Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
Vom Netzwerk:
nicht.«
    Das klang tatsächlich ehrlich. Rath war überrascht.
    »Dann hätten Sie mich nicht da mitten im Wald stehen lassen sollen!«
    »Ich sage doch, es tut mir leid!«
    Rath schaute den Alten an, doch dessen Gesicht war schwer zu lesen.
    »Es war nicht Ihre Idee, nicht wahr?«
    Adamek schwieg und schnitzte.
    »Wer hat Sie dazu angestiftet?«
    Immer mehr Späne flogen durch die Luft und schneiten auf den Boden vor der Bank.
    »Wer?«
    »Ich kann es nicht sagen!«
    »Es hat Sie also jemand angestiftet!«
    Adamek hielt inne mit Schnitzen und schaute auf, schaute Rath mit einer Mischung aus Wut und Verachtung an. War wohl das erste Mal, dass er von einem Großstadtkommissar bei einer Befragung hereingelegt worden war.
    »Sagen Sie mir, wer es war. Sind Sie erpresst worden?«
    Adamek schwieg. Doch sein Messer hieb immer größere Späne aus dem Stock, es sah mittlerweile mehr wie Holzhacken aus als wie Schnitzen.
    »Mit Ihrer Wilddieberei, nicht wahr? Hat jemand gedroht, Sie anzuzeigen?«
    Unvermittelt sprang der Alte auf und warf das Messer in die Holzbank, auf der er gesessen hatte; mit derart viel Schwung, dass die Klinge noch eine Weile nachzitterte.
    »Jetzt hören Sie mir mal zu«, sagte der Alte sichtlich erregt, »ich will nur eines vom Leben und von den Leuten: dass man mich in Ruhe lässt!«
    »Ich lasse Sie gerne in Ruhe. Ich finde es nur nicht witzig, wenn mich jemand im Stich lässt.«
    »Ich lasse niemanden im Stich!«
    »Aber jemand anders lässt Sie nicht in Ruhe. Hat Sie genötigt, mich so bald nicht mehr aus dem Wald zurückkehren zu lassen. Mir einen kleinen Denkzettel zu verpassen. Diesem aufgeblasenen Kommissar aus Berlin! Dass der die Schnauze voll hat von Masuren und möglichst schnell wieder zurückkehrt in sein Südenbabel von Reichshauptstadt! Damit hier alles so weitergehen kann wie bisher! Ist es nicht so?«
    Adamek schwieg.
    »Aber ich sage Ihnen und Ihren verdammten Treuburgern: Diesen Gefallen werde ich euch nicht tun, so schnell werdet ihr mich nicht los! In dieser Stadt werden zu viele Dinge unter der Decke gehalten, und es ist höchste Zeit, dass jemand diese Decke wegzieht. Und genau das werde ich tun, das können Sie Ihrem mysteriösen Auftraggeber gerne sagen!«
    Adamek schaute nicht mehr so mürrisch wie gerade noch, grinste er vielleicht sogar? Raths Wutanfall schien ihm jedenfalls zu gefallen.
    »Sagen Sie es ihm doch selber«, meinte er nur.
    76
    S olange sie in der Burg gearbeitet hatte – um den Zellentrakt hatte Charly immer einen großen Bogen gemacht. Zu Recht, wie sie jetzt fand. Es roch nicht sonderlich gut, und auf die plumpen Bemerkungen, die einige Gefangene vom Stapel ließen, als sie eine Frau in ihrem Reich entdeckten, hätte sie auch verzichten können. Wenigstens das hatte jetzt ein Ende, denn sie waren am Ziel.
    Und der Mann in dieser Zelle sagte nichts mehr.
    Es sah eigentlich ganz friedlich aus: Dietrich Aßmann lag auf der Pritsche und war mit einer der dünnen Wolldecken zugedeckt, mit denen sich die Gefangenen hier in den Schlaf zittern durften. Auf den ersten Blick sah es aus, als schliefe er; sogar die Augen hatte er geschlossen.
    »Wir haben erst beim Wecken gemerkt, dass da was nicht stimmt«, sagte der diensthabende Wachmann gerade zu Ernst Gennat. »Und als der sich nicht rührte, sind wir rein zu ihm. Den Rest kennen Sie ja.«
    »Den Rest kennen wir«, echote Gennat. Er schaute den Wachmann nicht gerade freundlich an. »Dieser Mann war ein wichtiger Zeuge«, sagte er, »und dieser Zeuge wird umgebracht. Unter Ihren Augen! Ist man heutzutage nicht mal mehr im Gefängnis sicher?«
    »Nicht unter meinen Augen«, sagte der Diensthabende. »Ich war gestern Abend nicht im Dienst.«
    »Nu werden Sie man nicht spitzfindig! Sie sind hier verantwortlich, Mann!«
    »Jawohl, Herr Kriminalrat.«
    »Ich verlange eine Erklärung, wie das passieren konnte.«
    »Es ist mir doch selber ein Rätsel. Hier kommt eigentlich niemand rein oder raus, wenn wir das nicht wollen.«
    »Eigentlich«, wiederholte Gennat. »Aber irgendwie ist da ein Mörder in diese Zelle gekommen und auch wieder raus. Nach Selbstmord sieht das nämlich nicht aus.« Er schüttelte den Kopf. »So eine verdammte Schlamperei! Mord im Polizeigewahrsam! Wenn die Presse das spitzkriegt, dann gute Nacht, meine Herrschaften!«
    Der Wachmann schaute auf seine Schuhspitzen und knetete die Dienstmütze in seinen Händen.
    »Ich will, dass diese Sache aufgeklärt wird. Ich brauche alle Protokolle und

Weitere Kostenlose Bücher