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Die Alchemie der Naehe

Die Alchemie der Naehe

Titel: Die Alchemie der Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaia Coltorti
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deinem knurrenden Schwimmermagen entströmte.
    Genauso fantastisch war die bloße Tatsache, dass du mit Selvaggia hier warst. Im Ernst! Schon von dem Gedanken, mit ihr allein zu sein, wurde dir schwindelig!
    Als bald darauf euer Essen kam, schlangt ihr es ausgehungert ohne ein einziges Wort hinunter. Kaum wart ihr satt, schwärmte sie erneut von Malecesine und lobte dich für deinen großartigen Vorschlag: Jetzt, da sie es kannte, wollte sie so oft wie möglich hierher zurückkehren, so sehr war es ihr ans Herz gewachsen.
    Du hast ebenso schüchtern wie selig gelächelt und aus Ver sehen ihr Bein unter dem Tisch berührt. Deine Gedanken eilten zu dem vorgestrigen Essen zurück, als sie deinen Knöchel streifte, sich jedoch bei deinem Versuch, Kontakt aufzunehmen, sofort zurückgezogen hatte. Jetzt berührten sich eure Beine – wenn das kein richtiger Flirt war, was dann?
    Selvaggia hatte eindeutig recht gehabt, als sie sagte, sie sehe dich eigentlich nicht als Bruder. Sie musste das körperlich gespürt haben, was du ihr jetzt nachempfinden konntest, weil du so gut wie alles in ihr sahst, nur nicht deine Schwester. Im Gegenteil! Denn eines war dir inzwischen klar – und bei diesem Entschluss zucktest du innerlich vor Freude und Schreck zusammen: Nie mehr würdest du dich zwingen, sie als solche zu sehen.
    Selvaggia war durch Blutsbande und Gefühle mit dir verbunden. Welche Grenzen ihnen gesetzt waren, konntest du in diesem Moment nicht begreifen.
    Aber vielleicht lerntet ihr das gerade?
    Nein, von wegen!
    Vielleicht hattet ihr euch soeben erst zu einem Versuch aufgerafft – auf die plumpe, ungeduldige Art von Siebzehnjährigen, die ihr nun mal wart, wobei ihr auch Fehler machtet und euch anschließend vergabt?
    Auf gar keinen Fall. No. Njet.
    Da du dich nicht mehr als ihr Bruder sahst, wolltest du wenigstens ihr engster Vertrauter, ihr heimlicher Freund und Liebhaber sein, ja sogar ihr Ehemann: der Mann, der sich um sie kümmerte, wenn es ihr schlecht ging, und der sich mit ihr freute, wenn es etwas zu freuen gab.
    O ja, das alles könntest du sein ohne jede Einschränkung, da warst du dir sicher, also konnte gefälligst niemand von dir verlangen, den Bruder zu spielen, denn das kam für dich nicht mehr wirklich infrage. Trotzdem sprachen eure Pässe eine ganz eigene Sprache: Ihr wart nun mal miteinander verwandt, zu einer Beziehung gezwungen, die in deinen Augen jetzt etwas Schreckliches, Zielloses hatte. Weil ihr miteinander verwandt wart, wart ihr praktisch aneinandergekettet  – von dem selbstlosesten, keuschesten Gefühl, das es gibt.
    Doch du warst nicht keusch, du warst nicht einmal in der Lage, es dir wenigstens vorzunehmen. Und Selvaggia schien es genauso zu gehen, sie schien das bereits seit eurer ersten gemeinsamen Nacht im Prince gewusst zu haben.
    Â»Wollen wir uns den Nachtisch teilen?«, fragte Selvaggia und riss dich aus deinen Gedanken. Sie zeigte auf die Panna Cotta mit Karamellsoße, die ihr der junge Kellner gerade gebracht hatte. Du sahst sie an und hättest ihr am liebsten gesagt, dass du die nächsten zweihundert Jahre Zärtlichkeiten und Küsse mit ihr tauschen wolltest. Aber aus Angst, alles kaputtzuma chen, schwiegst du. Da sie bestimmt nicht so durchgeknallt war wie du, würde sie das nur erschrecken: Wieso sollte sie – als dir das dämmerte, tat sich ein riesiger Abgrund vor dir auf –, wieso sollte sie auch etwas anderes für dich empfinden als die innige, aufrichtige Zuneigung, die nur empfinden konnte, wer sich in eurer Zwangslage befand?
    Â»Gern«, sagtest du. Sie tauchte den Löffel in die Panna Cotta, bedeutete dir näherzukommen und fütterte dich. Natürlich war das der beste Nachtisch, den du jemals gegessen hattest, wobei du nicht sagen konntest, ob die Trattoria wirklich eine so herausragende Küche hatte oder ob es nur daran lag, dass Selvaggia ihn dir anbot.
    Du nicktest zum Zeichen, dass es dir schmeckte, und sie tauchte den Löffel in die Nachspeise und bedeutete dir ein zweites Mal näherzukommen.
    Nach dem Mittagessen besichtigtet ihr die Burg – genau zur richtigen Tageszeit, als die Sonne nicht mehr so erbarmungslos vom Himmel brannte.
    Als ihr zum Seeufer zurückkehrtet, um euch noch ein Stündchen zu sonnen, war es kurz nach vier. Anfangs spracht ihr kein Wort, sondern umarmtet euch nur.
    Â»Ich hab dich lieb, Johnny«,

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