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Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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nahm nie Rath an. Die Launen und Einfälle drei mannbarer Töchter aber reichten hin, sagte er, den schlauesten Kopf zu verwirren. So nahm er zum ersten Mal in seinem Leben Rath zu Hülfe.
    Die Person, an welche er sich wandte, war die erfahrne Duenna.
    »Kadiga,« sagte der König, »ich weiß, du bist eine der klügsten Frauen der Welt, so wie eine der treuesten; aus diesen Gründen habe ich dich immer um meine Töchter gelassen. Väter können nicht zu genau zusehen, wem sie ein solches Vertrauen schenken; ich wünschte jetzt, daß du die geheime Krankheit ausfindig machtest, welche an den Prinzessinnen zehrt, und daß du auf Mittel sinnst, sie der Gesundheit und Freude zurückzugeben.«
    Kadiga versprach unbedingten Gehorsam. In der That wußte sie mehr von der Krankheit der Prinzessinnen, als diese selbst. Sie schloß sich jedoch mit ihnen ein, und bemühte sich, in ihr Vertrauen sich einzuschmeicheln.
    »Meine liebe Kinder,« sagte sie: »warum seyd ihr so betrübt und niedergeschlagen, an einem so schönen Orte, wo ihr alles habt, was das Herz wünschen kann?«
    Die Prinzessinnen schauten gedankenlos im Zimmer umher und seufzten.
    »Was wollt ihr denn mehr haben? Soll ich euch den wundervollen Papagei verschaffen, der alle Sprachen spricht und das Vergnügen von Granada ist?«
    »Abscheulich!« rief Prinzessin Zayda: »ein häßlicher, kreischender Vogel, der Worte ohne Gedanken schnattert; man müßte hirnlos seyn, solch eine Pest zu ertragen.«
    »Soll ich nach einem Affen vom Felsen Gibraltars schicken, um euch durch seine Schwänke zu zerstreuen?«
    »Ein Affe, pfui!« rief Zorayda: »der abscheuliche Nachahmer des Menschen. Ich hasse das widerliche Thier.«
    »Was sagt ihr zu dem berühmten schwarzen Sänger Casem, aus dem königlichen Harem von Marocco? Er soll eine Stimme haben, so schön, wie die eines Weibes.«
    »Mich erschreckt der Anblick dieser schwarzen Sclaven,« sagte die zarte Zorahayda. »überdies habe ich alle Freude an der Musik verloren.«
    »Ach, mein Kind, ihr würdet nicht so sprechen,« sagte die alte Frau listig, »wenn ihr die Musik hörtet, die ich die letzte Nacht von den drei spanischen Rittern, denen wir auf unserer Reise begegneten, gehört hättet. Aber Himmel, Kinder, was gibt es denn, daß ihr so erröthet und in solche Glut gerathet?«
    »Nichts, nichts, gute Mutter; bitte, fahre fort.«
    »Gut; als ich gestern Abend an dem rothen Thurm vorbei kam, sah ich die drei Ritter, die nach ihrer Tagesarbeit ausruhten. Der eine spielte auf der Guitarre – so schön! und die andern sangen abwechselnd, und zwar so, daß selbst die Wachen wie Statüen oder bezauberte Männer aussahen. Allah verzeihe mir. Ich konnte nicht umhin, mich gerührt zu fühlen, als ich die Lieder meines Heimathlandes hörte. Und dann – drei so edle und schöne Jünglinge in Ketten und Sclaverei zu sehen!«
    Hier konnte die gutmüthige alte Frau sich der Thränen nicht erwehren.
    »Vielleicht könntest du es einrichten, Mutter, daß wir diese drei Ritter sehen,« sagte Zayda.
    »Ich glaube,« sagte Zorayda, »ein wenig Musik könnte uns ziemlich erheitern.«
    Die schüchterne Zorahayda sagte nichts, aber sie schlang ihren Arm um Kadiga’s Hals.
    »Allah sey mit mir!« rief die kluge alte Frau: »was sagt ihr da, meine Kinder? Euer Vater ließ uns alle umbringen, wenn er so etwas hörte. Gewiß, diese Ritter sind sichtlich wohlerzogene und hochherzige Jünglinge; allein was hilft es? sie sind die Feinde unseres Glaubens und ihr dürft nicht einmal ohne Abscheu an sie denken.«
    Es ist eine bewundernswürdige Kühnheit in der weiblichen Willenskraft, besonders wenn sie mannbaren Alters sind, welche weder durch Gefahr noch durch Verbote eingeschüchtert wird. Die Prinzessinnen umringten ihre alte Duenna, und liebkoseten sie und baten und schworen, eine abschlägige Antwort würde ihre Herzen brechen.
    Was konnte sie thun? Sie war ohne Frage die klügste alte Frau in der ganzen Welt und eine der treuesten Dienerinnen des Königs; aber konnte sie die Herzen von drei schönen Prinzessinnen brechen sehen, wegen des bloßen Geklimpers einer Guitarre? Ueberdies war sie, obgleich sie nun so lange unter den Mauren war und nach dem Beispiel ihrer Gebieterin als treue Geleiterin ihren Glauben geändert hatte, eine geborene Spanierin und trug die Sehnsucht nach dem Christenthum in ihrem Herzen. So sah sie sich um, wie die Wünsche der Prinzessinnen zu befriedigen wären.
    Die christlichen Gefangenen, die in dem rothen

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