Die alte Villa (German Edition)
die Nase, der ihr verriet, dass Jeremy bereits vor dem gemeinsamen Abendessen einiges getrunken haben musste.
Cornelia sah heute so fahl aus, dass man Angst haben musste, sie könnte augenblicklich ohnmächtig zusammenbrechen. Alles Blut schien aus ihrem Gesicht gewichen zu sein und sie setzte dazu auch noch eine ausgesprochene Leidensmiene auf, was ihr schlechtes Aussehen noch unterstrich. Über ihrem schweren Kleid aus dickem braunen Samt trug sie einen kostbar aussehenden Mantel mit einem dicken Pelzkragen, den ihr die kleine Frau Schwabig eilig abnahm. Nur mit großer Anstrengung, so schien es, mühte sie sich ein Lächeln für Jeremy ab.
Als alle am Tisch saßen, war Alois Obermayer ganz wild darauf, eine kleine Begrüßungsrede zu halten und er erhob sich feierlich. Nach Worten suchend begann er:
„Mein lieber Karl, meine liebe Liesel, - lieber Jeremy und - liebe Cornelia.“
Seine eigene Frau und Greta schien er übersehen zu haben.
„Ich freue mich ja so, dass wir nun bald eine große Familie sind - und wir wieder einen lieben Sohn haben werden“. Er schaute Jeremy dabei mit gläsernem Blick an und Greta wurde es schwarz vor Augen.
Warum nur, warum?, hämmerte es immer und immer wieder in ihrem Kopf.
Den restlichen Abend erlebte sie wie in einem dichten Nebel, der ihr die Luft zum Atmen nehmen wollte. Das Essen, das sie kaum anrührte, dann die Christmette in der hoffnungslos überfüllten Kirche, das alles wurde für sie zu einem niemals enden wollenden Alptraum.
~
Ein langer trostloser Winter zog ins Land. Die Hochzeit sollte im März stattfinden. Jeremy schien sich mehr und mehr zu normalisieren und mit seinem Schicksal abzufinden.
Für Greta war es klar, dass Jeremy Cornelia nicht liebte, aber sie verstand nicht, warum er sie dann trotzdem heiratete.
Greta flüchtete sich währenddessen in ihre Arbeit auf dem Hof. Auf diese Weise konnte sie ihre Traurigkeit am ehesten vergessen oder vielmehr ein wenig betäuben. Abends fiel sie dann meist wie tot in ihr Bett und schlief sofort ein.
Nach der Hochzeit, die noch bei hohem Schnee stattfand, zog Cornelia auf den Hof.
Im Dorf gab es derweil reichlich Getuschel unter den konservativen Einheimischen, da sich unter dem Kleid der Braut ein nicht zu übersehendes Bäuchlein abgezeichnet hatte.
Im Juni dann kam die kleine Renate auf die Welt. Cornelia hatte schon während ihrer Schwangerschaft alle auf Trab gehalten mit ihrem ständigen Missmut und ihren unzähligen kleinen, meist bedeutungslosen Beschwerden. Beinahe jeden Tag kam ihre Mutter auf den Hof und kümmerte sich um die Tochter, doch diese fand niemals ein Wort des Dankes, sondern behandelte ihre Mutter vielmehr wie eine gewöhnliche Magd.
Greta fand das Baby sehr süß, obwohl es blass und dünn, und somit ein Ebenbild seiner Mutter war. Doch durfte sie es in Anwesenheit von Cornelia niemals auf den Arm nehmen.
„Wage es nicht, das Renaterl auch nur anzurühren!“, hatte ihr Cornelia unmissverständlich nur wenige Tage nach der Geburt der Kleinen gesagt und Greta hielt sich daran, wenigstens dann, wenn die übellaunige Mutter im Hause war.
Manchmal fragte sich Greta, warum sie überhaupt noch bei den Schwabigs wohnte. Sie kam sich immer mehr wie eine Fremde in ihrer Adoptivfamilie vor und sie spürte, dass auch die Eltern nicht mehr die gleichen waren , die sie zuvor gewesen sind.
Alles schien sich nur noch um Cornelia zu drehen. Mit ihrer permanenten schlechten Laune führte sie ein eisernes Regiment und verhinderte, dass irgendjemand auf dem Hof sich wohl fühlen konnte. Wie ein blutrünstiger Vampir schien sie das Glück und jede noch so kleine Freude aus den Menschen in ihrer Umgebung heraus zu saugen.
Durch die Vergrößerung des Hofes und wohl auch wegen der Arroganz Cornelias wurde es nötig, eine ganze Reihe neuer Mägde und Knechte einzustellen.
Einige von ihnen waren ganz in Ordnung, aber es gab auch welche, die Greta nicht ausstehen konnte.
Die Worte von Schwester Gabriela kamen ihr wieder in den Sinn und sie ging den Knechten daher so gut es ging aus dem Weg.
Zwar arbeitete sie mindestens so viel wie die Angestellten des Hofes, aber diese sahen in ihr weder eine ihresgleichen, noch jemand, der ihnen etwas sagen durfte, denn da war ja Cornelia, die sich hier als Herrin aufführte und die, das war für niemanden zu übersehen, am liebsten Greta herumschubste und sie fast noch übler behandelte wie jede Magd.
So wurde sie von den Angestellten
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