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Die Alchemie der Naehe

Die Alchemie der Naehe

Titel: Die Alchemie der Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaia Coltorti
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Rücken und sie auf dem Bauch, beide in den Augen des jeweils anderen versunken.

14
    Später habt ihr einen kurzen Spaziergang gemacht, der so kurz auch wieder nicht war. Ihr seid am Ufer entlanggelaufen und habt die saftig grünen Hügel bewundert, bis du irgendwann den Eindruck hattest, dass Selvaggia absichtlich trödelte. Ja, tatsächlich: Bei jeder Kleinigkeit zwang sie dich, stehen zu bleiben, bewunderte ein Landschaftsdetail oder fragte dich nach der Entstehungsgeschichte eines ihr unbekannten Ortes.
    Abgesehen davon, dass du ihr nicht alles beantworten konntest, hattest du insgeheim Angst, die Magie eures unbeschwerten Gesprächs könnte auf dem Rückweg zum Ausgangspunkt verloren gehen.
    Irgendwann nahm sie unter dem Vorwand, du seist zu schnell und sie käme kaum noch nach, deine rechte Hand und sagte: »He, wir müssen doch nicht rennen oder?« Daraufhin gingt ihr Hand in Hand weiter wie ein Liebespaar und nicht wie ein Bruder, der sich mit seiner atemberaubend schönen, viel zu spät wiedergefundenen Schwester unterhält. Und so war es unausweichlich, dass du dich fühltest wie durch ein Wunder geheilt, der glücklichste Gymnasiast der Welt – nur weil du mit ihr zusammen sein durftest. Erst viel später wurde dir klar, wie wichtig Berührungen und Körperkontakt für eure Beziehung waren: Nur ein einziges Mal und auch das nur, um ihre Reaktion zu testen, hast du versucht, dich von ihr zu lösen. Doch daraufhin umklammerte Selvaggia deine Hand umso fester, sah dich fragend an, lachte und verbot es dir. Eure Worte reihten sich genauso mühelos aneinander wie eure Schritte, und statt zu protestieren, hast du innerlich gejubelt.
    Wieder bei euren Handtüchern merktet ihr, dass es schon ein Uhr mittags war. Da keiner von euch Hunger verspürte, fragtest du, ob sie Lust auf etwas Volleyball hätte, denn im Fußball war sie bestimmt kein großartiger »goleador«. Nachdem ihr eine Weile gespielt hattet, hast du den Ball weit über sie hinweggebaggert. Selvaggia rannte los, um ihn noch zu erwischen, bevor er im Wasser landete, und du nutztest die Gelegenheit, um sie zu verfolgen. Als sie den Ball aufgehoben hatte, wirbelte sie herum und sah, dass du nur eine Armeslänge von ihr entfernt warst: Beide bliebt ihr wie angewurzelt stehen – sie fast ein wenig eingeschüchtert, während sie sich den Kopf zermarterte, warum du ihr gefolgt warst.
    Noch bevor sie einen Fluchtversuch unternehmen konnte, hast du deine liebe Schwester geschultert, woraufhin sie laut aufbegehrte und lachend und schreiend um sich trat. Weil sie so leicht war wie eine Feder, hättest du sie ewig tragen können.
    Â»Nein«, rief sie lachend. »Nicht ins Wasser! Nicht ins Wasser! Johnny? Johnny?« Aber du warfst sie mitleidslos hinein, dass es nur so spritzte. Prustend kam sie wieder an die Wasseroberfläche, rieb sich die Augen, stellte sich hin und zupfte ihr Bikinioberteil zurecht, das zu verrutschen drohte. Dabei sah sie dich herausfordernd an. »Komm doch her, wenn du dich traust!«, rief sie.
    Du hast nur lachend den Kopf geschüttelt.
    Â»Komm schon, los!«
    Â»Ich denke gar nicht daran«, lautete deine Antwort.
    Â»Na gut«, meinte sie. »Dann amüsiere ich mich eben allein in diesem herrlich kühlen Wasser, während du da hinten auf deinem blöden Handtuch liegst und schier umkommst vor Hitze und Neid.«
    Sie machte ein paar Schwimmzüge und hielt dann inne, um dir einen vielsagenden Blick zuzuwerfen. Diese Herausforderung konntest du unmöglich ignorieren, deshalb hast du dich ins Wasser gestürzt, bist zu ihr geschwommen und hast mit ihr um die Wette gespritzt. Sie kreischte laut auf und lachte, schickte Fontänen zu dir hinüber, die du erwidert hast. Es war eine Ewigkeit her, dass du dich auch nur im Entferntesten so glücklich gefühlt hattest. Und auch wenn dieses Herumspritzen und Herumalbern auf Außenstehende extrem kindisch wirken mochte, kam es dir so vor, als würdest du erst jetzt in diesem glückseligen Moment begreifen, was »Spaß haben« eigentlich bedeutete. Denn so etwas Aufregendes hattest du in deinem ganzen Leben noch nicht erlebt, geschweige denn erträumt.
    Irgendwann wolltest du den am Ufer gebliebenen Ball holen, doch Selvaggia klammerte sich an dir fest und versuchte, deine Badehose nach unten zu ziehen, was ihr auch fast gelang.
    Seltsam, diese Angewohnheit,

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