Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)
Mahomed seine Töchter gesehen hatte, und er konnte seinen Augen kaum trauen, als er die wunderbare Veränderung gewahrte, welche dieser kurze Zeitraum in ihrem Aeußern hervorgebracht hatte. Sie hatte in diesem Zwischenraume die wundervolle Grenze im weiblichen Leben überschritten, welche das wilde, ungezähmte und gedankenlose Mädchen von dem blühenden, erröthenden, nachdenkenden Weibe trennt. Es ist, wie wenn man aus den flachen, schaalen, langweiligen Ebenen der Mancha in die üppigen Thäler und schwellenden Hügel Andalusiens übergeht.
Zayda war groß und schön gebildet, und hatte eine stolze Haltung und ein durchdringendes Auge. Sie trat mit gemessenem und entschiedenem Schritte ein, und machte Mahomed eine tiefe Verbeugung, ihn mehr als ihren Fürst, denn als ihren Vater behandelnd. Zorayda war von mittlerem Wuchse mit einem bezaubernden Blick und leichter Haltung, und einer glänzenden Schönheit, welche durch den Beistand des Putztisches noch erhöht wurde. Mit einem Lächeln näherte sie sich ihrem Vater, küßte ihm die Hand, und grüßte ihn mit mehreren Strophen aus einem beliebten arabischen Dichter, was dem König große Freude machte. Zorahayda war scheu und schüchtern, kleiner als ihre Schwestern, und besaß eine Schönheit jener zarten, bittenden Art, die Liebe und Schutz sucht. Sie war wenig geeignet zu befehlen, wie ihre ältere Schwester, oder zu blenden, wie die zweite; sie war eher geschaffen, sich an die Brust männlicher Liebe zu schmiegen, sich darin festzusetzen, und glücklich zu werden. Mit schüchternem und fast wankendem Schritt trat sie an ihren Vater heran, und würde seine Hand gefaßt haben, um sie zu küssen, wenn sie nicht in sein Antlitz emporgesehen hätte; da sie bemerkte, daß ein väterliches Lächeln darauf glänzte, machte sich die Zärtlichkeit ihres Wesens Luft, und sie warf sich an seine Brust.
Mahomed der Linkische sah auf seine Töchter mit einem Gemisch von Stolz und Verlegenheit; denn während er über ihre Reize entzückt war, gedachte er der Prophezeihung der Astrologen. »Drei Töchter! drei Töchter!« murmelte er wiederholt für sich: »und alle in mannbarem Alter! das sind verführerische Hesperiden-Früchte, welche die Wache eines Drachen fordern.«
Er schickte sich zur Rückkehr nach Granada an, und wandte Herolde vor sich her, mit dem Befehl, niemand auf dem Weg, welchen er nehme, weilen, und bei dem Herannahen der Prinzessinnen alle Thüren und Fenster schließen zu lassen. Als dieß bestellt, brach er unter dem Geleite einer Schaar schwarzer Reiter von scheußlichem Anblick, und in glänzende Rüstungen gehüllt, auf.
Die Prinzessinnen ritten, sorgfältig verschleiert auf weißen Zeltern mit sammtnen Schabraken, welche mit Gold besetzt waren und auf dem Boden schleiften, neben dem König; die Gebisse und Steigbügel waren von Gold, und die seidnen Zügel mit Perlen und Edelsteinen geschmückt. Die Zelter waren mit kleinen Silberglocken behängt, welche, während sie zierlich dahinschritten, das harmonischeste Klingeln hören ließen. Wehe aber dem unglücklichen Wichte, welcher auf dem Weg zauderte, wenn er das Klingeln dieser Glöckchen hörte! – Die Wachen hatten Befehl, ihn ohne Gnade niederzuhauen.
Der Reiterzug näherte sich Granada, als er an den Ufern des Flusses Xenil eine kleine Schaar mauerischer Soldaten, welche Gefangene führten, einholte. Es war für die Soldaten zu spät, aus dem Wege zu gehen; sie warfen sich daher mit ihren Gesichtern auf die Erde, und befahlen ihren Gefangenen, ein Gleiches zu thun. Unter den Gefangenen waren dieselben drei Ritter, welche die Prinzessinnen vom Pavillon aus gesehen hatten. Sie hatten den Befehl entweder nicht verstanden, oder waren zu stolz, um ihm zu gehorchen, und blieben stehen, und betrachteten den Reiterzug, der sich näherte.
Der Zorn des Monarchen entbrannte bei diesem auffallenden Trotz gegen seine Befehle. Er zog seinen Säbel, sprengte vorwärts, und war im Begriff, einen linkhändigen Streich zu führen, der wenigstens einem der Schauenden tödtlich werden konnte, als die Prinzessinnen sich um ihn drängten, und um Gnade für die Gefangenen baten; selbst die furchtsame Zorahayda vergaß ihre Scheue, und wurde beredt zu ihren Gunsten. Aufgehobenen Säbels hielt Mahomed ein, als der Führer der Wachen sich ihm zu Füssen warf. »Deine Majestät,« sagte er, »lasse sich zu keiner That verleiten, welche in dem ganzen Königreich große Aergerniß erregen könnte. Du siehst drei
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