Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)
tapfere und edle spanische Ritter vor dir, welche, wie Löwen fechtend, im Kampf gefangen wurden; sie sind von hoher Geburt, und können ein großes Lösegeld einbringen.« – »Genug!« sagte der König, »ich werde ihr Leben schonen, aber ihre Kühnheit bestrafen; – setzt sie in den rothen Thurm, und gebt ihnen schwere Arbeit.«
Mahomed machte einen seiner gewöhnlichen linkischen Streiche. In dem Tumult und der Erregung dieses stürmischen Auftritts waren die Schleier der drei Prinzessinnen zurückgefallen, und der Glanz ihrer Schönheit enthüllt worden; und durch die Verlängerung der Verhandlung hatte diese Schönheit Zeit gewonnen, ihre volle Wirkung zu thun. In jener Zeit verliebten sich die Leute viel schneller als jetzt, wie die alten Geschichten darthun; man darf sich daher nicht wundern, daß die Herzen der drei Ritter vollkommen gefesselt wurden, besonders da sich die Dankbarkeit zu ihrer Bewunderung gesellte; es ist jedoch etwas wunderbar, obschon darum nicht minder gewiß, daß jeder von ihnen in eine andere Schönheit verliebt war. Was die Prinzessinnen betrifft, so waren sie mehr denn je über die edle Haltung der Gefangenen erstaunt, und pflegten in ihren Herzen alles liebevoll, was sie von ihrer Tapferkeit und edlem Geblüt gehört hatten.
Die Reiter setzten ihren Weg fort; die drei Prinzessinnen ritten nachdenklich auf ihren klingelnden Zeltern entlang, und warfen zuweilen einen verstohlenen Blick zurück nach den christlichen Gefangenen, und die letztern wurden in ihr angewiesenes Gefängniß im rothen Thurm gebracht.
Die für die Prinzessinnen eingerichtete Wohnung war eine der zierlichsten, die man sich denken kann. Sie war in einem Thurm, etwas abgesondert von dem Hauptpalaste der Alhambra, obgleich durch die Hauptmauer, welche den ganzen Gipfel des Hügels umgab, mit ihm verbunden. Auf der einen Seite überschaute man hier das Innere der Veste, und blickte an dem Fuße des Thurms auf einen kleinen mit den seltensten Blumen geschmückten Garten. Auf der andern Seite hatte man die Aussicht auf eine tiefe belaubte Schlucht, welche das Gebiet der Alhambra von dem des Generalife trennte. Das Innere des Thurms war in kleine feenhafte Gemächer getheilt, welche schön in dem leichten arabischen Style ausgeschmückt waren, und einen hohen Saal umgaben, dessen gewölbte Decke fast bis zum Gipfel des Thurms emporstieg. Die Wände und das Getäfel des Saals waren mit Arabesken und erhabener Arbeit, von Gold und glänzenden Farben funkelnd, geziert. In der Mitte des Marmorbodens war ein Alabasterbrunnen, der ringsum mit aromatischem Gesträuch und Blumen besetzt war, und einen Wasserstrahl emporsandte, welcher das ganze Gebäude kühlte, und einen lieblich sanften Ton verbreitete. Um den Saal hingen Käfige von Gold und Silberdraht, in welchen Singvögel von dem schönsten Gefieder so wie der süßesten Stimme waren.
Da die Prinzessinnen als stets fröhlich geschildert worden waren, so lange sie das Schloß Salobrenna bewohnten, so erwartete der König, sie entzückt von der Alhambra zu sehen. Zu seiner Verwunderung aber fingen sie an, sich zu grämen, und melancholisch und unzufrieden mit allem um sie her zu werden. Die Blumen gaben ihnen keinen Duft, der Gesang der Nachtigal störte ihre Nachtruhe, und der Alabasterbrunnen mit seinem ewigen Getropf und Geplätscher, von Morgen bis zur Nacht und von der Nacht bis zum Morgen, brachte sie um alle Geduld.
Der König, der etwas mürrischer und tyrannischer Natur war, nahm dies anfangs sehr ungnädig auf; allein er bedachte, daß seine Töchter ein Alter erreicht hätten, wo der weibliche Geist sich ausdehnt, und seine Wünsche sich vermehren. »Sie sind keine Kinder mehr,« sagte er zu sich selbst: »sie sind Jungfrauen geworden, und verlangen passende Gegenstände, welche sie anziehen.« Er ließ demnach alle Schneider, alle Juweliere, alle Gold-und Silberarbeiter in dem ganzen Zacatin von Granada in Anspruch nehmen, und die Prinzessinnen wurden mit Kleidern von Seide und Goldstoff und Brokat, und Kasimir-Shawls und Halsbändern von Perlen und Diamanten, und Ringen und Spangen und Armbändern und allen Arten von kostbaren Dingen überschüttet.
Allein es half alles nichts; die Prinzessinnen blieben blaß und schmachtend inmitten ihres Putzes, und sahen aus, wie drei verdorrende Rosenknospen, die an einem Stengel schmachten. Der König wußte nicht, was er thun sollte. Er hatte im Allgemeinen ein lobenswerthes Vertrauen in sein eigenes Urtheil, und
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