Die Alchemie der Naehe
schon im Vorfeld den Kopf zu zerbrechen«, sagtest du dir, während sie dir zärtlich eine widerspenstige Strähne aus der Stirn strich.
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Ihr unterhieltet euch eine Weile, denn zärtliche Gespräche fielen euch nach wie vor leicht.
In Wahrheit wusstet ihr beide, dass nicht allzu viele Worte zwischen euch stehen sollten: Euer gegenseitiges Begehren diktierte seine unabänderlichen, wenn auch nicht schriftlich niedergelegten Gesetze. Und falls doch, dann nur in alten Büchern noch älterer Romanciers, die zwar nicht vollständig in Vergessenheit geraten, indes wenig bekannt waren, zumindest nicht bei Siebzehnjährigen wie euch.
Du lagst jetzt in deiner Boxershorts auf dem Rücken, während Selvaggia sich in Unterhose und BH über dich beugte.
Nachdem ihr euch wiederholt vertraut angelächelt hattet, saht ihr euch nun mit unbezwingbarer Begierde in die Augen, dann küsstet ihr euch: Inzwischen konntet ihr einfach nicht länger warten. Du umarmtest sie und zogst sie fest an dich, was sie mit einem Stöhnen quittierte. Gleich darauf spürtest du Selvaggias Hand wie noch nie zuvor, die vom Bauch bis zu deiner Boxershorts wanderte. Du weiÃt, wie sie danach griff und sie nach unten zog, dich mehr oder weniger auszog. Du umarmtest sie nicht mehr.
»Meine Güte«, hast du geflüstert, »O Gott, was tun wir hier, mein Schatz?«
Du hast dich von ihr gelöst, ohne einen weiteren zusammenhängenden Satz bilden zu können. Sofort rückte sie von dir ab und sah dich ebenso fragend wie alarmiert an, als würde sie dich gar nicht wiedererkennen. Mit so einem Rückzieher hatte sie bestimmt nicht gerechnet. Dann wandte sie den Blick ab und schlüpfte rasch unter die blütenweiÃe Leinenbettwäsche, legte ihren Kopf aufs Kissen und schwieg.
»Selvaggia«, sagtest du leise und löstest ihren Zopf, woraufhin ihr Haar geschmeidig, weich und glänzend auf die makellosen Schultern fiel. Nachdem du ihren Namen gesagt hattest, ohne dem noch etwas hinzuzufügen, strichst du ihr gedankenverloren über den Kopf. Doch während du bis vor Kurzem noch ihr gehört hattest, warst jetzt plötzlich du derjenige mit dem unstillbaren Verlangen. Mit wachsender Verzweiflung begriffst du, dass du sie mit jeder Faser deines Körpers begehrtest.
Weil es dir leidtat, alles kaputt gemacht zu haben, suchtest du hastig nach Worten, die den Schaden, den du euch zugefügt hattest, wiedergutmachen konnten. Es war gar nicht mal so sehr das Verlangen nach ihrem Körper, das dich dazu brachte, erneut nach ihr zu rufen, sondern die Angst: das heftige Bedürfnis nach einer erneuten Vermählung. Also saht ihr euch in die Augen, sie verwirrt und du zu allem bereit. Und während die Entschlossenheit und Durchtriebenheit, die noch kurz zuvor in ihrem Blick gestanden hatten, verschwanden, beunruhigte es dich kein bisschen, dass Selvaggia und du gerade zum ausweglosesten Ort überhaupt vordrangt; dorthin, wo euch nicht nur verwerfliches Glück, sondern auch der armselige, uner forschte dunkle Abgrund der Verderbtheit erwartete. Du weiÃt, dass dir nichts davon in den Sinn kam, als du vielleicht noch hättest umkehren können: Denn im Moment wolltest du sie einfach bloà besitzen, und unbezähmbare Begierde war dein Passierschein. Du wolltest ihr all die Liebe schenken, zu der du dank ihrer Gunst fähig warst.
»Selvaggia«, sagtest du erneut und strichst ihr zärtlich übers Gesicht.
Sie lächelte dich an und sah dir wieder in die Augen. Zum dritten Mal wiederholtest du ihren Namen, und schlieÃlich fanden sich eure Lippen zu einem ersten, schüchternen Kuss. Bald darauf zogst du sie fieberhaft an dich, ohne ihr eine Fluchtmöglichkeit zu lassen. Eure Augen waren geschlossen, denn ihr wusstet beide, dass ihr euch nicht mehr so ansehen durftet. Denn jetzt kam die Wende, und nicht das leiseste Zögern mischte sich in eure Entschlossenheit. Und so kam es, dass deine Hände, die der fabelhaften Rundung ihres Rü ckens und ihrer Hüften folgten, die winzigen Häkchen des BHs fanden und sie lösten. Der Anblick ihrer neuerlichen Nacktheit verschlug dir den Atem, ja drohte dich zu ersticken, bevor er dich lebendiger machte als je zuvor.
Auch sonst war sie dermaÃen begehrenswert, dass du einfach den Kopf verlieren und deinen Verstand über Bord werfen musstest (falls nach ihrem Anblick überhaupt noch ein Funken davon
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