Die alte Villa (German Edition)
auf dem Hof meistens argwöhnisch beobachtet, wenn sie die Kühe molk oder ihr Pferd striegelte. Die alte Bäuerin sagte ihr ständig, dass sie nicht so viel im Stall arbeiten und stattdessen lieber mehr für die Schule tun solle, denn hinkte sie da immer ein wenig hinter den anderen aus der Klasse her. Ihre Noten waren alles andere als gut, aber zum Lernen hatte sie einfach keine Lust. Sie wollte doch Bäuerin werden. Wozu sollte sie da so viel lernen?
Die kleine Renate wuchs zu einem zierlichen Mädchen heran. Ihre Mutter verhätschelte sie, wo immer sie konnte, was Greta ärgerte, aber sie hätte nie gewagt, etwas dagegen zu sagen. Jeremy schien kein besonders begeisterter Vater zu sein. Manchmal kam er in den Stall, wenn Greta ihr Pferd striegelte oder den Stall ausmistete. Dann unterhielten sie sich ein wenig. Greta hatte sich damit abgefunden, dass Jeremy meistens stark nach Alkohol roch, aber es machte ihr nicht sehr viel aus. In diesen gemeinsamen Momenten war wieder ein wenig von ihrer alten Vertrautheit da und somit waren es die schönsten in ihrem derzeitigen Leben. Dann schien es fast wieder so wie früher zu sein, bevor Cornelia in ihr Leben getreten ist.
Sie lachten und neckten sich ein wenig. Jeremy nahm sie auf den Arm, bis sie laut schrie und dabei wussten sie beide, dass sich doch alles geändert hatte und sie nur eine Art Spiel spielten. Das Spiel hieß ‚Schöne Vergangenheit’ und sie taten in diesen seltenen Momenten ganz ungeniert so, als ob sich überhaupt nichts geändert hatte. Ein gefährliches Spiel, denn es wurde, das wussten sie beide , nach den Regeln von Lüge und Ignoranz gespielt…Und das Groteske an diesem Spiel war, dass sie beide nicht gewusst hätten, wie sie ohne diese kurzen Momente der Harmonie, die sie miteinander erlebten, hätten überleben können.
An einem lauen Frühlingsabend - Greta war inzwischen 17 Jahre alt und zu einer richtigen Schönheit herangewachsen - , hörte sie, wie jemand den Stall betrat. Die meisten der angestellten Arbeitskräfte befanden sich noch im Osterurlaub, den sie meistens bei ihren Familien verbrachten.
Greta war gerade dabei ihr Pferd Sturmwind zu striegeln.
Jeremy , war ihr erster Gedanke, doch als sie die leisen Schritte im Gang des Pferdestalls hörte, wusste sie gleich, dass es nicht Jeremy sein konnte, da dieser für gewöhnlich mit kräftigen und energischen Schritten durch die Ställe ging und es nicht nötig hatte, hier heimlich herumzuschleichen.
Greta beschlich ein ungutes Gefühl.
Wer auf so leisen Sohlen hier hereinkommt, kann nichts G’scheites im Sinn haben .
Ängstlich schmiegte sie sich an ihr Pferd, das unruhig von einem Huf auf den anderen trat.
Dann, so plötzlich, dass Greta erschrocken zusammenfuhr, stell te sich eine Gestalt direkt vor dem Eingang von Sturmwinds Box auf und schaute sie mit einem seltsamen Blick an, eisig und für Greta befremdlich und verwirrend zugleich.
Es war Konstantin, der neue Knecht. Er hatte erst vor einigen Wochen hier auf dem Hof angefangen zu arbeiten und Greta hatte ihn nie groß beachtet.
Der große kräftige Mann tat einen Schritt in die Box von Sturmwind, der nervös schnaubte und Greta machte beinahe gleichzeitig einen Schritt zurück. Sie zitterte am ganzen Körper und presste ihren Rücken an die hintere Boxenwand. Bedrohlich kam der Knecht einen weiteren Schritt auf sie zu. Seine Augen funkelten und seine Haare schimmerten rötlich im schräg hereinfallenden Licht der Sonne. Der etwa 40-jährige Mann packte sie so schnell am Arm, dass Greta keine Möglichkeit mehr hatte, zu reagieren. Als sie schreien wollte, presste er seine schmutzige und übel riechende Hand auf ihren Mund. Dann zerrte er sie aus der Box und warf sie auf einen Heuhaufen auf der anderen Seite des Ganges.
„Wenn du schreist, schlag ich dich tot“, sagte er und riss dabei mit einem Ruck am Bund ihrer Arbeitshosen, die sie immer bei der Arbeit im Stall trug. Wieder versuchte Greta zu schreien, und im nächsten Moment traf sie ein Schlag mit der Faust ins Gesicht, dass Greta für ein paar Sekunden die Besinnung verlor.
Schwester Gabriela , dachte sie entsetzt, als sie wieder zu sich kam. Sie hatte doch Recht gehabt!!
Erst nach einer Ewigkeit ließ er endlich von ihr ab und verließ eilig den Stall. Betäubt vor Schmerzen lag Greta auf dem Heu. Panik ergriff sie. Die Scham war beinahe größer als die entsetzlichen Schmerzen in ihrem geschundenen Leib. So gut es eben ging, kleidete sie
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