Die amerikanische Nacht
auf wenige Ausnahmen – meine alten Aufzeichnungen aus Crowthorpe Falls und Ionas Karte mit dem Aufdruck
Entertainment für Junggesellenabschiede
. Beides fanden wir unter dem Sofa, was darauf schließen ließ, dass sie zuerst den Raum demoliert und erst anschließend nach Informationen über Cordova gesucht hatten.
Ein weiterer Glücksfall war, dass sie Ashleys Mantel zurückgelassen hatten – er steckte immer noch in der
Whole-Foods
-Tüte hinter der Tür. Wahrscheinlich hatten sie es für Müll gehalten. Auch Sharon Falcones Polizeiakte tauchte wieder auf. Vor zwei Tagen hatte Nora sie mit nach oben genommen, um sie im Bett zu lesen. Sie lag immer noch auf ihrem Nachttisch – ein Hinweis darauf, dass die Einbrecher es nicht nach oben geschafft hatten.
Ich musste immer wieder an Olivia Endicott denken. Es war schon ein
sehr
praktischer Zufall, dass die Einbrecher sich ungehindert Zugang zu meiner Wohnung verschaffen konnten, während wir bei ihr saßen und uns ihre Geschichten anhörten. Ich fragte mich, ob ich sie falsch eingeschätzt hatte. War sie von Anfang an eingeweiht gewesen und hatte ihnen einen Hinweis auf unsere Verabredung gegeben?
Wieso? Welchen Grund hatte Olivia, Cordova zu schützen?
Außerdem fiel mir eine beunruhigende Symmetrie der Ereignisse auf. Wir folgten Ashleys Spuren; Theo Cordova folgte unseren. Hopper war gestern in ihr Haus eingebrochen; heute waren sie in unseres eingebrochen. Als ich auf dem Pier nach dem Mann suchte, war ich nur mir selbst begegnet,
meiner
Visitenkarte. Fühlten sie sich wirklich bedroht von dem, was wir taten? Oder sahen sie das Ganze als Spiel, spiegelten sie nur unser Vorgehen und ließen jede Aktion wie einen Bumerang auf uns zurückfallen, eine Verletzung von Cordovas Privatsphäre führte zu einer der meinigen, ein Einbruch zum anderen?
Ich wusste nicht, was das alles bedeutete, doch zumindest eines von dem, was Olivia gesagt hatte, schien richtig zu sein:
Der Raum um Cordova krümmt sich. Das Licht wird langsamer, Informationen geraten durcheinander, rationale Köpfe werden unlogisch,
hysterisch
.
Ich ging nach oben und duschte. Dann gab ich Hopper ein Handtuch, damit er dasselbe tun konnte. Ich wollte Essen beim Chinaimbiss bestellen und ihn dann über das Stadthaus ausfragen – er hatte kurz erwähnt, dass er nicht viel gesehen hatte, bevor man ihn schnappte. Ich ließ Nora mit Septimus allein und ging in mein Schlafzimmer, um den alten Safe in meinem Schrank leerzuräumen. Ich hatte ihn seit Jahren nicht benutzt, aber von jetzt an mussten sämtliche Notizen und Beweismaterialien darin eingeschlossen werden.
Ich räumte gerade ein paar alte, bereits veröffentlichte Unterlagen aus, als es hinter mir klopfte.
Nora stand in der Tür, sie war kreidebleich.
»Was ist passiert? Ist was mit Septimus?«
Sie schüttelte den Kopf und gab mir ein Zeichen, ihr zu folgen.
Sie hatte die Musik im Wohnzimmer ohrenbetäubend laut aufgedreht, damit man unsere Schritte nicht hörte. Sie schlich zum Ende des Flurs und zeigte auf die Badezimmertür – diese stand einen Spalt breit offen.
Hopper war darin, man konnte den Wasserhahn laufen hören. Es war eigentlich nicht meine Angewohnheit, Männer in Badezimmern zu beobachten, aber sie forderte mich lebhaft auf, einen Blick hineinzuwerfen.
Ich beugte mich vor. Hopper stand vor dem Waschbecken und putzte sich die Zähne. Er hatte ein Handtuch um die Hüfte gebunden.
Und dann sah ich es.
77
»Was ist?«, fragte Hopper, als er zu uns ins Wohnzimmer kam.
»Setz dich«, sagte ich. »Wir müssen uns unterhalten.«
»Genau. Das Stadthaus.«
»Nicht über das Stadthaus«, sagte Nora verärgert. »Über das Tattoo an deinem Fuß.«
Er erstarrte.
»Was?«
»Ashleys Kirin«, sagte sie. »Du hast die andere Hälfte.«
Er schielte zur Tür hinüber.
»Hopper, wir haben es gesehen. Du hast uns angelogen.«
Er starrte sie böse an, dann wollte er plötzlich los in Richtung Tür, aber ich war darauf gefasst. Ich packte ihn am T-Shirt und schubste ihn unsanft in einen der Ledersessel.
»Das Tattoo an deinem Scheiß-Knöchel. Jetzt rede.«
Er schien zu erschrocken, um sprechen zu können, oder versuchte, sich eine Ausrede einfallen zu lassen. Nach einer Minute stand Nora auf und schenkte ihm ein Glas Scotch ein.
»Danke«, murmelte er missmutig. Er trank einen Schluck und blickte in das Glas. »Sie zu kennen und dann wieder nicht«, sagte er mit leiser Stimme, »ist wie lebenslänglich zu kriegen. Man sieht
Weitere Kostenlose Bücher