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Die Akte

Titel: Die Akte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Austernlokal. Jetzt, zur Lunchzeit, war es bis auf den letzten Platz besetzt, und sie fand den Waschraum im Hintergrund. Sie verriegelte die Tür und setzte sich auf eine der Toiletten.
    Kurz nach Anbruch der Dunkelheit verließ sie das Riverwalk. Das Westin Hotel war zwei Blocks entfernt, und sie hoffte, dass sie es vielleicht bis dorthin schaffen würde, ohne unterwegs niedergeschossen zu werden. Ihre Kleidung war anders und unter einem neuen schwarzen Trenchcoat verborgen. Auch die Sonnenbrille und der Hut waren neu. Sie hatte es satt, gutes Geld für Wegwerfkleidung zu verschwenden. Sie hatte eine Menge Dinge satt.
    Sie schaffte es, das Westin heil und ganz zu erreichen. Es war kein Zimmer frei, und sie saß eine Stunde in der gut beleuchteten Lounge und trank Kaffee. Es war Zeit, sich aus dem Staub zu machen, aber sie durfte nicht unvorsichtig werden. Sie musste nachdenken.
    Vielleicht dachte sie viel zu viel nach. Vielleicht hielten sie sie jetzt für eine Denkerin und planten dementsprechend.
    Sie verließ das Westin und ging zur Poydras, wo sie ein Taxi herbeiwinkte. Am Steuer saß ein ältlicher Schwarzer.
    »Ich muss nach Baton Rouge«, sagte sie.
    »Himmel, Lady, das ist aber eine verdammt lange Fahrt.«
    »Wieviel?« fragte sie rasch.
    Er dachte eine Sekunde lang nach. »Hundertfünfzig.« Sie ließ sich auf den Rücksitz fallen und warf zwei Scheine über die Lehne. »Hier sind zweihundert. Bringen Sie mich hin, so schnell Sie können, und schauen Sie in den Rückspiegel. Es kann sein, dass uns jemand folgt.«
    Er schaltete den Taxameter aus und steckte das Geld in seine Hemdentasche. Darby legte sich auf den Rücksitz und machte die Augen zu. Das war kein intelligenter Schachzug, aber ständiges Abwägen des Risikos brachte sie nicht weiter. Der alte Mann war ein guter Fahrer, und binnen Minuten waren sie auf der Schnellstraße.
    Das Dröhnen in ihren Ohren hatte sich gegeben, aber sie hörte immer noch den Schuss und sah ihn auf allen Vieren, wie er vorwärts und rückwärts schwankte und versuchte, einen Augenblick länger am Leben zu bleiben. Thomas hatte einmal von ihm als von Dutch Verheek gesprochen, aber gesagt, sie hätten den Spitznamen nicht mehr benutzt, als sie mit dem Studium fertig waren und ernsthaft an ihre spätere Laufbahn dachten. Dutch Verheek war kein Ägypter.
    Sie hatte nur einen ganz flüchtigen Blick auf den Killer werfen können, als er davonrannte. Irgend etwas an ihm war unbekannt vorgekommen. Er hatte im Laufen einen schnellen Blick nach rechts geworfen, und irgend etwas hatte geklickt. Aber sie war hysterisch gewesen und hatte geschrieen, und es war verschwommen.
    Alles verschwamm. Auf halbem Wege nach Baton Rouge sank sie in tiefen Schlaf.
26
    D irektor Voyles stand hinter seinem Schreibtischsessel. Er hatte das Jackett ausgezogen, und der größte Teil der Knöpfe seines schmuddligen, zerknitterten Hemds stand offen. Es war neun Uhr abends, und dem Hemd nach zu urteilen hatte er mindestens die letzten fünfzehn Stunden in seinem Büro verbracht. Ohne ans Heimgehen zu denken.
    Den Hörer am Ohr, murmelte er ein paar Anweisungen und legte dann auf. K. O. Lewis saß auf der anderen Seite des Schreibtisches. Die Tür stand offen, alle Lichter waren eingeschaltet; niemand war gegangen. Die Stimmung war düster, gelegentlich wurde leise geflüstert.
    »Das war Eric East«, sagte Voyles und ließ sich auf seinem Sessel nieder. »Er ist seit ungefähr zwei Stunden dort, und sie sind gerade mit der Autopsie fertig geworden. Er hat zugesehen. Es war seine erste. Ein Schuss in die rechte Schläfe, aber der Tod war schon früher eingetreten, durch einen einzigen Schlag auf C-2 und C-3. Die Wirbel waren völlig zerschmettert. Keine Pulverspuren an seiner Hand. Ein weiterer Schlag verletzte seinen Kehlkopf schwer, war aber nicht die Todesursache. Er war nackt. Geschätzte Todeszeit: gestern abend zwischen zehn und elf.«
    »Wer hat ihn gefunden?« fragte Lewis.
    »Die Mädchen, die heute vormittag gegen elf ins Zimmer kamen. Werden Sie es seiner Frau beibringen?«
    »Ja, natürlich«, sagte K. O. »Wann wird er überführt?«
    »East sagte, die Leiche wird bald freigegeben und sollte heute nacht gegen zwei Uhr hier sein. Sagen Sie ihr, wir werden tun, was immer sie möchte. Ich schicke morgen hundert Agenten los, die die Stadt durchkämmen sollen. Sagen Sie ihr, wir werden den Mörder finden und so weiter und so weiter.«
    »Irgendwelche Spuren?«
    »Anscheinend nicht. East sagte, das

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