Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
Lehrer geboren waren? Gishild seufzte. Wie sollte sie entscheiden ? Wo lag die Wahrheit?
»Hast du Angst?«, fragte Luc leise.
»Ja.« So sehr wünschte sie sich, ihm sagen zu können, was ihr Angst machte. Aber er hatte es nicht verdient, von ihr an den Rand dieses Abgrunds in ihrer Seele geführt zu werden. Er konnte ihr nicht helfen. Sie musste allein entscheiden. Und ihr wurde klar, dass sie die Ketten ihrer Geburt immer noch nicht abgestreift hatte. Sie wusste nicht, ob sie den Mut hätte, vor dem Altar ja zu sagen.
»Ich liebe dich.«
Gishild drückte Lucs Hand. Seine Liebe, das war das Einzige, dessen sie sich in ihrem Leben vollkommen sicher war. Sie war ihr Anker. Die einzige Gewissheit, an die sich ihre
ruhelose Seele klammerte. So oft hatte sie sich nachts aus dem Turm geschlichen und war allein durch die Dunkelheit gewandert, immer darauf hoffend, dass Silwyna aus den Schatten treten würde, um sie zu holen.
Irgendwo im Nebel schnaubte ein Pferd.
Luc zügelte seinen Schimmel.
Auch ihre Stute verharrte. Gishild starrte voraus. So war ihr Leben: Es gab keinen klaren Blick in die Zukunft! Sie stand inmitten von Nebel, der ihr eine fremde Welt vorgaukelte. Bäume wurden zu schwarzen Säulen, weil Dunstschleier ihre Kronen verschlungen hatten und nur Schattenrisse von Stämmen blieben.
Ihr Herz begann schneller zu schlagen.
Lucs Hand ruhte auf dem Griff seines Rapiers.
Jemand war dort draußen. Wusste der Fremde, dass sie hier waren? Vermochten seine Blicke den Nebel zu durchdringen ? War es vielleicht ein Zaubernebel? Waren die Elfen doch noch gekommen, sie zu holen?
Sie lachte bitter. Nein, nicht an diesem Tag. Nicht nach all den Jahren ausgerechnet an diesem Tag. Das konnten sie ihr nicht antun!
Ein Licht erschien. Es schwebte höher, als ein Mann eine Laterne halten konnte. Langsam kam es näher. Ihnen entgegen. Es war unheimlich.
Gishild ließ Lucs Hand fahren und zog das Rapier, das von ihrem Sattelhorn hing. Es sah schön aus, das zitternde, helle Licht. Sie vermochte ihren Blick nicht mehr davon abzuwenden.
Es war totenstill im nebelverhangenen Wald.
Auch Luc hielt nun seine Waffe in der Hand. Sein Hengst schnaubte unruhig.
»Luc? Gishild?«
Die Stimme kam von überall und nirgends. Der Nebel dämpfte sie.
»Wer dort?«, rief Luc.
»Bist du es, Luc?«
Es war die Stimme eines Kindes, die fragte. Gishild lief ein Schauer über den Rücken. Was geschah hier? Wer suchte nach ihnen?
»Ich bin Luc de Lanzac. Wer will meinen Namen wissen ?«
Statt einer Antwort erklang ein Signalhorn. Fast augenblicklich rief ein zweites Horn und dann ein drittes. Links von ihnen erschien ein weiteres Licht im Nebel.
Gishild wendete ihre Stute. Auch hinter ihnen war jetzt ein Licht. Sie waren umstellt!
VERLASSEN
Drustan sah an sich herab, und was er erblickte, gefiel ihm nicht. Er ließ den Umhang seitlich über den leeren Ärmel fallen, um besser zu verstecken, dass er ein Krüppel war. Es half nichts.
»Du siehst gut aus«, sagte Lilianne.
»Ich werde nie mehr gut aussehen.« Er wünschte, er wäre allein. Er hätte sie nicht hierher bitten sollen. Sie war die Kapitänin seiner Lanze. Aber sie waren doch keine Kinder mehr … Er konnte allein urteilen. Hätte er nur diesen dummen, romantischen Gefühlen nicht nachgegeben.
»Also gut! Für einen übellaunigen, einarmigen Ritter, der ausnahmsweise einmal rasiert ist, siehst du ganz passabel aus.«
Das hatte gesessen. Er schluckte. »Ich will doch nur …«
»Eindruck machen? Ach, Drustan!« Lilianne schüttelte den Kopf. »Ich glaube, Juztina wird in den letzten Jahren schon aufgefallen sein, dass dir ein Arm fehlt. Warum solltest du dir Sorgen machen? Im Übrigen finde ich es recht attraktiv, dass du im Gegensatz zu einigen anderen Bräutigamen, die heute vor den Altar treten werden, keine Pickel mehr hast. Und in gut rasiertem Zustand bist du kaum wiederzuerkennen. Wenn du einen Rat von einer Freundin hören willst: Hüte dich vor deinen Launen! Sie sind die einzige Gefahr an diesem Tag.« Lilianne musterte ihn noch einmal vom Scheitel bis zur Sohle. »Vielleicht solltest du auch darauf verzichten, diese Pistolen mit dir herumzuschleppen. Ein Hochzeitsfest ist kein Schlachtfeld.«
»Sie sehen doch gut aus. Mit den Intarsien aus Ebenholz und Perlmutt …«
»Auch wenn sie hübsch sind, bleiben sie Radschlosspistolen, die …«
»Sieh dich an! Trägst du dein Rapier?«
»Es ist Tradition, dass Ritter ihre Waffe tragen. Dolch und Rapier
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