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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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war. »Kellnern ist ganz einfach. Sie müssen nur Tassen und Teller hinstellen können und einschenken. Und ein bisschen rechnen und sich den richtigen Tisch merken.«
    »Mal schauen«, sagte Charly. »Ausgebildet bin ich eigentlich als Stenotypistin. Aber heutzutage muss man wohl nehmen, was kommt.« Sie trank einen Schluck Kaffee. »Sie haben neulich erzählt, dass Sie den Spirituoseneinkäufer kennen …«
    »Häuptling Rotnase?«
    Charly nickte. »Braucht der nicht eine Bürokraft? Der hat doch bestimmt mehr Korrespondenz als so ein Küchenchef.«
    »Wahrscheinlich. Und wahrscheinlich hat er genau deswegen auch schon eine Schreibkraft. Da kommen Sie leider zu spät.«
    »Aber vielleicht können Sie für mich ein gutes Wort einlegen, sollte die Stelle mal frei werden.«
    Husen zog an seiner Zigarette. »Wissen Sie, so gut kenne ich den Mann leider nicht. Ich weiß nur, dass er bei uns gerne mal einen nimmt und dass er … verdammt!«
    Er brach mitten im Satz ab und versteckte sich hinter der Speisekarte.
    »Was ist denn los?«, fragte Charly.
    »Wenn man vom Teufel spricht …« Husen sprach so leise, dass sie ihn kaum verstehen konnte.
    »Riedel ist hier.«
    »Wer?«
    »Häuptling Rotnase«, hörte sie es hinter der Speisekarte flüstern. »Der Mann hat gerade das Lokal betreten. Und ich hätte mein Leben darauf gewettet, dass einer wie der niemals so eine Kaschemme betreten würde.«
    »Er wird ja wohl nichts dagegen haben, wenn zwei Kollegen nach Feierabend noch irgendwo zusammen einen Kaffee trinken.«
    »Wenn er uns zusammen sieht, wird es im Vaterland jedenfalls genau die Gerüchte geben, die wir eigentlich vermeiden wollen.«
    »Na und?!«
    »Ich brauche meine Stelle dort. Und Sie wollen Ihre doch auch nicht gleich wieder verlieren, oder?«
    »Und was sollen wir tun?«
    »Wir gehen. Aber getrennt. Zuerst Sie, dann ich. Sie wird er noch nicht kennen. Oder war Riedel in den letzten Tagen in der Küche?«
    »Warum sollte er?«
    »Er bestellt auch für Unger die hochgeistigen Getränke. Der treibt sich überall rum, wo Kempinski Schnaps braucht.«
    »Ich habe ihn noch nie bei uns oben gesehen.«
    »Gut. Dann gehen Sie einfach unauffällig an ihm vorbei. Wir treffen uns draußen.«
    Charly nickte, drückte ihre Zigarette aus und stand auf. Sie wollte nicht dafür verantwortlich sein, dass Mohamed Husen ihretwegen womöglich seine Stelle verlor.
    Sie kannte Alfons Riedel nur über Gereons Beschreibung, doch erkannte sie ihn gleich: Die rote Nase und die für dieses Etablissement etwas zu altväterliche Kleidung fielen sofort auf. Er hängte gerade Hut und Mantel an die Garderobe, direkt neben Husens Bowler, und würdigte sie allerhöchstens eines flüchtigen Blickes, als sie ihren Mantel von der Garderobe nahm. Charly war schon kurz vor der Tür, da erkannte sie ein Gesicht durch die große Fensterscheibe. Schnurstracks, als habe sie nie etwas anderes beabsichtigt, ließ sie die Ausgangstür links liegen und sprang schnell in die Telefonkabine, die dort an der Wand stand und glücklicherweise gerade frei war.
    Sonst wäre sie ihm in die Arme gelaufen. Direktemang.
    Sie stand mit dem Rücken zum Lokal, doch im spiegelnden Glas der Kabine konnte sie erkennen, wie er die Kneipe betrat, nachdem er draußen vor der Tür zunächst nach rechts und links geschaut hatte, als sei das hier ein Lokal höchst zweifelhaften Rufs. Was es wahrscheinlich auch war.
    Da stand er nun also im Gastraum und schaute sich um.
    Manfred Unger, ihr jetziger Chef und Zielobjekt ihrer verdeckten Ermittlung im Haus Vaterland .
    Sie nahm den Hörer von der Gabel und tat so, als telefoniere sie. Doch kramte sie in ihrer Handtasche nicht nach Kleingeld, sondern nach dem kleinen Schminkspiegel und klappte ihn auf. Tatsächlich, Unger war geradewegs zu Riedel an den Tisch gegangen, kaum hatte er ihn entdeckt. Die beiden Männer kannten sich, Gereon hatte recht gehabt. Und sie schienen sich gut zu kennen, der Art und Weise nach zu urteilen, wie sie sich unterhielten, aufgekratzt und gut gelaunt.
    Charly blieb in der Kabine und konnte sehen, wie Husen seinen Hut vom Haken holte, wie er Riedel, der ihn gar nicht wahrnahm, kurz zunickte und dem Ausgang zustrebte. Zwei Männer drängten sich in der Tür an dem Askari vorbei in die verräucherte Gaststube. Charly hätte den beiden, die zunächst nahe dem Eingang stehen blieben und ihr den Rücken zuwandten, keine Beachtung geschenkt, aber dann wies der eine mit einem kaum wahrnehmbaren Zucken seines

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