Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)
Profi.«
Mehr wollte Rath dem Unterweltboss nicht auf die Nase binden: nicht, dass der Mörder sich als Polizist ausgegeben hatte, und schon gar nicht, mit welchem Namen er unterschrieben hatte.
»Und Sie glauben, dass die Concordia dahintersteckt.«
»Ich glaube, dass ein Mann namens Gustav Wengler dahintersteckt. Ein mutmaßlicher Alkoholschmuggler, der mit der Concordia Geschäfte macht.« Rath zog an seiner Overstolz. »Und ich vermute, dass Wengler einen unliebsamen Zeugen mithilfe der Concordia hat ausschalten lassen.«
»Da sind Sie aber völlig auf dem Holzweg, lieber Kommissar!« Marlow klopfte eine Zigarette gegen den Deckel seines Etuis und zündete sie an.
»Was meinen Sie?«
»Die Concordia hat mit Wengler nichts mehr zu tun.«
»Vor einer Woche haben Concordia – Leute noch fleißig dabei geholfen, Schwarzgebranntes von Wengler auf ein Schiff im Westhafen zu verladen.«
»Genau«, sagte Marlow. »Und das ist auch ungefähr der Zeitpunkt, an dem die bewährte Zusammenarbeit der Concordia mit der Firma Mathée ein Ende gefunden hat.«
»Moment. Die Concordia macht direkt Geschäfte mit der Luisenbrennerei?«
» Machte , wie gesagt. Was meinen Sie, wie man sonst an so viele Originalflaschen kommt? Und die sind wichtig, die Amis zahlen jeden Preis für Markenprodukte, das kann ich Ihnen sagen. Ich kenne das Geschäft ja auch ganz gut mittlerweile.«
Rath sagte nichts dazu, er verstand die Anspielung und musste an die zweitausend Dollar in seinem Briefkasten denken.
»Was in den Flaschen drin ist, das ist dann eher zweitrangig«, fuhr Marlow fort. »Sie müssen davon ausgehen, dass unsere Geschäftspartner drüben das Ganze sowieso noch einmal strecken. Mit Wasser und medizinischem Alkohol. Oder noch schlimmerem Zeug. Die armen Amis.« Marlow schüttelte den Kopf und lachte.
»Und jetzt ist die Zusammenarbeit mit Wengler beendet?«
»Die Piraten haben die Concordia aus dem Geschäft gedrängt, und wenn Sie mich fragen, mit der ausdrücklichen Billigung von Gustav Wengler.« Marlow zog an seiner Zigarette. »Und wenn in dieser Angelegenheit ein Zeuge beseitigt werden musste, dann hat Werner Lapke den bestellt, der Chef der Nordpiraten.« Der Gangster grinste. »Und dann, lieber Kommissar Rath, würde ich mich an Ihrer Stelle mal in Kollegenkreisen umhören, vielleicht finden Sie den Mörder da.«
Rath wunderte sich. Er war sich sicher, den falschen Polizisten und die Dienstmarke mit keinem Wort erwähnt zu haben. Charlys Worte gingen ihm durch den Kopf. Aber noch weniger als mit Gustav Wengler hatte Kommissar Dettmann mit einem Ringverein zu schaffen. Oder?
»Was haben die Piraten gegen die Concordia ? Ich dachte, die sind mit Ihnen verfeindet und mit der Berolina ?«
»Uns lässt Lapke inzwischen in Ruhe, weil er merkt, dass er sich da die Zähne ausbeißt.« Marlow inhalierte genüsslich. »Aber der Concordia , mit denen sie im Nordwesten konkurrieren, setzen die Piraten ziemlich zu. Fünf von denen hat Lapke schon umlegen lassen.« Er schaute Rath an. »Sie haben doch selbst ermittelt in diesen Fällen. Konnte man in der Zeitung lesen.«
»Das Phantom.« Rath nickte nachdenklich. »Und die Opfer hatten alle mit der Concordia zu tun …«
»Einige würden sich das nicht gern auf ihren Grabstein meißeln lassen, Riemann, der feine Charlottenburger Anwalt zum Beispiel, Gott hab ihn selig, aber so ist es: Die Opfer des Phantoms sind allesamt Leute, die Marczewski in irgendeiner Weise für seine Geschäfte brauchte.«
»Polen-Paule?«
»Nennen Sie ihn bloß nicht so. Dann schießt er Sie womöglich über den Haufen. Obwohl er sonst eigentlich ein ganz netter Kerl ist.«
»Ein Masure?«
Marlow zuckte die Achseln. »Jedenfalls ein Preuße. Ist vor ein paar Jahren aus Königsberg nach Berlin gekommen.«
»Dann kennt Wengler ihn noch aus alten Zeiten.«
»Mag sein. Jetzt jedenfalls sind sie nicht mehr befreundet. Marczewski befürchtet, das nächste Opfer des Phantoms zu werden. Ist jedenfalls seit ein paar Tagen untergetaucht.«
»Und hinter allen Phantommorden stecken die Piraten?«
»Dahinter steckt Lapke. Seit der vor gut einem Jahr aus Tegel entlassen wurde, hat er einen auffallend guten Draht zur Berliner Polizei.«
»Wie meinen Sie das?«
»Es ist jedenfalls kein Zufall, dass er damals von der Weißen Hand verschont wurde, während sein Freund Höller dran glauben musste.«
»Sie meinen, Lapke steckte mit der Weißen Hand unter einer Decke?«
»Vielleicht tut er das immer
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