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Die Alchemie der Naehe

Die Alchemie der Naehe

Titel: Die Alchemie der Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaia Coltorti
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nur kindisch waren.
    Â»Warum hast du mich nicht mit den Spielchen erfreut, die du mit Tommaso getrieben hast? Mit Handschellen und so, das volle Programm?«
    Sie sagte nichts darauf, sondern entriss dir nur das Handy. Du ließt sie nicht aus den Augen, während sie versuchte, ihrer Wut Herr zu werden, indem sie durchs Zimmer lief und auf Schubladen losging, sie mit einem lauten Knall öffnete und wieder schloss.
    Â»Das hättest du nicht tun dürfen«, flüsterte sie zornig und knallte mit den Schranktüren.
    Deine Antwort bestand nur aus einem triumphierenden Blick, in dem wegen deiner vermeintlich geglückten Rache tiefe Zufriedenheit lag.
    Â»Ich hasse dich«, schrie sie. »Wie konntest du in meinen Privatsachen rumschnüffeln! Dazu hast du kein Recht, nur weil wir zusammen im Bett waren!«
    Â»Und du hattest kein Recht, mir so wehzutun«, übertrumpftest du sie.
    Daraufhin deine Schwester: »Das war doch von Anfang an klar, dass ich dich nicht liebe und dass wir nur ein bisschen Spaß haben würden, mehr nicht. Vielleicht haben wir das einfach beide gebraucht. Wie kommst du eigentlich dazu, dich in mich zu verlieben? Ich bin schließlich deine Schwester. Schämst du dich denn kein bisschen?«
    Â» Ich soll mich schämen? Es ist ja nicht so, dass ich dich gezwungen hätte! Die Einzige, die daran schuld ist, bist du! Du solltest dich was schämen, wenn du glaubst, es sei nicht weiter schlimm, den eigenen Bruder zu ficken!«
    Â»Raus hier!«, drohte sie. »Raus!« Sie kam auf dich zu und zeigte auf die Tür. So wütend hattest du sie noch nie erlebt. Ihre Halsschlagader pulsierte, ihre Wangen waren knallrot, und ihre Atmung ging stoßweise.
    Â»Ich gehe erst von hier weg, wenn du zugegeben hast, einen Fehler gemacht zu haben«, schriest du.
    Daraufhin gab Selvaggia dir eine Ohrfeige, besser gesagt ihr rutschte die Hand aus. Du wichst einen Schritt zurück, und deine Wange brannte.
    Deine Schwester musterte dich bestürzt, kam sofort auf dich zu und umarmte, ja streichelte dich, küsste dich auf Wangen, Stirn und Kinn. »Oh, das tut mir leid«, rief sie. »Entschuldige, ich wollte dich nicht schlagen, verzeih mir«, flehte sie und klammerte sich an dich, während ihr die Tränen kamen. Du hast sie eine Weile angesehen, tief durchgeatmet und sie umarmt, sie hin und her gewiegt. Du hast ihren nassen Scheitel geküsst, und sie hat dich erneut um Verzeihung gebeten.
    Es gelang dir nicht herauszufinden, ob du ihr gleichgültig warst oder ob sie etwas für dich empfand – und sei es ein noch so flüchtiges, vergängliches Gefühl. Manchmal ignorierte sie dich einfach, um dir dann wieder ihre volle Aufmerksamkeit zu schen ken. Doch in diesem Moment spielte das alles keine Rolle mehr. Das Einzige, was zählte, war, dass ihr euch wieder nähergekommen wart und sie nach wie vor die Arme um dich schlang. Der Bademantel war ihr über eine Schulter gerutscht und entblößte eine Brust. Selvaggia schmiegte sich noch enger an dich, aber du gingst nicht auf ihre Avancen ein. Schließlich war sie noch weit von der Erkenntnis entfernt, dass man mit dir nicht beliebig umspringen konnte. Um ihr zu beweisen, dass das nicht funktionierte, zogst du ihr zuerst den Bademantel mit einer brüderlich keuschen Geste über die Schulter und bandst ihr dann vorn den Gürtel zu. Du fuhrst ihr einmal mit den Fingern durchs Haar und ließt sie anschließend allein, warfst ihr noch einen letzten liebevollen Blick zu, der allerdings ernst gemeint war.
    Als du aus ihrem Zimmer gingst, stand sie vor dem Bett genau wie damals, als alles anfing. Sie wandte den Blick nicht ab, das weißt du. Vielleicht fragte sie sich sogar, was wirklich in dir ablief.

34
    Paradoxerweise war eure absurde Liebesbeziehung auch von Hass geprägt. Und zwar auf beiden Seiten. Ständig warst du hin- und hergerissen zwischen Liebe und Hass – wenn sie dir unrecht tat, wenn du ihre Launen nicht länger ertragen konntest, ihre Anmaßung, dich behandeln zu können wie eine Marionette. Und sie hasste dich auch und sagte es dir sogar. Vielleicht nicht unbedingt bei klarem Verstand – trotzdem, ein Körnchen Wahrheit verbarg sich bestimmt in ihren Worten. Vielleicht tat sie ja nur so, als würde sie dich lieben, weil sie ganz andere Zwecke verfolgte. Vielleicht hasste sie dich, weil du zu viel von ihr und der Liebe verlangtest

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