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Die Alchemie der Naehe

Die Alchemie der Naehe

Titel: Die Alchemie der Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaia Coltorti
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sagte Selvaggia leise. »Noch nie habe ich einen so schönen Tag mit jemandem verbracht, nicht einmal in Genua.«
    Als sie dir das ins Ohr flüsterte, bekamst du eine Gänsehaut. Du lachtest und fuhrst ihr durchs Haar, fühltest dich geschmeichelt und wie berauscht. Am liebsten hättest du ihr sonst was erzählt, doch du konntest nur schweigen. Du dachtest an all die Mädchen, mit denen du bereits zusammen gewesen warst (fünf): Alle zusammengenommen vermochten nicht auch nur eine Sekunde mit ihr aufzuwiegen. Jetzt konntest du es kaum erwarten herauszufinden, ob es sich lohnte, sämtliche Küsse deiner Ex-Freundinnen gegen die flüchtige Berührung eurer Lippen einzutauschen.
    Beseelt von dem Gefühl, sie in den Armen zu halten, wusstest du, dass du sie auf eine einzigartige, bedingungslose Art liebtest. Deshalb bist du noch ein Stück näher gerückt, und da sie dich nicht zurückwies, hast du die Augen geschlossen und sie ausgiebig auf die Wange geküsst …
    O nein, auf gar keinen Fall! Nichts konnte es mit dem herrlichen Duft ihrer sonnengebräunten Haut aufnehmen!
    Sie revanchierte sich mit einem Kuss auf die Stirn, nicht ohne dir vorher mit ihrer kühlen Hand das Haar aus dem Gesicht zu streichen.
    Wieder bekamst du Gänsehaut, als ihre lachsfarbenen Lippen dich zärtlich berührten. In diesem Moment wärst du beinahe gestorben. Da hast du ihren Namen gesagt, erneut die Augen geschlossen und gespürt, wie sie ungefähr eine Handbreit von deinem Gesicht entfernt atmete.

15
    Erst als sie dazu bereit war, fuhrt ihr wieder nach Hause, inzwischen war es bereits kurz vor zehn.
    Die Vorstellung, sie allein lassen zu müssen, trieb dich um. Nach diesem Tag, an dem sich alles, was göttlich war, entschlos sen hatte, nach Malcesine zu eilen, um sich von der menschlichen Kreatur bestaunen zu lassen, wolltest du einfach nicht wahrhaben, dass sich die Nacht bereits über eure verwunschene Welt herabgesenkt hatte und euch zu trennen drohte.
    Allein der Gedanke, sich von Selvaggia verabschieden zu müssen, bedrückte dich. Ach, himmlische Mächte, wie konntet ihr das nur zulassen?
    Seit ihr eure keuschen Küsse getauscht hattet, wusstest du, dass alle Liebesgeschichten vor ihr wie ausgelöscht waren. Sie waren verschwunden wie die Gesichter der Mädchen, obwohl du sie aufrichtig geliebt hattest.
    Genauso wie ihre Worte und Gesten. Auch sie waren für immer verloren!
    Was vor ihr existiert hatte, verblasste und verschwand angesichts der neuen Liebe, die mit ihrem himmlischen Antlitz zu dir herabgekommen war.
    Die Zukunft gehörte Selvaggia.
    Wie sollte sie aussehen, wenn nicht unvergleichlich schön? Von nun an würdest du ausschließlich für sie leben, so viel stand fest. Du brachtest sie bis zur Haustür, trugst sie nach oben, ohne den Lift zu nehmen, denn wenn du mit ihr zusammen warst, wolltest du am liebsten die Zeit anhalten: Nahmst du die Treppe, verlängerte das den Kontakt mit ihrem schlafenden Körper um drei Stockwerke.
    Oben angekommen – leider! – beugtest du dich vor und drücktest mit der Nasenspitze auf die Klingel. Du hattest vor, Selvaggia bis in ihr Zimmer, ja bis in ihr Bett zu bringen und erst zu gehen, nachdem du die Schlafende eine Weile betrachtet hattest.
    Eure Mutter machte euch auf, und als sie sah, dass du Selvaggia auf dem Arm hattest, bekam sie zunächst einen Schreck. Aber du hast nur den Finger auf die Lippen gelegt. Daraufhin kam sie näher und strich ihrer Tochter über die Stirn, während ein zärtliches Mutterlächeln ihr Gesicht erhellte. Dann sah sie dich an, immer noch mit demselben Lächeln, und führte dich zu ihrem Zimmer.
    Behutsam hast du Selvaggia aufs Bett gelegt und sie zugedeckt. Sie drehte sich auf die Seite und umklammerte wie im Halbschlaf deine Hand, um dich am Gehen zu hindern. Du hast dir von ganzem Herzen gewünscht, sie möge deine Hand nicht loslassen, aber als du den Blick deiner Mutter spürtest, musstest du dich von ihr trennen.
    Â»Willst du hier übernachten?«, fragte deine Mutter. »Platz haben wir genug. Ich könnte Papa anrufen und ihm Bescheid sagen.«
    Das wäre schön gewesen, fast schon eine Hochzeitseinladung! Doch dir missfiel die Vorstellung, dass deine Mutter, die erst nachmittags arbeitete, zu Hause und damit das fünfte Rad am Wagen sein würde. Nicht dass du deine Mutter nicht liebtest, aber sie

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