest sie um die Dokumente.“
„Das ist jetzt ein Scherz, oder?“
„Keinesfalls. Hör zu und lass das Klappmesser in der Hose. Wir machen uns zwei Dinge zunutze: Erstens lag es vor allem am Einfluss deines Vaters und der Hartnäckigkeit seiner Anwälte, die lange verhindert haben, dass die van Kampen rehabilitiert wird. Ohne diese Intervention wäre das schon früher passiert. Wenn sich jetzt ein Mitglied der Familie von Stetten persönlich bei ihr meldet, wird ihre Neugier überwiegen. Sie wird dich empfangen, Lukas.“
„So, meinst du? Vermutlich nur, damit sie nochmals versuchen kann, mir eine Schere in den Rücken zu rammen“, spielte Lukas empört auf Rom an. Es hielt ihn kaum mehr auf seinem Sitz.
Jules ignorierte seine Erregung: „Du wirst ihr reinen Wein einschenken, warum du die Dokumente benötigst. Wenn sie sich weigert, drohst du ihr mit der sofortigen Einberufung einer Pressekonferenz, in der du sie anklagen wirst, dass ihr die Schriftrollen, die letztendlich nur Tierhäute sind, wichtiger sind als das Leben deiner Frau und deines Sohnes. Die van Kampen kann sich gerade jetzt keinen weiteren Skandal leisten. Sie ist eine kluge Frau und wird die richtige Entscheidung treffen.“
„Bist du wahnsinnig? Was du vorschlägst, ist Erpressung! Ich spiele doch nicht mit dem Leben meiner
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