Die Albertis: Roman (German Edition)
mich bleibt eigentlich nicht so recht was zu tun.»
«Du hast mich!»
«Das ist allerdings abendfüllend, das stimmt. Nein, im Ernst: ich würde gerne arbeiten!»
«Arbeiten?»
«Ich habe mir gedacht: Ich habe jetzt so oft mit dir deine Nacht- und Wochenenddienste gemacht, ich habe dir ab und zu in der Praxis geholfen, bei den Abrechnungen und so, ich kenne fast alle deine Patienten. Was hältst du davon, wo doch Juliane gekündigt hat und du bald eine neue Arzthelferin brauchst: Warum kann ich das nicht machen?»
Er kam hoch, stützte sich mit den Ellenbogen ab.
«Ich könnte eine Ausbildung bei dir machen, wieder auf die Schule gehen, ich interessiere mich dafür, das weißt du. Wir könnten zusammenarbeiten. Ist das keine gute Idee?»
Er sagte zunächst nichts. Anne fühlte sich komisch. Wenn er jetzt nein sagen würde. Wenn er es nicht wollte. Wenn er es ihr nicht zutraute. Quatsch, dachte sie, die Zeiten des Zweifelns sind vorbei, ich traue es mir zu, ich will es, also wird es so sein.
«Klasse!», sagte Paul. «Klasse Idee. So machen wir es.»
Anne strahlte.
Paul stand auf, holte die Flasche Rotwein, die Anne im Esszimmer hatte stehen lassen und goss sich und ihr ein Glas ein. Sie stießen an.
«Auf die Zukunft!», sagte Anne.
«Auf die Zukunft!»
Sie tranken und sahen sich dabei in die Augen.
«Jetzt brauche ich etwas Warmes für die Seele», sagte Anne.
Paul ging zum Kamin hinüber, kniete sich hin, nahm aus dem Korb, der davorstand, ein paar Holzscheite und schichtete sie auf. Er zerknüllte Papier, schob es unter das Holz und zündete es mit einem langen Streichholz an. Es dauerte nur ein paar Sekunden, das Holz war gut abgelagert, dann knisterte und knackte das Feuer, und die Flammen flackerten und tauchten den ganzen Raum in ein warmes, tanzendes rotes Licht. Es war nun fast Mitternacht.
«Irgendwie habe ich Kopfweh», erklärte Anne und ging zur Terrassentür. «Ich brauche Luft.» Sie öffnete beide Flügel und trat hinaus. Eisige Luft und Nachtschwärze schlugen ihr entgegen. Eine Weile blieb sie so stehen, regungslos, die Arme verschränkt, und sah in den Garten hinunter. Paul legte eine CD in die Stereoanlage. Dann kam er zu ihr, die Fernbedienung in der Hand. Er stellte sich neben Anne. Plötzlich sahen beide, wie Schneeflocken vom Himmel fielen. Erst wenige, schwebend, taumelnd, unsicher, als seien sie unentschlossen, ob dies der richtige Zeitpunkt wäre, dann mehr und mehr und immer mehr. Irgendjemand schien da oben, versteckt hinter der Wolkendecke, zu stehen und ganze Säcke voller Schnee auszuschütten. Die Flocken, die erst Sternen glichen, waren nun wie Puder, der über die Bäume gestreut wurde, über Büsche, über den Rasen, das leere Brunnenbecken. Nach wenigen Minuten war alles weiß. Anne hatte das Gefühl, ein Märchen zu erleben, ein Wintermärchen. Alles war still, alles friedlich. Sie standen da, Anne und Paul, auf der Terrasse und sahen dem Schnee zu, der nun eine weiche weiße, jungfräuliche Decke über die gesamte Landschaft ausgebreitet hatte. Ohne dass Anne es merkte, drückte Paul auf die Fernbedienung seiner Stereoanlage. Und auf einmal hörte sie Musik, wundervolle Klänge, die sie fast zu Tränen rührten, hörte die Stimme eines Sängers, der Un aura amoro sang, in warmen, weichen Tönen, jene Mozartarie aus Così fan tutte, die vom Zauber der Liebe kündete. Am liebsten Mozart, nachts um zwölf: Anne fiel plötzlich wieder ein, wie er ihr vor langer Zeit von dieser Vorliebe erzählt hatte.
Paul nahm sie in den Arm. «Schön?», fragte er leise.
«Ja», antwortete Anne. «Sehr schön.»
Alle Figuren und Geschichten sind
frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden Personen
oder wahren Begebenheiten
wären rein zufällig.
Einfach (weiter)lesen:
Für jede Stimmung das richtige Buch
bei dotbooks
Christian Pfannenschmidt
Der Seerosenteich
Roman
»Wenn man liebte, versank man in dem anderen und wenn man wieder auftauchte, war man ihm nicht nur nähergekommen, sondern ein Stückchen ähnlicher geworden.«
Isabelle Corthen verlebt eine idyllische Kindheit auf dem Land. Gemeinsam mit ihrem Freund Jon verbringt sie lange Sommertage am Seerosenteich. Ein Gönner finanziert später eine Boutique, und schließlich wird sie Chefin eines Modeimperiums – und doch fehlt ihr etwas. Als sie eines der Seerosenbilder von Monet ersteigert, macht sie sich auf die Suche nach ihrer Vergangenheit – und nach Jon.
»Der Seerosenteich« wurde in mehrere Sprachen
Weitere Kostenlose Bücher