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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Bücher, die im Zellentrakt geführt werden, auf meinem Schreibtisch. Sofort. Und trommeln Sie sämtliche Mitarbeiter zusammen, die gestern Abend und gestern Nacht im Dienst waren.«
    »Auch sofort?«, fragte der Wachmann.
    »Nein«, sagte Gennat. »Früher.«
    »Wie?«
    Der Buddha guckte böse.
    »Jawohl, Herr Kriminalrat.«
    Der Wachmann salutierte und entfernte sich eilig.
    Normalerweise besichtigte Ernst Gennat keine Leichenfundorte mehr, seit einigen Jahren schon blieb der Kriminalrat lieber im Büro und zog von dort aus die Fäden bei Todesfallermittlungen. Aber nun kamen die Todesfälle schon zu ihm ins Präsidium. Um zur Leiche Dietrich Aßmanns zu gelangen, hatte der Buddha nicht einmal auf die Straße gemusst, nur hinüber zum Zellentrakt im Südflügel des Polizeipräsidiums und eine einzige Treppe hoch in den zweiten Stock, wo die Einzelzellen lagen.
    Böhm war ebenfalls mitgekommen, auch Lange und Kommissaranwärter Steinke, der den Fall gemeldet hatte. Alle standen vor der engen Zelle, in der Dietrich Aßmann seine letzte Nacht verbracht hatte, und schauten den Spurensicherern bei der Arbeit zu.
    Gennat trat an die Leiche, deren Hals gerade von Doktor Karthaus untersucht wurde.
    Wir machen in Ruhe weiter unsere Arbeit. Genau das führte der Buddha gerade vor. Charly wusste nicht, ob sie das für richtig hielt oder nicht, aber wahrscheinlich blieb ihnen wirklich nichts anderes übrig. War es für die alltägliche Arbeit nicht wirklich gleichgültig, ob ihr Polizeipräsident Grzesinski hieß oder Melcher, ob er Sozialdemokrat war oder ein Nationalliberaler?
    Es sah tatsächlich so aus, als habe ihr Mörder wieder zugeschlagen. Dietrich Aßmann lag tot auf seiner Pritsche, die Matratze und der obere Teil der Wolldecke waren feucht, und am Bettpfosten hing ein rotes, vom Wasser immer noch klammes Tuch. Charly ging hinüber und schaute es sich an. Sie schnupperte an dem roten Stoff.
    »Irgendwie riecht das komisch«, meinte sie. »Nach Kampfer oder so.«
    Lange, der den Fotoapparat von der Leiche, die er bereits fotografiert hatte, gerade zu dem Tuch bugsiert hatte, um es ebenfalls abzulichten, nickte.
    »Stimmt«, sagte er. »Pitralon, würde ich sagen.«
    »Pitralon?« Gennat war neugierig geworden und stellte sich zu ihnen. »Rasierwasser?«
    »Scheint unser Mann vor seinem Tod aufgetragen zu haben«, sagte Doktor Karthaus. »Die Leiche riecht wie frisch rasiert. Obwohl das Kinn ziemlich stoppelig ist.«
    »Na ja«, meinte Gennat. »Diese Tücher werden bei der Wasserfolter unseres Serienmörders doch über Mund und Nase gelegt und dann mit Wasser begossen, nicht?«
    »Dann hat sich der Geruch von Aßmanns Gesicht auf das Tuch übertragen, meinen Sie?«
    »Genau das meine ich.«
    »Riecht das dafür nicht zu intensiv?«, fragte Charly. »Eher, als sei das Tuch mit Rasierwasser getränkt worden, finde ich.«
    »Machen Sie mal ’n Foto von dem Tuch, Lange, dann kann Kronberg das eintüten und untersuchen.«
    »Jawohl, Herr Kriminalrat.« Der Kommissaranwärter nickte und machte sich an die Arbeit.
    Gennat trat zu Kronberg, der sich mit Böhm unterhielt.
    »Und?«
    Der ED – Chef zuckte die Achseln. »Wir haben noch keine Erklärung dafür, wie der Täter in die Zelle gelangt sein kann und wieder heraus. Keinerlei Aufbruchspuren am Zellenschloss, auch nichts, was auf den Einsatz eines Sperrhakens hinweisen würde.«
    »Aber irgendwie muss er ja reingekommen sein.«
    »Vielleicht hatte er einen Schlüssel.«
    »Sie meinen, es war jemand vom Wachpersonal?«
    »Man soll nichts ausschließen. Aber ich meinte eher, vielleicht hat er sich einen Schlüssel nachmachen lassen. Oder sonst wie besorgt. Wäre ja nicht das erste Mal, dass jemand an einen Schlüssel gelangt, den er eigentlich nicht besitzen dürfte.«
    »Dann werden wir uns mal umhören in den einschlägigen Kreisen.«
    Gennat war bekannt für seine guten Kontakte zu den Ringvereinen, die das organisierte Verbrechen in Berlin verkörperten, und für sein exzellentes Informantennetz. Wenn jemand herausfinden konnte, wer Schlüssel zum Zellentrakt des Polizeipräsidiums nachgemacht hatte, dann der Buddha.
    »Wenn Sie das Tuch da untersuchen«, sagte er zu Kronberg, »möchte ich wissen, warum es so riecht. Und ob es zu den anderen passt.«
    Während Gennats Gespräch mit dem Spurensicherer hatte Charly sich in der Zelle umgesehen und einen Zigarettenstummel unter der Pritsche entdeckt. Sie kniete sich neben Doktor Karthaus auf den Boden und pickte die

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