Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
versteht. Ist nicht weggelaufen, als sie mich gesehen hat.« Nhorg begann zu kichern. Ein Geräusch wie mahlende Mühlräder. »Die meisten bepissen sich, sobald sie mich zum ersten Mal sehen.« Der Troll blickte an sich herab. »Wenn die verdammten Ritter mich nur besser im Futter halten würden! Ich mein, sieh mich doch mal an! Nur noch Haut und Knochen. Und ein verdammtes Bein zu wenig. Die werden sich wundern, wenn sie einen Troll treffen, der voll im Saft steht!« Er begann leise zu lachen. Es war ein trauriges Lachen, das zuletzt in Tränen überging. »Ich habe Hunger.« Nhorg sah Ahtap an wie ein Hauptgericht. »Als ich ein Welpe war, habe ich schon in der Welt der Menschen gelebt. Ich bin auf der Nachtzinne aufgewachsen. Dort hat König Orgrim viele Jahrhunderte als Herzog geherrscht, musst du wissen. Es ist ein gutes Land. Rau und hart, wie für Trolle geschaffen. Das Eis weicht nie ganz von den Bergen …« Der Troll seufzte. »Damals, als Welpe, hatte ich auch immer Hunger. Wir haben alles gefressen. Auch Füchse …«
Wunderbar, dachte Ahtap. Das hatte gerade noch gefehlt. Er drängte sich in die alleräußerste Ecke des Türrahmens.
»Mit Füchsen ist es schwierig. Das Fleisch steckt voller Knochen. Sie herauszupulen ist eine elende Arbeit. Man pult länger, als man isst. Aber diese verdammten Knochen sind gerade so dick, dass man sie nicht einfach kauen kann. Die Splitter könnten einen ersticken. Fuchs ist ganz in Ordnung. Schmeckt fast so wie Hund, nur ein bisschen herzhafter. Mit Thymian bestreut und im eigenen Saft gebraten …« Er verdrehte träumerisch die Augen. »Ich wäre gern noch mal in den Bergen. Auch wenn meine Kraft wohl kaum mehr reichen würde, um auch nur hundert Schritt zu laufen. Die Luft war so klar.« Er schloss die Augen. Noch immer troff ihm Sabber aus dem Maul. »Hast du schon mal Fuchs gegessen? «
Ahtap rang um Fassung. Nur nicht provozieren lassen! »Weißt du, Nhorg, in meinem Volk fühlen wir uns den Füchsen sehr verbunden. Es wäre irgendwie so, als fräße man Verwandte.«
»Ja und? Warst du etwa noch nie auf einem Leichenschmaus? «
Ahtap begriff, dass er einen schrecklichen Fehler gemacht hatte. Er hätte es besser wissen müssen! Schließlich kannte man überall in Albenmark die Geschichten über die Totenfeste der Trolle. »Also ich …«
»Einen Mond bevor ich von den Menschenkindern gefangen wurde, war der Leichenschmaus meines Vateronkels. Er war ein großer Krieger. Sehr mutig. Ich habe von seinem Herzen gegessen. Und von seiner Leber … Saftig war sie.« Nhorg öffnete die Augen. »Bist du saftig?«
»Gar nicht! Zu viel Fell, weißt du. Haare auf der Zunge, beim Essen. Das ist doch nichts. Da hustet man nur.«
»Also müsste man dich braten. Man könnte die Haare auch ausreißen.« Der Troll reckte sich.
Ahtap konnte hören, wie die Glieder der Eisenkette klirrten. »Hast du schon mal einen Menschen gegessen?«
Nhorg hielt inne. »Ja … Viele Schlachten hatte ich. Orgrim war sehr zufrieden mit mir. Ich war einmal ein berühmter Krieger. Ich …« Er senkte plötzlich die Stimme. »Die Menschen hier sind anders. Es gibt da welche …« Er sprach jetzt so leise, dass seine Worte kaum mehr zu verstehen waren. »Zauberer … der Weißbart und der … Silberstock. Du musst …« Er starrte zur Tür. »Sie sind da draußen. Fühlst du das?«
Ahtap spürte ein leichtes Prickeln. Ein Gefühl, wie es sich manchmal kurz vor einem Sommergewitter einstellte.
»Sie belauschen uns!«
»Unsinn!«, entgegnete der Lutin. »Die können doch nicht einmal deine Sprache!«
Der Troll kroch von der Tür fort. Klirrend zog er die Kette hinter sich her. »Doch, da ist ein Mädchen. Bei den Alben … Sie sind hier. Spürst du es nicht? Sie tun es wieder! Bitte nicht, bitte!« Sein Flehen ging in einen Schrei über. Der riesige Troll wand sich am Boden, als wären die Menschen über ihn gekommen und stächen mit unzähligen Lanzen auf ihn ein.
Grauen packte Ahtap. Er drängte sich gegen das Holz der Tür. Er wünschte sich, ein Wurm zu sein und durch die Spalten im Holz fliehen zu können. Und er spürte, wovon der Troll gesprochen hatte. Etwas berührte ihn. Griff in sein Innerstes und wollte das Leben aus ihm hinauszerren.
ERLÖST
Leon ließ die Klinge sinken und schob das alte Schwert in die Scheide zurück. Endlich war es offenbar! Der Schrei des Trolls hatte die Wahrheit ans Tageslicht gebracht. Er legte die Hand auf die Schulter des Jungen. »Es ist
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