Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
undeutlich. Sie liebte ihn so sehr. Allein ihn anzuschauen, machte sie glücklich. Manchmal war es ihr peinlich, aber sie musste ihn immerzu anschauen. Sich vergewissern, dass er noch da war. Viel zu oft musste er fort. Er sprach nur wenig darüber. Der Orden hatte etwas mit ihm vor. Kein anderer Novize wurde so oft aus seiner Lanze herausgeholt und irgendwohin auf Reisen geschickt. Sie litten beide darunter. Und doch hatte sie manchmal das Gefühl, dass die Trennung das Band zwischen ihnen nur noch verstärkte.
Luc hatte ihren Blick bemerkt. Er sah zu ihr und lächelte. Ein Lächeln von ihm genügte, um ihr einen wohligen Schauer über den Rücken zu jagen. Ihr wurde warm … Sie dachte an die vergangene Nacht. Daran, wie gut es getan hatte, in seinen Armen zu liegen. Es war unvernünftig, dort oben beim See gewesen zu sein. Und wenn sie sich im Nebel verirrten, würden sie zu spät zu ihrer eigenen Hochzeit erscheinen.
Er lenkte seinen Schimmel näher an sie heran und griff nach ihrer Hand. Seine Finger waren angenehm warm. Ihr war die ganze Nacht über kalt gewesen, selbst als sie sich geliebt hatten. Die Kälte hatte sich tief in ihrem Bauch festgefressen. Schon lange hatte sie dieses Gefühl nicht mehr gehabt. Sie wollte es ignorieren, aber es war unmöglich. Manchmal packte sie plötzlicher Schüttelfrost. Sie hatte versucht, ihn vor Luc zu verbergen. Gishild wusste nicht, ob es ihr gelungen war. Jedenfalls hatte Luc sich nichts anmerken lassen.
Jetzt drückte er sanft ihre Hand. Sie spürte, wie glücklich er war. Warum konnte sie nicht genau so unbeschwert sein? Sie wusste, dass die Kälte wegen der Hochzeit an ihr nagte.
Es war wegen des ungeheuerlichen Verrats, den sie heute begehen würde. Sie wandte sich nicht nur von ihrer Familie und dem Fjordland ab, dem sie durch ihre Geburt in die Sippe Mandreds bis zu ihrem Tode verpflichtet war. Sie besiegelte den Untergang ihrer Heimat, wenn sie Luc ihr Jawort gab. Sie war die Letzte von Mandreds Blut. Und jeder in ihrer Heimat kannte die Prophezeiung, dass das Fjordland untergehen würde, wenn es niemanden mehr aus seiner Blutlinie gab, der den Fuß auf den steinigen Strand Firnstayns setzte.
Gishild seufzte. Lucs Blick war voller Mitgefühl. Sie ritten im Schritt. Der Nebel hatte sie in eine andere Welt entführt. Plötzlich wünschte sie sich, dieser Augenblick würde niemals vergehen, und sie könnte ewig im Nebel unentschieden zwischen gestern und morgen verweilen.
Aber hatten nicht die Anderen für sie entschieden? Gishild schluckte. So tief waren die Lehren der Ordensritter in ihr verwurzelt, dass auch sie ihre einstigen Freunde nun die Anderen nannte. Warum war Silwyna nie zurückgekehrt? Sie hatten sie verraten, die Elfen. Nichts war für sie unmöglich! Für Yulivee, die Zauberin. Für Silwyna, die jede Spur zu finden vermochte. Warum waren sie nicht gekommen? Warum hatte sie all die Jahre in Valloncour verbringen müssen? Dem schleichenden Gift der Lehren des Ordens hätte sie vielleicht widerstanden. Aber die Liebe zu Luc … Ohne sie konnte sie nicht mehr sein. Er hätte es nicht verstanden, wenn sie sich einer Hochzeit widersetzt hätte. Natürlich hätte er sich ihr gefügt, aber sie wollte ihn nicht verletzen. Sie wollte, dass er wusste, wie ernst es ihr mit ihm war. Sie wünschte sich, seine Frau zu sein.
Es war nicht alles schlecht bei den Rittern. Hier gab es keinen Unterschied zwischen Frauen und Männern, wenn sie zum Orden gehörten. Sie hatte die gleichen Rechte und
Pflichten. Sie ritten Seite an Seite in die Schlacht. Sie waren frei, nur Tjured und dem Orden verbunden. Im Fjordland war das ganz anders. Man erwartete von den Frauen, dass sie ihrem Mann den Rücken stärkten. Sie ordneten sich ihm unter. In allem! Selbst die Königinnen! Die Freiheit, die sie hier unter den Rittern hatte, würde sie in ihrer Heimat niemals finden. Und doch, es gab keine Entschuldigung für das, was sie tat. Es war Verrat. Sie besiegelte den Untergang des letzten freien Königreiches.
Aber wie sollte sie etwas ausrichten? Selbst wenn sie heimkehrte … Sie wusste, wie stark die Heere der Ritter waren. Sie hatten nie einen Krieg verloren. Drusna war fast besiegt. Nur zwei Provinzen leisteten noch Widerstand. Wie lange würde das Fjordland gegen die Übermacht bestehen? War es nicht besser, sich zu unterwerfen? Jeder Widerstand würde Tausende von Leben fordern, und am Ende wäre er doch vergebens.
Doch wenn diese Gedanken aus dem Gift der Lügen ihrer
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