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Die Alchemie der Naehe

Die Alchemie der Naehe

Titel: Die Alchemie der Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaia Coltorti
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und sie dir das nicht geben konnte.
    An diesem Abend kündigten eure Eltern jedenfalls kurzfristig an, dass sie auswärts essen würden.
    Daraufhin teiltet ihr euch einvernehmlich die Hausarbeit: Du decktest den Tisch, und sie kochte. Sie konnte gut kochen. Um das Essen nicht so banal wirken zu lassen, hast du ein paar Kerzen angezündet, was dir allerdings nur kritische Blicke eintrug: Vielleicht weil sie das für den albernen Verführungsversuch eines verknallten Siebzehnjährigen hielt. Aber sie protestierte auch nicht.
    Wortlos setzet ihr euch zum Essen hin. Die ständigen Streite reien waren nicht spurlos an eurer Beziehung vorübergegangen.
    Â»Komm her!«, sagte sie irgendwann und ging auf dich zu. Du sahst sie nur verständnislos an, als sie begann, dich zu füttern.
    Â»Ist dir eigentlich klar, dass ich vor wenigen Stunden noch eine ideale Zielscheibe für diesen Nudelteller gewesen wäre?«, sagtest du.
    Selvaggia lachte kurz auf. »Wenn du dich nicht anständig benimmst, kann das immer noch passieren.«
    Â»Von mir aus! Aber woher dieser plötzliche Sinneswandel?«
    Sie fuhr damit fort, dich zu füttern, nur um nicht antworten zu müssen.
    Â»Weil es gar keinen Grund zum Streiten gibt«, sagte sie schließlich. »Ich fühle mich wohl mit dir.«
    Â»Aber du liebst mich nicht«, gabst du zurück und wurdest auf einmal wieder traurig.
    Â»Nein, ich liebe dich nicht. Wieso sollte ich?«
    Â»Weil ich dich liebe. Und das ist eine unverrückbare Tatsache – keine bloße Laune.«
    Â»Johnny, glaubst du nicht, dass du ein Problem hast? Du bist mein Bruder , du kannst dich nicht wirklich in mich verliebt haben. Stößt dich die Vorstellung nicht ab?«, erwiderte sie ungerührt, als sei dieses Thema vollkommen normal.
    Â»Nein«, sagtest du. »Im Gegenteil, für mich gibt es nichts Schöneres. So gesehen hast auch du ein Problem, wenn du das, was wir getan haben, für nicht verkehrt hältst.«
    Â»Erlaubt ist, was gefällt«, verkündete Selvaggia und fütterte dich erneut.
    Â»Und? Ist es dann nicht erlaubt, dich zu lieben, wenn es mir nun mal gefällt?«
    Anstatt dir zu antworten, lächelte sie nur und gab sich geschlagen. »Na gut«, gab sie zu, vermied es aber, dich dabei anzusehen: »Dann haben wir eben beide ein Problem.«
    So etwas wie Schuldbewusstsein huschte über ihr Gesicht.
    Â»Gut möglich. Doch hält es uns auch davon ab, zusammen zu sein und uns aneinander zu freuen?«
    Sie drückte dir einen Kuss auf den Mund und fuhr fort, dich zu streicheln, während du den Blick senktest und Gott jeden Tag aufs Neue dafür danktest, dass er dir diese Gnade gewährte.
    Â»Johnny«, sagte sie. »Ich liebe dich nicht, und ich fürchte, das wird sich auch nicht ändern. Aber wenn du es genau wissen willst: Du hast recht, dass ich dich wie den letzten Dreck behandelt habe. In Genua gab es anscheinend Leute, mit denen ich das machen konnte. Ich habe nachgedacht, und vielleicht stimmt es ja, dass ich mich ändern muss. Von nun an werde ich dich respektieren.« Das klang dermaßen feierlich, dass sie es bestimmt ernst meinte.
    Â»Und wenn es dafür zu spät ist?«, sagtest du. »Was, wenn ich dir nicht verzeihe?«
    Sie zuckte nur lachend die Achseln und sagte: »Vielleicht willst du mir nicht verzeihen, aber am Ende wirst du es trotzdem tun. Das sehe ich dir nämlich an.«
    Womit sie leider recht hatte.
    Nach dem Abendessen gingt ihr einvernehmlich nach oben in ihr Zimmer, wo ihr euch feierlich und wie in Zeitlupe liebtet. Kurz vor dem Einschlafen sagte sie dir immerhin, dass sie dich liebhatte. Wie eine Schwester. Und das verwirrte dich natürlich nur noch mehr: Sie liebte dich nicht, sondern hatte dich lieb wie eine Schwester – deine nächste Verwandte, mit der du ein erfülltes Sexualleben teiltest.
    Seltsam. Aber damit würdest du dich wohl leider abfinden müssen.

3 5
    Solltest du jemals ernsthaft erwogen haben, sie dir aus dem Kopf zu schlagen, war spätestens jetzt nicht mehr zu übersehen, dass das längst passé war.
    In den darauffolgenden Tagen begannst du erneut, ihr den Hof zu machen. Und zwar so hartnäckig wie noch keiner zuvor. Normalerweise waren es die Frauen, die hinter dir her waren und um deine Aufmerksamkeit buhlten. Doch das hieß noch lange nicht, dass sie es auch schafften, einen Platz in

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