Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
mit dem Rauch.
»Meuchler!«, erklang irgendwo voraus ein Entsetzensschrei. Schwerter klirrten.
Selbst während des Höhepunkts der Schattenkriege hatte Emerelle so etwas nicht erlebt. Welcher Feind war ihr erwachsen, ohne dass sie davon etwas geahnt hatte?
Die ganze Straße war mit einem Mal in trüben weißen Rauch gehüllt. Gestalten huschten vorbei, Pferde wieherten. Es war erstaunlich wenig Waffenlärm zu hören, auch keine Todesschreie wurden laut. Wer immer diese Meuchler waren,
sie arbeiteten mit tödlicher Präzision und hatten es geschafft, ihre Eskorte völlig zu überrumpeln.
Emerelle ahnte eine Bewegung hinter sich. Sie fuhr herum, das Schwert zu einem Schlag auf Kehlenhöhe erhoben. Die Waffe schlug auf Stahl. So heftig war der Aufprall, dass ihr ein sengender Schmerz bis in den Oberarm schoss.
Eine Gestalt ganz in Weiß stand vor ihr. Ollowain!
»Zieht euch zurück, Elfenritter«, scholl seine Stimme über den Schlachtenlärm. »Befiehl auch deinen Kriegern, die Waffen zu senken. Wir wollen doch nicht, dass jemand zu Schaden kommt.«
Emerelle legte die Linke auf den Albenstein auf ihrer Brust. Ihr Schwert deutete noch immer auf Ollowains Kehle. »Krieger meiner Wache, senkt die Waffen. Die Gefahr ist vorüber.« Ihre Magie trug die Worte viele hundert Schritt weit, obwohl sie fast im Plauderton gesprochen waren.
Der Kampflärm verebbte. Ein Wort der Macht rief Wind herbei, der die weißen Rauchschleier davontrug. Hoch über ihnen kreisten Schwarzrückenadler am Himmel. Dazwischen schillerte die Luft.
»Was, bei den Alben, geht hier vor, Ollowain?«
»Du reist nach Vahan Calyd, um die Schiffe und meine Elfenritter zu sehen, nicht wahr, Herrin?«
»Ganz recht!«
»Ich wollte, dass du meine Krieger nicht auf irgendeiner Wiese aufmarschieren lässt. Du solltest sehen, was geschehen wird, wenn du uns in den Kampf schickst.«
Emerelle sah die Reihe der Kutschen entlang. »Tu das nie wieder«, sagte sie so leise, dass niemand außer dem Schwertmeister es hören konnte. »Ich hätte dich oder andere durch einen Zauber töten können. Es ist ein Wunder, wenn niemand verletzt ist.«
»Meine Elfenritter waren einverstanden, ein Manöver unter Gefechtsbedingungen durchzuführen. Sie waren sich der Gefahren bewusst. Sie üben seit über einem Jahr und werden unruhig. Weißt du etwas Neues? Wann wirst du uns fortschicken?«
»Ich kann es dir nicht sagen, Ollowain. Wir werden von Silwyna Nachricht erhalten, wo Gishild ist. Die Silberschüssel verrät es mir nicht. Ich habe sie in einem Heerlager gesehen, aber ich kann nicht sagen, wo es liegt. Ich sehe viele weiße Zelte. Und Ritter des Blutbaums. Hunderte von ihnen. Gishild ist mitten unter ihnen. Sie ist älter, wenn ich sie im Silberspiegel erblicke, kein kleines Mädchen mehr. Und sie trägt das Weiß der Ordensritter. Wir werden sie verlieren, wenn Silwyna nicht bald kommt!«
»Uns fehlen noch Schiffe«, gestand Ollowain ein. »Es sind erst zwei vollendet. Wir brauchen mehr Zimmerleute. Es wird eine eigene Flotte nötig sein, auf der wir Vieh für die Adler transportieren …«
»Vor allem wirst du mehr Krieger benötigen. Und mehr Adler. Deine Mission darf nicht fehlschlagen, Ollowain. Wir haben nur einen einzigen Versuch, Gishild zu befreien. Wenn er misslingt, wird sie uns für immer verloren gehen. Du wirst gegen eine tödliche Übermacht antreten. Und vielleicht wirst du Gishild inmitten unserer Feinde suchen müssen. Ich bin hier, um dir zu helfen. Du wirst alles bekommen. « Das war nur die halbe Wahrheit. Insgeheim hegte Emerelle die Hoffnung, dass sie beide noch einmal die alten Zeiten aufleben lassen könnten. Sie vermochte Falrach nicht zu vergessen. Forschend sah sie den Schwertmeister an. Er hatte sich sehr verändert seit dem Trollkrieg … Aber es wäre nicht klug, ihn darauf direkt anzusprechen. »Ich werde Krieger aus meiner Leibwache an deine Elfenritter
abtreten. Obilee hat sie gut ausgebildet. Es sind hervorragende Kämpfer.«
»Wir brauchen eine Übermacht nicht zu fürchten«, entgegnete der Schwertmeister reserviert. Er zog einen dicken, stählernen Bolzen hinter seinem Gürtel hervor und reichte ihn der Königin. Er war etwas größer als ein Armbrustbolzen, dicker und ungewöhnlich schwer. Ein Ende war eine geschliffene dreikantige Spitze, am anderen Ende waren drei flache, stählerne Federn aus dem Metall getrieben worden.
»Was ist das?«
»Brandax nennt es den leisen Tod. Der Kobold hat es ersonnen, weil er
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