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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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zurückkehrte, denn Rath trug immer noch Studienrat Dameraus schlammverschmierte Wanderschuhe.
    Der Zehn-Uhr-Zug hatte ihn von Wielitzken nach Treuburg gebracht. Rammoser hatte ihm empfohlen, in der Stadt einen Arzt aufzusuchen und sich untersuchen zu lassen nach einer Woche Fieber, doch das Erste, was Rath erledigte, noch im Bahnhof, war der Kauf von drei Zehnerpackungen Overstolz. Dann hatte er die Telefonkabine in der Bahnhofshalle angesteuert und ein Ferngespräch nach Berlin verlangt und während er auf die Verbindung wartete, gleich die erste Zigarette angesteckt. Er hatte sich mit Charlys Apparat verbinden lassen, doch statt ihrer meldete sich Böhm, und Rath hatte gleich wieder aufgelegt, ohne ein Wort zu sagen. Der Oberkommissar hätte ihn womöglich auf direktem Wege nach Berlin zurückbeordert, und Rath hatte in Treuburg noch ein paar Dinge zu erledigen.
    Zum Beispiel im Salzburger Hof .
    Er schlug noch einmal auf die Rezeptionsglocke, und im gleichen Augenblick kam Hermann Rickert um die Ecke.
    »Herr Kommissar!« Der Hotelier musterte ihn von oben bis unten, als müsse er sich erst vergewissern, dass es sich wirklich um seinen ehemaligen Gast handelte. »Welche Überraschung!«
    »Nicht wahr?«
    »Sie haben uns einfach verlassen, ohne eine Nachricht. Wir haben uns schon gewundert.«
    »Da hätten Sie nur den alten Adamek fragen müssen, der hätte Ihnen ungefähr sagen können, wo ich war.«
    Der Hotelier schaute verständnislos. »Ich habe Polizeimeister Grigat gefragt, der speist ja regelmäßig bei uns. Aber der wusste auch nichts Genaues. Hat gesagt, Sie hätten ihn über Ihre weiteren Schritte nicht informiert.«
    »Das hat er gesagt?«
    »Ihr Zimmer habe ich räumen lassen müssen, wir hatten sehr viele Gäste übers Wochenende. Sie können es aber gleich wieder beziehen, wenn Sie wünschen.«
    »Sehr freundlich.«
    Rath war sich nicht sicher, ob sein sarkastischer Unterton bei Hermann Rickert angekommen war.
    »Sie hätten sich abmelden sollen, wenn Sie auswärts nächtigen«, sagte der Hotelier, »Ihren Koffer hätten wir so lange selbstverständlich für Sie aufbewahrt.«
    »Abmelden war mir leider nicht möglich.«
    »Na, ich will mal nicht so sein, wir berechnen Ihnen für die letzten sieben Tage nur die Gebühr für die Gepäckaufbewahrung.« Rickert lächelte sein höflichstes Hotelierlächeln.
    »Äußerst entgegenkommend.« Rath lächelte eher säuerlich. »Könnte ich mein Zimmer dann wieder beziehen?«
    »Aber sicher.« Der Hotelier holte Raths alten Zimmerschlüssel vom Schlüsselbrett. »Ich lasse Ihren Koffer gleich wieder hinaufbringen.«
    »Danke.« Rath nickte. »Und … ich hatte da doch etwas vermisst vor meiner … Abreise, Sie erinnern sich? Haben Sie da vielleicht …?«
    »Aber natürlich! Entschuldigen Sie, wie konnte ich das vergessen.« Der Hotelier bückte sich und holte eine schwarze Mappe hinter dem Tresen hervor.
    »Wo haben Sie die denn aufgetrieben?«
    »Nicht ich, meine Tochter.« Rickert guckte stolz. Ahnte der Mann wirklich nicht, welch ein Früchtchen er die letzten achtzehn Jahre großgezogen hatte? »Als wir Ihr Zimmer am Sonnabend geräumt und für die Wochenendgäste hergerichtet haben, da hat Hella es gefunden. War wohl hinters Bett gerutscht.«
    »Soso«, sagte Rath, nahm die Mappe entgegen und den Schlüssel und ging hoch auf sein Zimmer.
    Als Erstes setzte er sich an den Schreibtisch und schaute nach, ob die Briefe noch vollständig waren. Er war sich nicht ganz sicher, aber er glaubte, dass einige wenige fehlten, zumindest der, in den er am Tag vor dem Diebstahl noch hineingeschaut hatte. Was sonst, konnte er kaum beurteilen, dazu hatte er viel zu wenig gelesen, und die einzige Person, die das mit Bestimmtheit hätte sagen können, war tot.
    Die Nachricht von Maria Cofalkas Beerdigung hatte Rath erschüttert. Ihr Tod war kein Unfall und kein Selbstmord, und er war auch kein Zufall.
    Es klopfte, doch nicht Hella stand da vor der Tür, sondern Reimund, das Faktotum der Rickerts. In der einen Hand hielt er einen Koffer, in der anderen ein Paar Budapester.
    Rath zog nur die Schuhe an, seinen braunen Anzug, der einzige, der ihm noch geblieben war für die Rückfahrt nach Berlin, hängte er in den Schrank. Er schloss die Mappe mit den Briefen in den Hotelschreibtisch, nahm den Schlüssel mit und verließ das Hotel gleich wieder.
    Seine erste Station war die Goldaper Straße. Er klingelte bei der Schuhmacherwerkstatt. Friedrich Kowalski hatte seine

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