Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
getroffen. Wieder sah er zu Fingayn. Würde er einen Mordbefehl der Königin ausführen?
Die Adler ließen sich auf den langen Landestangen nieder, ein Manöver, das diesmal deutlich mehr Zeit in Anspruch nahm als noch vor einer Stunde, denn die Schiffe der kleinen Flotte hatten gegen die schwere Dünung anzukämpfen, die vor dem böigen Ostwind herrollte.
Tiranu kletterte zu Wolkentaucher hinüber. Die Flut der Bilder, die der Adlerkönig ihm vermittelte, ließ Tiranu orientierungslos werden. Er nahm nicht mehr die Schiffe und die See wahr, sondern allein das Schlachtfeld, und dort sah es schlecht aus für die Sache der Elfen.
»Wir werden Ollowains Pläne ändern müssen.«
Von dir nehme ich keine Befehle an, erklangen die Gedanken des Adlers in seinem Kopf.
»Ich bin von der Königin beauftragt …«
Von der Königin nehme ich auch keine Befehle an.
Tiranu ließ sich nicht beirren. »Wenn dir am Leben deiner Nestbrüder gelegen ist, solltest du mir jetzt sehr genau zuhören!«
DIE VERNICHTUNG
Lilianne blickte zu den Mauern der Ordensburg. Es war nicht zu fassen. Die Elfen hatten kurzerhand die Burg besetzt, während sie darüber nachgedacht hatte, wie sie ihnen die Flucht in die Berge abschneiden könnte. Es war ungeheuerlich ! Sie würden ihre eigenen Mauern bestürmen müssen!
Der Primarch wirkte gefasst. Er hatte die Anführer der verschiedenen Regimenter und einige besonders schlachterfahrene Ritter um sich geschart. »Nun, was denkt ihr? Wie holen wir sie da raus?«
»Wir könnten die Kanonen vom Pass heranschaffen«, sagte einer der Capitanos. Ein schmieriger Kerl mit fettig glänzendem Haar, den Lilianne verachtete.
»So.« Leon rieb sich bedächtig das entzündete Auge. »Wie lange würde das dauern?«
»Wenn ich genügend Männer bekomme, dann werden wir bis Einbruch der Dämmerung die ersten Geschütze hier haben. «
»Zu spät«, sagte Lilianne entschieden.
Alle sahen sie an. Dem wortführenden Capitano schwoll eine Zornesader an der Schläfe.
»Die Elfen werden nicht bleiben«, fuhr Lilianne fort. »Sie wollten uns mit ihrem Angriff demütigen. Und wahrscheinlich wollten sie vor allen Dingen die Novizin Gishild holen. Aber eines wollen sie ganz sicher nicht: hier bleiben. Ihnen ist auch klar, dass sie sich gegen unsere Übermacht nicht halten können. Sie werden mit ihren Adlern wieder davonfliegen. Die beiden großen Höfe der Burg sind ideal
geschützte Landeplätze. Ich bin davon überzeugt, dass sie schon in diesem Augenblick ihren Rückzug organisieren.«
»Wir haben keine Leitern«, erinnerte sie der Capitano. »Ohne die Unterstützung durch Kanonen können wir die Festung nicht stürmen.« Er lächelte und war offensichtlich davon überzeugt, einen vernichtenden Einwand aufgeführt zu haben. »Wenn ich dich richtig verstehe, dann plädierst du dafür, dass wir untätig hier sitzen und zusehen, wie die Elfen abrücken.«
»Und wenn wir es auf die klassische Art versuchen? Soweit ich mich richtig erinnere, ist das Tor nicht im besten Zustand. Schließlich hat ja auch niemand damit rechnen können, dass wir im Herzen von Valloncour angegriffen werden«, fügte Leon entschuldigend hinzu. »Wenn wir einen Rammbock hätten, könnten wir das Tor wahrscheinlich schnell aufbrechen.«
»So ein Angriff wird viele Leben kosten«, wandte Lilianne ein. »Wozu? Die Elfen werden ohnehin die Burg aufgeben. Heute noch!«
»Das ist eine Frage der Ehre«, meldete sich Honoré zu Wort. »Einfach nur abzuwarten ist ehrlos.«
Lilianne schüttelte fassungslos den Kopf. »Hast du einmal einen Angriff auf ein verteidigtes Tor geführt?«
Honoré griff sich an die Brust, dorthin, wo seine Wunde sitzen musste. »Ich habe sogar trotz deiner Schwester einen erfolgreichen Angriff auf eine verteidigte Brücke geführt. Auch ich war einmal Soldat. Ich …«
»Hier geht es um mehr als darum, ein paar Kinder niederzureiten. Es geht …«
»Das genügt!«, unterbrach Leon sie zornig. »Ich bin der Meinung, dass wir das Tor stürmen sollten, aber aus einem anderen Grund. Wenn wir den ersten Hof besetzen können,
dann verspreche ich euch, wird keiner der Elfen innerhalb der Mauern überleben. Wir müssen sie auf engem Raum zusammendrängen. Dann können wir sie alle töten, ohne einen weiteren Schwertstreich zu führen.«
Die Führer der drei Regimenter sahen ihn ungläubig an. Sie warteten auf weitere Erklärungen, aber Leon sagte nichts mehr dazu. »Ich erwarte, dass binnen einer Stunde das Tor gestürmt
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