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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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führte Rath in die Stube und stellte zwei Gläser auf den Tisch. »Ich muss mal eben ins Klassenzimmer«, sagte er, »eine neue Flasche holen.«
    Rath setzte sich und zündete sich eine Zigarette an. Er musste an das Telefonat mit Charly denken. Ob er Rammoser auch noch erzählen sollte, dass man nach ihm fahndete? Weil er unter Mordverdacht stand? Besser nicht, die SA hatte dem Mann schon genug Schrecken eingejagt.
    Der Lehrer kam zurück mit einer neuen Flasche Selbstgebranntem.
    »Ich bringe Ihnen auch Ihre Sachen zurück«, sagte Rath. »Vielen Dank noch mal.«
    »Keine Ursache.« Rammoser schenkte ein. »Warum zum Teufel legen Sie sich mit der SA an? Hier in Treuburg? Wissen Sie, was die hier für eine Rolle spielen?«
    »Sind die Schläger von Direktor Wengler, ich weiß. Haben Sie mir selbst gesagt.« Rath zog an seiner Zigarette. »Und diese Schläger haben Maria Cofalka auf dem Gewissen.«
    »Wie bitte?« Rammoser stellte sein Glas, von dem er gerade hatte trinken wollen, wieder ab. »Warum sollte die SA Maria umbringen? Die verprügeln Kommunisten, aber die legen sich doch nicht mit einer harmlosen Bibliothekarin an.«
    »Rottenführer Fabeck hat es nicht abgestritten, als ich ihn damit konfrontiert habe.«
    »Der Kerl war schon in der Schule ein Ekel. Der König des Pausenhofs, aber wehe, es ging ans Denken.«
    »Sie kennen ihn aus der Schule?«
    »Hab ihn mal unterrichtet.« Rammoser zuckte die Achseln. »Ein leider ziemlich missratenes Exemplar der Gattung Mensch. Aber ein Mörder?«
    »Es sind schon nettere Menschen als Klaus Fabeck zu Mördern geworden, glauben Sie mir. Vor allem, wenn sie die Verantwortung für ihr Tun auf eine Gruppe abwälzen konnten.«
    »Warum sollte er das tun? Maria wäre nie auf die Idee gekommen und hätte sich mit diesen Kerlen angelegt oder wäre ihnen auf mehr als zehn Meter zu nahe gekommen. Hat es gemacht wie alle, die noch einigermaßen bei Verstand sind und sich von diesem Hitler bei seinem großen Auftritt neulich drüben in Lötzen nicht den Kopf haben verdrehen lassen: Sie hat die braunen Hemden einfach nicht beachtet. Hat die Lorbasse behandelt, als wären es noch immer die Schuljungen, die sich bei ihr Karl May ausleihen oder Mark Twain.«
    »Das sind sie aber nicht mehr.«
    »Nein, das sind sie nicht mehr.«
    Rammoser kippte den Inhalt seines Glases in einem Zug und wischte sich den Mund ab.
    Rath trank einen kleinen Schluck. Schien noch stärker zu sein als beim letzten Mal.
    »Maria Cofalka hat sich nicht mit der SA angelegt«, sagte er, »sie ist Gustav Wengler gefährlich geworden, deswegen musste sie sterben.«
    Rammoser schwieg und wirkte mit einem Mal sehr nachdenklich. Er nahm die Flasche und schenkte noch mal ein.
    Rath erzählte ihm die Geschichte der Briefe und was sie enthielten, erzählte auch, dass sie ihm im Hotel gestohlen worden waren, kurz vor seinem Aufbruch ins Moor (wobei er die Rolle Hella Rickerts bei diesem Diebstahl nur grob schilderte). Und dass man ihm die Briefe im Hotel zurückgegeben habe, er aber sicher sei, dass die entscheidenden Seiten fehlten, auch wenn er noch nicht alle gelesen hatte. Die Seiten, die sagten, dass Jakub Polakowski kein Mörder war.
    »Verdammt«, sagte Rammoser, nachdem Rath geendet hatte, »verdammt, ich hätte es wissen müssen! Ich hätte Maria schützen müssen.«
    »Wie hätten Sie von dieser Geschichte wissen sollen? Ich war der Erste, dem sie ihren Briefwechsel mit Radlewski anvertraut hat. Ich bin derjenige, der versagt hat. Der sie hätte schützen müssen.«
    »Nein. Sie kennen nicht die ganze Geschichte. Vor zwei Jahren, es war auch auf dem Abstimmungsfest, hatte Maria ein wenig zu viel getrunken. Das passiert ihr sonst selten, sie trinkt so gut wie nie. Aber manchmal hatte ich den Eindruck, sie konnte es nur mit Alkohol ertragen, wie Wengler sich an diesem Tag regelmäßig als Retter des Vaterlandes aufspielt. Jedenfalls – irgendwann zu fortgeschrittener Stunde, als kaum noch einer an Wenglers Rede dachte und die Leute einfach nur noch feiern wollten, hat sie ihn in aller Öffentlichkeit als Mörder beschimpft.«
    »Wie? Diese schüchterne, zierliche Frau?«
    »Maria war stärker, als Sie glauben.«
    »Und wie hat Wengler reagiert?«
    »Er hat versucht, sie als Betrunkene hinzustellen, die nicht mehr wusste, was sie sagte. Was ihm nicht allzu schwer fiel. Die Leute glaubten, ich übrigens auch, sie spiele auf den Tod von Martha Radlewski an.«
    »Und das war nichts Neues.«
    »Nein, die Gerüchte

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