Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)
die Geheimnisse, mit denen man Schoepfil ködern konnte … und vielleicht die eigene Rache nähren.
Er packte eine Wandhalterung und schwang sich auf die offenen Stufen, den Wind im Gesicht. Packington Station war nicht weit. Würde Pfaff den Zug verlassen? Würde die Contessa einsteigen? Er zog sich hinein. »Im nächsten Gepäckabteil finden Sie Professor Trooste vom Royal Institute …«
»Auguste Trooste!«, spie Gorine. »Dieser schamlose fette Schmarotzer …«
»Er war bei Mrs. Krafts Wiederherstellung dabei und kann vielleicht helfen. Verstecken Sie ihn. Ich werde mich um Pfaff kümmern.«
»Ist das klug?«, fragte Cunsher. »Wenn wir ihm in die Quere kommen …«
»Sie meinen, wenn ich ihn töte?« Chang streckte die Hand nach der Tür aus. »Ich werde so schnell wie möglich wieder zu Ihnen zurückkehren.«
»Und wenn nicht?«, fragte Cunsher.
»Machen Sie Ihre Sache gut«, erwiderte Chang. »Schließlich ist es das Ende der Welt.«
Er betrat den letzten Waggon, wo Jack Pfaff in seinem orangefarbenen Mantel und seiner karierten Hose an der gegenüberliegenden Tür lehnte. Pfaff hob einen Finger und bat um Ruhe, während er auf die Reihe von Abteilen wies, die zwischen ihnen lagen. Trotz ihrer vorangegangenen Auseinandersetzungen lächelte Pfaff, als wären sie Verbündete oder zumindest Männer, die das gleiche Ziel hatten.
Chang ging mit einsatzbereitem Stock los. Er blickte in das erste Abteil: sechs Geschäftsleute, die ihre Koffer auf dem Schoß umklammerten. Pfaff hatte sich, mit leeren Händen, ebenfalls aufgemacht. Chang erreichte das zweite Abteil: Frauen verschiedenen Alters und zu viele Kinder. Das Jüngste lag mit bandagierten Beinen im Schoß eines dunkelhäutigen Dienstmädchens.
Pfaff kam näher. Im dritten Abteil befanden sich mindestens zehn Personen, die Frauen auf den Sitzplätzen, die Männer standen. Die Vorhänge des vierten Abteils waren zugezogen. Pfaff blieb auf der anderen Seite in vielleicht drei Metern Entfernung stehen.
»Wie ich sehe, haben Sie sich dem Klerus angeschlossen.«
»Wo ist sie, Jack?«
»Welche sie meinen Sie denn?« Pfaff nickte zu dem Gehstock. »Kein Platz, um ihn zu schwingen. Sie sind beeinträchtigt.«
»Glauben Sie?« Chang machte plötzlich einen Schritt nach vorn. Pfaff wich genauso schnell zurück, obwohl er sein provozierendes Lächeln beibehielt.
»Gehen Sie hinein.« Pfaffs Blick schoss an Chang vorbei zum Ende des Gangs. »Solange noch Zeit dazu ist.«
»Kommen Sie mit?«
»Ich warte. Folge den Anweisungen.«
»Wie immer, nicht wahr, Jack? Bis Sie ihnen nicht mehr folgen.«
Pfaff verzog den Mund zu einem jungenhaften Grinsen. »Ganz genau.«
Chang klopfte mit dem Knauf seines Stocks an die vierte Abteiltür und trat ein. Die Fahrgäste blickten hoch, aber Chang achtete nicht weiter auf sie, sondern trat rasch über die Türschwelle. Er traute Pfaff durchaus zu, dass er mit einer Pistole durch die Scheibe feuerte. Aber kein Schuss fiel. Chang warf Madeleine Kraft einen Blick zu und dann Mahmoud, in dessen Hand sich ein glänzender Revolver wie ein Spielzeug ausmachte. Die dritte Person, die er nicht kannte, war auf der gegenüberliegenden Sitzreihe zwischen Kisten eingequetscht, die mit Seilen verschnürt waren.
»Das ist Mr. Kelling«, sagte Mrs. Kraft.
»Sie sind Kardinal Chang!« Der kantige Mr. Kelling warf sich in seinen Sitz zurück. Er war gekleidet wie ein Büroangestellter, doch um sein Handgelenk trug er einen Verband, und am Kinn hatte er einen Bluterguss.
»Schwieriger Tag überall«, stellte Chang fest; und dann sagte er zu Mahmoud am Fenster: »Hinsetzen.«
»Nicht solange …«
Bevor Mahmoud den Satz beenden konnte, hatte Chang Madeleine Kraft eine Hand um den Hals gelegt. »Setzen Sie sich, oder es läuft alles verkehrtherum.«
»Mahmoud …«, sagte Mrs. Kraft sanft. Der dunkelhäutige Mann steckte den Revolver in eine Tasche seines langen Mantels und hockte sich auf die äußerste Sitzkante, bereit, sich auf Chang zu stürzen. Kelling rührte sich nicht. Chang lockerte seinen Griff. Mrs. Kraft streckte ihren Hals und betrachtete Chang. Er fand den prüfenden Blick unangenehm.
»Robert Vandaariff wird sterben«, verkündete er, »aber ohne die nötigen Vorkehrungen wird seine Welt, jedermanns Welt, idiotischen Kindern ausgeliefert. Ihr Verlangen nach Rache könnte eine Katastrophe auslösen.«
Madelaine Kraft hob angesichts seines schroffen Tons die Augenbrauen. »Sie haben sich verändert.«
Ȇberhaupt
Weitere Kostenlose Bücher