Die amerikanische Nacht
nach
Santa Barbara
, schon vergessen?«
»Stimmt. Sam ist übers Wochenende bei mir.«
Sie warf mir einen warnenden Blick zu –
Vermassle das bloß nicht!
–, nahm Sam an der Hand und betrat mit ihr den Aufzug. Ich hob eine Hand und winkte. Sam lächelte, als sich die Türen schlossen.
58
Der Nachmittag in The Peak, den Peg Martin beschrieben hatte, klang zu idyllisch, um wahr zu sein. Andererseits war sie damals erst siebzehn gewesen, bestimmt unsicher und leicht zu beeindrucken, also war es möglich, dass sich ihre Erinnerung gewisse künstlerische Freiheiten erlaubt hatte, ohne dass es ihr bewusst war. Angesichts der schrecklichen Themen, mit denen sich Cordova beschäftigte, schien es mir unwahrscheinlich, dass sein Heim und Arbeitsplatz ein so glückseliges Paradies sein sollte.
Wie eng hingen das Leben eines Künstlers und sein Werk zusammen?
Zu dieser Frage wurden Dissertationen geschrieben. Und doch, als Peg beschrieb, wie Ashley sie zum See hinabgeführt hatte, wo die
Trolle
lebten, war etwas unbestreitbar Ehrliches an dieser Geschichte, genauso, als sie Cordova als Chirurgen beschrieb, der Organe entnahm und die Schauspieler dem Tod überließ.
In jeder noch so ausgefeilten Lüge steckt ein Körnchen Wahrheit.
Ich schloss die Tür zu meiner Wohnung auf. Aus dem Wohnzimmer kam mir Musik entgegen. Ich warf meinen Mantel über einen Stuhl und ging ins Wohnzimmer, wo Nora zusammengerollt im Ledersessel saß, mit dem Wellensittich Septimus auf dem Knie. Hopper hing auf dem Sofa und sah sich Unterlagen an. Die drei Umkehrkerzen, die uns Cleo bei
Enchantments
gegeben hatte, brannten vor ihm auf dem Couchtisch neben einem Pizzakarton.
»Da bist du ja!«, rief Nora gutgelaunt.
»Lasst mich raten«, sagte ich. »Ihr habt beide eure Handys verloren, und ein Wirbelsturm hat alle Telefonleitungen der Ostküste zerstört.«
»Tut uns wirklich leid. Aber wir hatten einen guten Grund, uns nicht zu melden.« Sie sah Hopper vielsagend an und er lächelte, die beiden hatten irgendetwas Aufregendes mitzuteilen.
Er hielt mir die Unterlagen hin und ich nahm sie ihm ab. Es waren fünfzehn Seiten mit ungefähr zweitausend Namen. Viele waren Kommanditgesellschaften oder bizarre Decknamen wie
Marquis de Roche
.
»Das ist das Mitgliederverzeichnis von
Oubliette
«, sagte Nora aufgeregt.
»Das sehe ich. Wie seid ihr da rangekommen?«
»Das war nicht einfach«, sagte Hopper stolz. Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Der Laden hat sich in den Gaza-Streifen verwandelt, nachdem
du
abgehauen bist. Aber weil ich die Kellneruniform trug, hat keiner auf mich geachtet. Ich habe mit einem der Mädchen gesprochen, jedenfalls
glaube
ich, dass es ein Mädchen war. Sie hat mir erklärt, wo es runter zu den Büros ging. Ich hab ein leeres gefunden, mich an den Computer gesetzt und die Festplatte nach ›Mitglieder‹ durchsucht. Das hat mich zu ein paar Excel-Dateien gebracht, die ich mir per Webmail weitergeleitet habe. Dann hab ich den Verlauf gelöscht und bin abgehauen. Bloß hatten sie anscheinend die Überwachungsbilder geprüft und gesehen, wie
ich
dir den Arsch gerettet habe. Deshalb haben mich zwei Wachen bis auf das Nachbargrundstück gejagt. Ich musste in das Haus einbrechen, und habe von da aus Nora angerufen, damit sie mich abholt. Ich hab irgendwie versucht zu beschreiben, wo ich verdammt nochmal bin.«
»Das war eine Flucht wie im Krimi«, schaltete Nora sich ein. »Mit quietschenden Reifen. Ich hab mich gefühlt wie Thelma und Louise.«
»Ich dachte, du bist Bernstein«, sagte ich.
»Nora fuhr vor, mit ausgeschalteten Scheinwerfern«, erzählte Hopper weiter. »Ich bin aus einem Fenster geklettert, durch den Garten gerast, und dann haben wir gemacht, dass wir wegkamen.«
»Um wie viel Uhr war das?«
Nora sah Hopper fragend an. »Vier?«
»Ich habe bis neun in dem Diner gewartet. Was habt Ihr fünf Stunden lang gemacht?«
»Wir sind zurück zum
Oubliette
, weil ich es selbst sehen wollte«, platzte sie heraus. »Wir haben uns nebenan versteckt und gehofft, mit den Gästen sprechen zu können, wenn sie gingen. Wir wollten herausfinden, ob sie Ashley kannten, aber wir kamen nicht an sie heran. Sie sahen alle erschöpft aus und wurden von Bediensteten in teuren Autos und Limousinen abtransportiert. Ein Typ im Rollstuhl sah aus wie
tot
. Außerdem waren da zu viele Sicherheitsleute.«
»Und ihr habt nicht mal daran gedacht anzurufen? Ihr habt den Boss,
El Jefe
, auf dem Schlachtfeld zurückgelassen,
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