Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03
Sorge, die Premier ist bekannt dafür. Erst kürzlich ist in Stockholm deshalb eine zu Bruch gegangen. Die werden natürlich unsere Flugbahn auf dem Radar verfolgen, aber die Minuten, die sie benötigen, bis sie es richtig gecheckt haben, sind wir längst in Barcelona gelandet.“
Jules konzentrierte sich dann ganz auf das Flugzeug, bis sie die endgültige Flughöhe erreicht hatten. Der Tower versuchte mehrmals, mit ihnen in Kontakt zu treten, aber Jules hatte den Funkverkehr abgeschaltet.
„Irgendetwas stört mich bei der ganzen Sache“, setzte Jules an.
„Was meinst du?“
„Es passt nicht wirklich zusammen. Es war zu einfach. Die Entführer haben nicht einmal versucht, ihre Spuren zu verwischen. Entweder, die fühlen sich so sicher, dass sie überheblich geworden sind, oder ...“
„Oder was?“
„Oder die Auftraggeber haben einen Informanten bei der Polizei, der sie über alle Entwicklungen auf dem Laufenden hält.“
„Na, und? Mich interessiert einzig, wer meine Familie entführt hat!“
„Denkst du, mich nicht? Eine Auftragsentführung durch teure Profis, aber keine Lösegeldforderung, obwohl deine Familie vor Geld stinkt? Die Forderung ist der Schlüssel. Frage: Wer weiß von der Existenz der Dokumente? Antwort: Nur wenige, und die meisten davon sind tot. Das lässt wenige Optionen offen. Eigentlich kommen nur zwei Parteien in Frage, für die Bentivoglios Dokumente einen unschätzbaren Wert besitzen. In Rom haben wir alle geglaubt, dass die van Kampen sie gestohlen hat. Was aber wäre, wenn sie nicht die Diebin gewesen ist? Wenn sie glaubt, du hättest sie noch immer?“
„Was? Du denkst, dieses Weib steckt hinter der Entführung, um mich zu erpressen? Zwei Jahre später? Das ist doch völlig absurd“, ereiferte sich Lukas. „Du irrst komplett, Jules.“
„Möglich“, parierte Jules ungerührt. „Aber sie hätte das Geld und die Möglichkeiten dazu.“
„Und du vergisst, dass sie noch immer international gesucht wird. Rom ist fast zwei Jahre her. Warum sollte die van Kampen jetzt aus der Deckung kommen? Ehrlich, Jules diese Überlegungen führen zu nichts.“
Jules schwieg daraufhin. Er sah aber Lukas an, als ob er noch weitere Einwände erwartete: „Gut“, sagte Lukas, „ich habe verstanden. Du willst auf etwas Bestimmtes hinaus. Du sprachst vorhin von zwei Parteien, die in Frage kommen. Obwohl ich es mir fast denken kann … aber bitte schön, ich hör dir zu.“ Lukas machte eine ergebene Geste. Im Grunde begrüßte er Jules' Gedankenspiele. Sie hinderten ihn daran, zu sehr in seiner Angst um Matti und Magali zu versinken, die für ihn allgegenwärtig war.
„Das ist mein Freund. Also, wer hätte noch ein absolutes Interesse an den Dokumenten? Mehr: Wer hat sie früher besessen und später alles unternommen, um sie wiederzuerlangen? Was steht darüber in einem gewissen Familientagebuch deines Vorfahren Piero di Stefano, alias Alexander von Stetten? Hatte Rabea nicht schon in Rom vermutet, dass eine weitere Partei mit im Spiel gewesen ist? Spätestens jetzt sollten bei dir alle Kirchenglocken Roms läuten, Lukas!“
Kapitel 5
Jules' Worte katapultierten Lukas zurück an den Tag, als der todkranke Generalobere der Jesuiten, Ignazio Bentivoglio, seinen jungen Ordensbruder zu einer geheimen Unterredung geladen hatte und bei ihm seine Lebensbeichte abgelegt hatte. Anschließend hatte er Lukas gebeten, ihn bei seinem letzten Willen zu unterstützen: Der Veröffentlichung einer zweitausend Jahre alten Schrift, die nach seinen eigenen Worten das größte Geheimnis der Christenheit barg - ein Geheimnis, mächtig genug, um die Institution Kirche in ihren Grundfesten zu erschüttern.
Seitdem vermied es Lukas, sich bewusst mit den damaligen Geschehnissen auseinanderzusetzen. Doch die Nacht gehörte den Toten und sie suchten ihn in seinen Albträumen heim. Rabea war damals gemeinsam mit seinem besten Freund, Pater Simone, in den Strudel der Ereignisse geraten.
Niemals würde Lukas das Streitgespräch zwischen der überzeugten Atheistin Rabea und dem erzkonservativen Pater Simone vergessen; der unbekannte Gegner hatte eben erst sein Haupt erhoben.
Die Journalistin hatte gegenüber Simone die Vermutung geäußert, dass der Vatikan ein unbedingtes Interesse daran hatte, die Schriftrollen an sich zu bringen, um eine Veröffentlichung zu verhindern. Was seinen Freund Simone derart in Rage versetzt hatte, dass dieser Lukas beinahe seine Unterstützung versagt hätte. War das
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