Die alte Villa (German Edition)
welche den Hof umgab.
Es war Herbst geworden und sie war jetzt schon über ein Jahr auf dem Bauernhof, und hatte hier zwei herrliche Sommer erlebt.
Am Abend sollte anlässlich ihres Geburtstages ein kleines Fest stattfinden. Nur wenige gute Freunde aus der Nachbarschaft waren eingeladen und Greta trug an diesem Abend ein festliches lan ges Kleid aus dunkelgrünem Samt. Unter dem schimmernden Samt wölbte sich der weiche Stoff ganz leicht, aber unübersehbar über ihren Brüsten und ließ erkennen, dass sie begann, körperlich zu einer Frau zu reifen.
Auf ihren Wangen leuchtete ein zartes Rosa. Die langen blonden Locken trug sie offen. Der alte Bauer betrachtete sie stolz.
„Meine Gretel, meine Tochter“, sagte er ein ums andere mal.
Jeremy nahm sie in den Arm und dann hob er sie so lange hoch, bis sie zu schreien anfing: „Lass mich runter, mein Kleid zerreist.“
„Ach Jeremy, lass sie h’nunter“, schaltete sich seine Mutter lachend ein, die mit einer Schürze bekleidet aus der Küche kam.
Soweit war alles vorbereitet. Greta hatte den ganzen Tag mitgeholfen beim Zubereiten der Speisen. Es gab frische Weißwürste, einen Schweinebraten, gedünstetes Kraut, Speckknödel und zum Nachtisch frisches Apfelmus. Ein einfaches Mahl, aber durchaus üblich auf dem Lande.
Die Obermayrs kamen als erste. Sie hatten ebenfalls einen Bauernhof am anderen Ende des Dorfes und Greta hatte sie erst ein oder zweimal gesehen. An diesem Abend brachten sie außerdem ihre Tochter mit, die Greta noch nicht kannte. Greta mochte sie vom ersten Augenblick an nicht.
Die junge Frau war um die 20 Jahre alt, groß und schlank. Sie war weder hässlich noch hübsch, ihr Gesicht hatte in Gretas Augen überhaupt keinen Ausdruck. Die blonden Haare trug sie zu einem festen Knoten aufgesteckt. Ihre Eltern behandelten sie wie eine Prinzessin, wogegen sie eher unfreundlich und ruppig mit ihnen umging.
Greta erfuhr später, dass auch die Obermayrs einen Sohn im Krieg verloren hatten.
Sicher sind sie sehr froh, noch ihre Tochter zu haben , dachte Greta.
Das Kleid, welches Cornelia Obermayr trug, war schlicht und dessen Farbe eine Mischung aus beige und grau. Cornelia wirkte darin wie eine graue Maus.
Als dann endlich auch die Schultes aus dem Nachbardorf eingetroffen waren, setzte man sich an den großen Tisch in der Wohnstube der Schwabigs und Frau Schwabig trug gemeinsam mit Greta die Speisen auf.
Cornelia schaute sie spöttisch an, wie sie mit ihrem engen Kleid hantierte. Anscheinend dachte sie aber gar nicht daran, ihre Hilfe anzubieten. Stattdessen stand Jeremy auf und holte eine Flasche Wein aus der Küche.
Sie trafen sich in der Diele und er flüsterte ihr zu:
„Du siehst bezaubernd aus, Schwesterchen.“
Sie lächelte ihn dankbar an.
Bevor man mit dem Essen begann, hob Karl Schwabig sein Glas und wartete, dass die anderen es ihm gleich täten. Dann schaute er zu Greta hinüber, welche sofort ein wenig rot wurde.
„Ich möchte auf das Wohl meiner Tochter Greta trinken. Möge Gott sie uns noch lange in guter Gesundheit erhalten.“
Greta blickte verlegen zu Boden, dann schaute sie kurz hoch und lächelte. Sie sah, wie alle ihr fröhlich zulachten. Alle, außer Cornelia, die sie mit ihrem eisigen Blick zu durchbohren schien.
Es sollte ein langer Abend werden.
Der alte Obermayr wurde immer gesprächiger, je mehr er getrunken hatte. Nach der ersten Flasche Wein ging man zu kräftigem Weißbier über und die versammelten Männer langten ordentlich zu. Greta und ihre Adoptivmutter waren anscheinend die einzigen, die anstatt Bier, Apfelmost tranken. Zusammen mit der Mutter, die sie Liesel nennen durfte, hatte Greta schon seit Wochen Körbe weise Äpfel geerntet und anschließend zu allerlei Dingen, wie Mus oder eben zu dem leckeren Most, den sie heute Abend tranken, verarbeitet. Greta liebte diese Arbeiten sehr.
Sie alle hatten einen wundervollen Sommer verlebt und Greta hatte richtig Farbe bekommen, was ja auch kein Wunder war, wo sie doch am liebsten draußen im Freien arbeitete. Alle Arbeiten auf dem Hof machte sie mit großer Freude. Selbst wenn es ums Ausmisten der Ställe ging, half sie voller Begeisterung mit.
Am meisten liebte sie es, mit Jeremy gemeinsam zu arbeiten, dann beschlich sie ein wirklich seliges Gefühl. Die Worte von Schwester Gabriela waren längst vergessen… Außer Franz gab es hier weit und breit keinen anderen Knecht.
Der Abend wurde länger und länger und Greta merkte, wie sie zunehmend müder
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