Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)
lacht!
Erst Trudchen Steiner schaffte es, ihn aus diesem sich endlos drehenden Gedankenkarussell zu holen.
»Der Herr Kriminalrat hat jetzt Zeit für Sie.«
Ernst Gennat saß an seinem Schreibtisch.
»Was gibt’s denn Wichtiges?«, fragte der Buddha.
Meine Verlobte trifft sich heimlich mit einem Neger.
»Wie kommt denn der Kollege Dettmann voran in Sachen Phantom?«, fragte Rath.
Vielleicht nicht gerade der eleganteste Einstieg. Gennat schaute ihn misstrauisch an. »Wollen Sie Ihren alten Fall zurück, Herr Kommissar?«
Natürlich wollte er das. Und wenn er in diesem Zusammenhang auch noch Gustav Wengler vor Gericht bringen konnte, umso besser.
»Natürlich nicht, Herr Kriminalrat, es ist …« Rath zündete sich eine Zigarette an. Selten zuvor war er in diesem Büro so nervös gewesen. Was auch daran liegen mochte, dass seine Gedanken ständig zu Charly abschweiften. »Ich habe vielleicht neue Erkenntnisse in diesem Fall …«
»Ich dachte, die Mordkommission Vaterland beschäftigt sich derzeit vorrangig mit der Fahndung nach Jakub Polakowski?«
»In diesem Zusammenhang bin ich auch auf die Informationen gestoßen. Also, eher im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen Gustav Wengler.«
»Sie sollten Ihr Hauptaugenmerk auf Polakowski richten«, sagte Gennat, »der ist unser Tatverdächtiger. Wengler ist in diesem Fall das Opfer. Also: das potenzielle Opfer. Wir überwachen ihn, um ihn zu schützen.«
»Mit Verlaub, Herr Kriminalrat, Gustav Wengler ist ein Mörder und ein Alkoholschmuggler. Und um seine Geschäfte mit gepanschtem Alkohol zu vertuschen, hat er seinen langjährigen Betriebsleiter umbringen lassen.«
»Bislang ist das nicht mehr als eine Theorie.«
»Aber ich habe Material, um diese Theorie zu unterfüttern.« Rath zog an seiner Zigarette. »Wengler hat zwei Ringvereine gegeneinander ausgespielt, er ist von der Concordia zu den Nordpiraten gewechselt.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Der Mord im Zellentrakt könnte auch auf das Konto unseres Phantoms gehen. Der Mann mordet im Auftrag von Werner Lapke, und der hat damit seinem neuen Geschäftsfreund Wengler einen Gefallen getan.«
Gennat schaute Rath mit ernster Miene an, wenn nicht sogar erschrocken, dann griff er zum Telefon. »Fräulein Steiner, ich möchte die nächsten zehn Minuten unter keinen Umständen gestört werden. Nicht einmal von Ihnen.«
Er legte auf und schwieg einen Moment.
»Wem haben Sie das alles schon erzählt?«
Charly trifft sich mit einem Neger.
»Was erzählt?«
»Na, Ihren Verdacht.«
»Niemandem, Herr Kriminalrat, Sie sind der Erste.«
»Und so sollte es auch bleiben.« Gennat legte die Stirn in Falten. »Wie kommen Sie zu Ihrem Verdacht? Das Phantom ist ein Scharfschütze. Und Aßmann wurde das Genick gebrochen.«
»Es musste schnell gehen. Und der Polizeigewahrsam ist der denkbar schlechteste Ort für einen Scharfschützen.«
»Und woher haben Sie Ihre Informationen?«
Rath zog an seiner Overstolz. »Ein Informant aus dem Ringverein Berolina hat mir davon erzählt. Demnach ist das Phantom so etwas wie Lapkes persönlicher Auftragsmörder.«
»Die Berolina …«
»Jawohl. Ein mit der Concordia befreundeter Ringverein. Und aus deren Dunstkreis stammen die meisten, wenn nicht alle Opfer unseres Phantoms.«
»Sie meinen, die Piraten sorgen wieder für Unfrieden in der Unterwelt?«
»Vielleicht auch Lapke persönlich.« Rath senkte die Stimme, als könne vielleicht doch jemand Ungebetenes mithören. »In der Unterwelt gibt es Vermutungen, dass Werner Lapke vor einem Jahr schon direkt mit der Weißen Hand zusammengearbeitet hat. Und dass sein Phantom sozusagen ein Überbleibsel aus dieser Zeit ist, was natürlich heißen würde …«
»… dass das Phantom ein Polizeibeamter ist«, beendete Gennat den Satz.
Rath nickte. »So konnte er auch in den Zellentrakt. Es war wirklich ein Kollege. Wir müssen dem Wachmann von Mittwochabend nur die Fotos sämtlicher Kriminalbeamten zeigen.«
»Ich fürchte, das wird schwierig.« Gennat schaute ernst. »Wachmann Studer wird seit drei Tagen vermisst.«
Der Buddha hatte jetzt eine regelrechte Verschwörermiene aufgesetzt. »Was ich Ihnen jetzt zu sagen habe, Kommissar Rath, muss in diesem Raum bleiben. Kann ich mich da auf Sie verlassen? Hundertprozentig?«
»Selbstverständlich, Herr Kriminalrat.«
Gennat warf ihm noch einen prüfenden Blick zu, ehe er sprach. »Die Phantommorde begannen tatsächlich im Herbst einunddreißig, kurz nach der
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