Die Akte
herrschte Stille auf der Straße. Alle erstarrten, auch Stummel, der ein oder zwei Schritte verhielt und dann vorwärts stürmte. Die drei Saints stellten sich ihm mit verschränkten Armen und funkelnden Augen in den Weg. Es dauerte nur Sekunden. Stummel benutzte beide Hände gleichzeitig: eine Rechte gegen die Kehle des ersten und ein gemeiner Schlag auf den Mund des zweiten. Sie schrieen auf und stürzten zu Boden. Aber Nummer drei dachte nicht ans Fortlaufen. Seine beiden Kumpel waren verletzt, und das machte ihn wütend. Er wäre für Stummel eine Kleinigkeit gewesen, aber Nummer eins fiel auf Stummels rechten Fuß, und das lenkte ihn ab. Als er seinen Fuß wegzog, versetzte ihm Mr. Benjamin Chop aus Thibodaux, Louisiana, Nummer drei, einen Tritt zwischen die Beine, und Stummel gehörte der Geschichte an. Während Darby wieder in der Menge untertauchte, hörte sie, wie er vor Schmerzen heulte.
Als er fiel, trat Mr. Chop ihm in die Rippen. Nummer Zwei stürzte sich mit blutüberströmtem Gesicht auf Stummel, und das Massaker konnte losgehen. Er konnte seine Hände nicht benutzen, weil sie seine stark beschädigten Hoden hielten, und sie traten und beschimpften ihn erbarmungslos, bis jemand »Polizei« rief. Das rettete ihm das Leben. Mr. Chop und Nummer zwei halfen Nummer eins auf die Beine, und das letzte, was man von den Saints sah, war, dass sie in einem Lokal verschwanden. Stummel schaffte es, hochzukommen, und dann kroch er davon wie ein Hund, der unter einen Lastwagen gekommen ist, aber noch lebt und entschlossen ist, zu Hause zu sterben.
Sie versteckte sich in einem Lokal an der Decatur in einer dunklen Ecke, trank Kaffee, dann ein Bier, wieder Kaffee und noch ein Bier. Ihre Hände zitterten, und ihr Magen schlug Purzelbäume. Die Pfannkuchen dufteten köstlich, aber sie konnte nichts essen. Nach drei Bier in drei Stunden bestellte sie einen Teller mit gekochten Garnelen und ging zu Mineralwasser über.
Der Alkohol hatte sie beruhigt, und die Garnelen besorgten den Rest. Hier drinnen bin ich sicher, dachte sie, weshalb sehe ich mir nicht das Spiel an und bleibe einfach sitzen, vielleicht bis der Laden zumacht.
Als der Anpfiff erfolgte, war das Lokal gedrängt voll. Sie schauten auf den großen Bildschirm über der Bar und betranken sich. Sie war jetzt ein Fan der Saints. Sie hoffte, dass ihren drei Rettern nichts Ernstliches passiert war und sie das Spiel genossen. Die Menge brüllte und beschimpfte die Redskins.
Darby blieb in ihrer kleinen Ecke, bis das Spiel lange vorbei war, dann glitt sie hinaus in die Dunkelheit.
Irgendwann während des letzten Viertels, als die Saints mit vier Punkten im Rückstand waren, legte Edwin Sneller den Hörer auf und schaltete den Fernseher aus. Er streckte die Beine, dann kehrte er zum Telefon zurück und rief Khamel im Nebenzimmer an.
»Hören Sie sich mein Englisch an«, sagte der Killer. »Sagen Sie mir, ob Sie auch nur eine Spur von einem Akzent hören.«
»Okay. Sie ist hier«, sagte Sneller. »Einer unserer Leute hat sie heute morgen am Jackson Square gesehen. Er ist ihr drei Blocks gefolgt, dann hat er sie verloren.«
»Wie konnte er sie verlieren?«
»Das tut nichts zur Sache. Sie ist entkommen, aber sie ist hier. Ihr Haar ist jetzt ganz kurz und fast weiß.«
»Weiß?«
Sneller hasste es, sich wiederholen zu müssen, insbesondere bei diesem Bastard.
»Er hat gesagt, es wäre nicht blond, sondern weiß, und sie trug eine grüne Drillichhose und eine braune Bomberjacke. Irgendwie hat sie ihn erkannt und ist abgehauen.«
»Wie konnte sie ihn erkennen? Hatte sie ihn schon vorher gesehen?«
Diese idiotischen Fragen. Kaum zu glauben, dass er für eine Art Superman gehalten wurde. »Das kann ich nicht beantworten.«
»Wie ist mein Englisch?«
»Einwandfrei. An Ihrer Tür liegt eine kleine Karte. Die müssen Sie sich ansehen.«
Khamel legte den Hörer auf ein Kissen und ging zur Tür. Eine Sekunde später war er wieder am Apparat. »Wer ist das?«
»Er heißt Verheek. Holländischer Name, aber er ist Amerikaner. Arbeitet in Washington für das FBI. Callahan und er waren befreundet. Sie haben zusammen in Georgetown studiert, und bei der Beisetzung gestern war Verheek einer der Sargträger. Gestern abend hat er sich in einem Lokal in der Nähe des Campus herumgetrieben und Fragen über die Frau gestellt. Vor zwei Stunden war einer unserer Leute in dem Lokal. Er hat sich als FBI-Agent ausgegeben und sich mit dem Barkeeper unterhalten, der, wie sich
Weitere Kostenlose Bücher