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Die Alchemie der Naehe

Die Alchemie der Naehe

Titel: Die Alchemie der Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaia Coltorti
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Klassenzimmers gesagt hatte, zu dir durchgedrungen war, und rächte sich auf ihre Weise. » What are you good at?«, fragte sie verärgert – was kannst du gut? Du brauchtest keine Sekunde, um den Satz zu übersetzen und ein vielsagendes Grinsen aufzusetzen. »Sex«, meintest du nur, ließt die Lehrerin mit offenem Mund stehen und erntetest Gelächter von deinen Freunden. Paranoia war so begeistert, dass er sich zu einer Art Applaus hinreißen ließ. Du hattest während des Unterrichts nicht nur in einem Wahnsinnskreativitätsschub den verdamm ten Brief geschrieben, sondern mit deinem Wortbeitrag auch noch eine Riesenwirkung erzielt. Wenn auch keine, die deinen Erzeugern gefallen würde, sollte die Lehrerin sie in der Elternsprechstunde erwähnte.
    Aber bis dahin war es noch ziemlich lange hin.
    Zu Hause unterhieltet ihr euch, während sie das Mittagessen zubereitete. Du erzähltest ihr die Anekdote, und Selvaggia amüsierte sich köstlich. »Apropos«, fuhrst du fort. »Ich habe da was für dich. Ich hab’s in der Schule geschrieben.« Du gabst ihr den Brief. Sie sah dich an, und in ihren Augen stand nichts als Liebe. Sie verschlang jedes einzelne Wort. Der Brief muss ihr unglaublich gut gefallen haben, denn sie fragte: »Hast du Lust, ein bisschen Sozialwesen zu lernen?«
    Sozialwesen? Sofort nahmst du sie in den Arm, und obwohl das Mittagessen so gut wie fertig war, verließt ihr die Küche in Richtung Obergeschoss. Doch sie bremste dich und beamte dich aufs Wohnzimmersofa. Ihr hattet euch noch nicht mal hingesetzt, als ihr euch auch schon überall streicheltet und gegenseitig auszogt: Sie half dir aus der Hose, und du zerrtest ihr den Pulli über den Kopf, bedecktest sie mit Küssen, während Selvaggias Lippen ebenso zärtlich von deinem Gesicht zu deinem Oberkörper wanderten und von dort aus immer weiter nach unten, bis …
    Die Leistengegendlektion war ebenso lehrreich wie befriedigend, wenngleich die sich selbst überlassenen Nudeln inzwischen nur noch eine ungenießbare, formlose Masse waren – eine ebenso treffende wie traurige Metapher für das Leben vieler Jugendlicher.
    Mit einem Schinken-Käse-Toast pro Nase tröstetet ihr euch darüber hinweg.
    Ein Toast pro Nase: Wie komisch das klingt, wenn man es so schwarz auf weiß sieht.
    Â»Aber jetzt müssen wir wirklich lernen. Wir schreiben nämlich morgen eine Arbeit,«, sagte Selvaggia nach dem Toast pro Nase. Schweren Herzens zogst du das Buch nach einem letzten, nach gekochtem Schinken schmeckenden Kuss aus ihrem Rucksack.
    Â»Sozialwesen also«, knurrtest du und hobst vielsagend eine Braue.
    Sie musste laut lachen, und zum ersten Mal seit Schulbeginn schlugst du ein Fachbuch auf und last ihr die gewünschte Passage vor, um ihr beim Lernen zu helfen.
    Du Lakai, du!

5 1
    An diesem Morgen konntet ihr euch einfach nicht trennen und zogt der Langeweile des Unterrichts die Sinnlichkeit in der Via d’Anfiteatro vor. Es war gerade halb zwei, und Selvaggia und du wart mal wieder ganz dabei, euch im Liebesrausch zu verlieren, als ihr an der Eingangstür ein verdächtiges Geräusch hörtet und kurz darauf noch eines. Selvaggia wurde als Erste hellhörig.
    Â»Johnny?«
    Â»Pssst, ich bin ja bei dir«, stöhntest du heiser. Du umarmtest sie, umklammertest sie mit den Beinen, damit sie dir auf keinen Fall weglief, während du ihr weitere glühende Küsse auf den erhitzten Hals gabst. Sie konzentrierte sich wieder auf dich, folgte hingebungsvoll dem Ruf deiner geöffneten Lippen, doch jetzt wurden irgendwo in der Wohnung sogar Stimmen laut!
    Â»Johnny«, rief sie leise, fast schon verängstigt. »Was ist da los?«
    Du stütztest dich auf und lauschtest, doch im Moment war alles still. »Keine Ahnung«, sagtest du halblaut. »Vielleicht kommen die Stimmen aus der Wohnung unter uns. Aber jetzt höre ich gar nichts mehr.« Du küsstest deine Schwester auf die Wange und ließt sie im Bett liegen, schlüpftest rasch in deine Boxershorts und gingst nachsehen, während sie ebenfalls das Bett verließ.
    Durch den geöffneten Türspalt sahst du drei Personen im Flur stehen. Völlig entsetzt risst du die Augen auf, denn eine davon war eure Mutter. Es fehlte nicht viel, und dein Kopf wäre explodiert wie der eines vom Pech verfolgten Comichelden. O je, sie hatte damit begonnen, die Wohnung

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