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Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche

Titel: Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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hätte es wis-sen müssen.«
    »Ich glaube, er will es nicht wahrhaben«, sagte Gian. »Der Orden hat die Geheimkammer, in der die Katharer den Gral aufbewahrt hat-ten, schon seit einer Ewigkeit gekannt. Cristóbal hat gewusst, dass sie leer war. Aber er dachte, es gäbe noch ein anderes Versteck, das Tess und ich für ihn finden könnten.« Er zeigte hinaus auf den See, auf das kleiner werdende Boot. »Anscheinend denkt er das noch immer.«
    Konstantin wandte sich an Gillian. »Schwimmen wir?«
    »Mit den Schwertern?«, fragte Karisma zweifelnd.
    Gillian sah aus, als versuchte er, Cristóbal allein durch den Hass in seinem Blick aufzuhalten. Er sah keinen an, blickte nur dem Boot hinterher. »Haben wir denn eine andere Wahl?«
    »Es ist ziemlich weit«, stellte Gian fest. »Du bleibst besser hier«, sagte sein Vater.
    Gian schüttelte niedergeschlagen den Kopf. »Es ist allein meine Schuld. Ich kann Tess jetzt nicht bei ihm lassen. Nicht nach dem, was mit Mutter –«
    Konstantin machte einen raschen Schritt auf ihn zu. »Was ist mit Aura passiert?«
    Gian spürte, wie ihm abermals Tränen in die Augen stiegen, und diesmal ließ er sie einfach laufen, während er sprach.
    Das Boot schlug hart gegen den Landungssteg. Cristóbal machte sich nicht die Mühe, es an einem der Pfähle zu vertäuen. Mit der Pistole im Anschlag bedeutete er Tess, als Erste an Land zu gehen. Sie folgte seinem Befehl, und wartete, bis auch er festen Boden unter den Füßen hatte. Noch einmal schaute sie zurück zur Insel, doch die Entfernung war zu groß, als dass sie die anderen hätte erkennen können. Sie vermutete, dass sie ihr irgendwie folgen würden – vor allem Gian würde sie nicht einfach aufgeben, jetzt nicht mehr, das wusste sie mit aller Bestimmtheit –, aber Tess hatte keine Vorstellung, wie ihnen das gelingen sollte. Sie würden so oder so zu spät kommen. Cristóbals Vorsprung war zu groß.
    Am Anfang des Steges lagen zwei Leichen, Assassinen, und Cristóbal blieb verwundert stehen. Einen der Toten hatte man auf den Rücken gerollt, sein schwarzes Hemd war nach oben geschoben. Auf seiner Brust klebte geronnenes Blut.
    Cristóbal flüsterte etwas, das ein spanischer Fluch sein mochte, dann packte er Tess erneut und setzte die Pistole an ihren Kopf.
    »Gian hat mir erzählt, Sie wären ein Tempelritter«, sagte sie verächtlich. »Ich dachte immer, die Ordensmitglieder unterlägen einem Ehrenkodex. Aber selbst Nestor hatte mehr Anstand als Sie.«
    Der Graf stieß ein verbittertes Lachen aus. »Zum Beispiel, als er die Katharer getötet und den Gral geraubt hat?«
    »Er hat ihn nicht geraubt. Wir haben’s Ihnen doch erklärt: Er hat ihn zerstört. Und wahrscheinlich hat er genau gewusst, warum.«
    »Du glaubst wirklich, dass ich euch das abnehme?« Er drückte die Waffe fester gegen die weiche Haut über ihrer Schläfe.
    »Ihr habt mich auf die Insel gelockt. Aber noch einmal legt ihr mich nicht rein.«
    »Was Gian gesagt hat, war die Wahrheit.«
    »Wir werden sehen.«
    Er stieß sie an den beiden Leichen vorüber und schob sie in Rich-tung Haus.
    »Was haben sie vor?«, fragte sie verbissen.
    »Du weißt, wo der Gral ist. Ihr wisst es beide. Aber einer von euch reicht, um mich dorthin zu führen.«
    »Aber ich hab Ihnen doch gesagt, dass –«
    Er versetzte ihr einen Schlag ins Kreuz, der sie nach vorne geschleudert hätte, wenn er sie nicht immer noch wie einen lebenden Schutzschild an sich gepresst hätte. Einige Herzschläge lang brachte sie vor Schmerz keinen Ton heraus und musste mit sich ringen, um nicht in Tränen auszubrechen. Doch diesen Triumph gönnte sie ihm nicht. Er mochte ihr drohen und mit ihr tun, was er wollte, aber er würde sie nicht mehr zum Weinen bringen.
    Die Sonne war hinter den Bergen verschwunden. Im Osten hatte sich der Himmel bereits dunkel gefärbt. Fledermäuse jagten einander wie schwarze Sternschnuppen um die Türme des Anwesens. Nirgends waren Assassinen zu sehen, und sie spürte, wie unruhig Cristóbal war. Täuschte sie sich, oder zitterte seine Hand mit der Pistole?
    Sie näherten sich dem hinteren Tor des Gebäudes, als aus den Schatten eine Gestalt trat. In ihrer Hand lag ein Krummschwert.
    Aura blieb stehen, rammte die Klinge in den Boden und stützte sich mit gestreckten Armen auf den Schwertknauf. Ihr Haar schimmerte feucht, und ihr Kleid klebte nass an ihrem Körper. In ihren Augen spiegelte sich das Abendrot, zwei winzige Glutpunkte, die Cristóbal entgegenfunkelten.
    »Philippe«,

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