Die alte Villa (German Edition)
schäbigste von allen Häusern des Viertels und hatte vermutlich schon seit Hunderten von Jahren keinen neuen Anstrich oder irgendeine andere Art der Zuwendung mehr erhalten.
Die alten Balken, welche das Fachwerk zusammenhielten, waren grau verwittert und zum Teil gebrochen. Dazwischen bröckelte überall die Füllung aus Lehm und Stroh heraus, so dass man befürchten musste, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis das ganze Gebäude in sich zusammen stürzte.
„Hübsch hässlich“, grinste Rebecca.
„Schau nicht nach oben, Rebecca! Weiter unten..“ Verwirrt wanderte ihr Blick nun an dem Gebäude entlang bis zu dessen Sockel.
Augenblicklich erstarrte sie.
Das durfte doch nicht wahr sein? Sie ging ganz nah heran an den Bruchsteinsockel, der, im Gegensatz zu dem Rest des Hauses, noch ganz gut erhalten war.
„Das ist ja unglaublich, Hannelore! Wann hast du es entdeckt?“
„Ich kenne diese Inschriften schon lange, weil wir hier als Kinder immer entlang gelaufen sind. Es war so eine Art Mutprobe gewesen, durch diese Straße zu gehen.“
„Wenn ich nur wüsste, was dort steht!“, flüsterte Rebecca resigniert, doch dann bekam ihr Gesicht plötzlich einen Ausdruck, als wäre ihr soeben eine äußerst brillante Idee gekommen.
„Aber ich weiß, wer da helfen kann. Es ist ein Cousin von mir. Er hat es geschafft, Teile einer uralten Geheimschrift zu entschlüsseln.“
„Was? Du hast einen Cousin? Und noch dazu ein Genie? Den musst du mir aber unbedingt vorstellen!“
Rebecca lächelte in sich hinein. „Ja, ja, das mache ich, sobald er aus dem Krankenhaus entlassen wurde.“
Rebecca brannte darauf, so schnell wie möglich in das Haus neben Tamara einzuziehen. Aber natürlich würde es noch eine Weile dauern, bis das uralte Haus komplett renoviert sein würde. Es war schon so viele Jahre unbewohnt und befand sich in einem erbärmlichen Zustand. Auch wollten sie noch einen kleinen Anbau machen lassen. Das war die Bedingung von Rebeccas Mutter gewesen, dort überhaupt zu wohnen, dass nämlich zusätzlich auch noch die gesamte Familie Krause dort einziehen könnte.
Hierzu sollte an einer Seite ein etwa 6 Meter breiter Anbau, natürlich im gleichen Stil, in dem das Haus gebaut wurde, dienen.
Krauses waren auch sofort einverstanden und freuten sich ebenfalls sehr.
Der Garten ihres neuen Zuhauses war einfach ein Traum. Er war ebenso groß wie der von Tamara und würde sicher ein kleines Paradies werden. Ihre Mutter und sogar ihr Vater hatten Freude am Gärtnern und so würden sie zu dritt sicher schon bald ein Schmuckstück daraus gemacht haben.
Schon jetzt wimmelte es hier von Vögeln, die in dem undurchdringlichen Gestrüpp ein Zuhause gefunden hatten und Rebecca lauschte glücklich deren Gesang.
„Hallo Nachbarin“, rief da eine bekannte Stimme und Rebecca sah eine kleine grauhaarige Gestalt jenseits des Zauns winken.
Schnell lief sie hinüber zu Tamara. Diese hatte wieder Besuch von Professor Hensel.
Der Professor reichte Rebecca die Hand. Ein wenig argwöhnisch betrachtete der Professor das junge Mädchen. „Schöne Haare haben Sie, mein Kind“, sagte er dann und schaute lächelnd zuerst auf Rebecca, dann zu Tamara.
Rebecca fiel es in diesem Moment siedend heiß ein, dass sie sich noch nicht bei dem Professor bedankt hatte. Schließlich hatten sie es ja seiner Arbeit zu verdanken, dass sie den alten Familienbesitz zurück erhalten haben.
„Professor...ähm, entschuldigen Sie bitte, dass ich mich noch gar nicht bei Ihnen gemeldet habe..“
„Ach lass’ mal Kind, das war doch ein großes Vergnügen für mich, so rückwirkend noch für ein wenig Gerechtigkeit gesorgt zu haben.“
Rebecca war erleichtert.
Der Professor schüttelte nachdenklich den Kopf.
„Was mir nur nicht aus dem Kopf will ist die Frage, warum Dr. Kelbel all diese Papiere auf den Schreibtisch gelegt hatte, bevor er sich dann erhängt hat... Ts..ts.. wo er doch so eine Wut auf eure ganze Sippschaft hatte.”
Ja, das wusste Rebecca auch nicht und sie hatte selber schon darüber nachgegrübelt.
„Aber so was soll’s ja geben“, sagte der Professor dann und kicherte in sich hinein. „Freiwillig hat er das sicher nicht getan.“
Rebecca sah schnell zu Tamara hinüber und diese zwinkerte ihr zu.
Rebecca hatte plötzlich einen Verdacht. Nein, das konnte nicht sein. Unmöglich!
Als Professor Hensel gegangen war, nicht, ohne weitere zweideutige Andeutungen darüber zu machen, dass er es hier allem Anschein
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