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Die amerikanische Nacht

Die amerikanische Nacht

Titel: Die amerikanische Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisha Pessl
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freundlichen Augen hervorblinzelten wie die eines Streifenhörnchens. Außerdem hatte er einen übereifrigen Haaransatz, der schon fünf Zentimeter über seinen Augenbrauen loslegte. Seine rechte Wange war übel geschwollen, als hätte er sie mit Wattebällchen ausgestopft.
    »Ich will mich mit dir über Ashley unterhalten«, sagte ich.
    Der Name rüttelte ihn auf, als hätte er in eine Steckdose gefasst. Er murmelte etwas vor sich hin, ging zu einem Sessel und setzte sich mit dem leisen Pfeifen eines Furzkissens. Er zog seine Schuhe aus und legte die Füße, die in grellgelben Argyle Socken steckten, auf den Hocker vor sich.
    »
Ashley Cordova
«, wiederholte er und rieb sich die schlaffe betäubte Seite seines Gesichts. Er drehte sich um und bellte über die Schulter, »
Olga!
«.
    Sie erschien telefonierend in der Tür, offenbar sprach sie mit der Polizei.
    »Um Himmels willen, Olga,
was machst du denn
 – leg auf! Mein
Gott
! Das hier ist mein guter Freund McGrath. Könntest du ihm was anderes als Tee bringen? Tee bringt bei diesem Mann gar nichts.« Er sah mich an. »Trinkst du immer noch am helllichten Tag?«
    »Ja klar.«
    »Freut mich, dass du dir deine beste Charaktereigenschaft bewahrt hast. Würdest du uns den guten Wodka bringen?«
    Olga verschwand und ich setzte mich aufs Sofa. Beckman hatte den leuchtenden Computerbildschirm noch immer nicht bemerkt. Er war von den drei Katzen abgelenkt, die plötzlich aus ihren Verstecken herausgekommen waren. Früher gab es hier acht Katzen, aber eine war an Altersschwäche gestorben und eine weitere durchs Fenster verschwunden. Sie gehörten zu irgendeiner exotischen, fernöstlichen Rasse, mit blauen Augen, schwarzen Gesichtern, Fell wie Flokatiteppich und der Persönlichkeit einer Greta Garbo. Sie ließen sich nur zu öffentlichen Auftritten herab, wenn Beckman zugegen war.
    Er beugte sich hinab, um eine der Katzen zu streicheln, die sich am Hocker rieb.
    »Welche ist das?«, fragte ich, um Interesse zu heucheln. Es gab einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Interesse, das man Beckmans Katzen entgegenbrachte, und seiner Laune.
    »McGrath, den hast du schon
unzählige Male
gesehen. Das ist Einäugiger Pontiac. Nicht zu verwechseln mit Spanner oder Boris, dem Sohn des Einbrechers.« Er zog eine Augenbraue hoch. »Ich habe gerade ein neues Kätzchen bekommen. Ich habe ein neues Markenzeichen gefunden. Ziemlich peinlich, dass mir das bisher entgangen war.«
    »
Sieben Katzen?
Dafür können sie dich ins Gefängnis stecken.«
    Er schob seine Brille hoch.
»Murad Zigaretten.«
    »Noch nie gehört.«
    »Es ist eine alte türkische Marke, die in den 1910 er und 1920 er Jahren beliebt war.
Murad
heißt ›sehnlicher Wunsch‹ auf Arabisch. In Cordovas Filmen kommt ausschließlich die Marke
Murad
vor. Man sieht nie Marlboro, Camel oder Virginia Slims. Und es geht noch weiter. Immer, wenn die Kamera in einem Cordova-Film auf die Murad Zigarette
scharfstellt
, ist die nächste Person, die im Bild erscheint, gebrandmarkt. Mit anderen Worten, die Götter haben ein großes, rotes X zwischen seine Schulterblätter gemalt und ihm ein unsichtbares Schild angeklebt, auf dem steht, ›Am Arsch‹. Sein Leben wird nie mehr sein wie zuvor.«
    Murad
. Jede einzelne von Beckmans Katzen war nach einem ganz konkreten Detail aus Cordovas Filmen benannt, einem Markenzeichen oder einer stillen Signatur. Diese reichten von Statistenauftritten, die Sekundenbruchteile dauerten (ähnlich Hitchcocks Kurzauftritten) bis zu winzigen Requisiten in der Kulisse, die drohende Zerstörung symbolisierten (so wie eine Orange in »Der Pate« den Tod der Figur andeutete, die sie schälte). Die meisten waren nicht offensichtlich, sondern extrem versteckt, wie Einäugiger Pontiac und Boris, der Sohn des Einbrechers.
    Ich rutschte nach vorne, um einen Schluck Tee zu trinken, und warf einen heimlichen Blick auf den Computer, der
immer noch
leuchtete. Beckman krempelte sich die Ärmel hoch und runzelte die Stirn. Er schien kurz davor, meinem Blick zu folgen.
    »Was hast du über Ashley gehört?«, fragte ich.
    Seine Miene verfinsterte sich. »Tragisch.« Er atmete tief durch und lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Véra und ich haben sie vor Jahren spielen sehen. In der Weill Recital Hall. Ein umwerfendes Erlebnis. Das Konzert sollte um acht beginnen. Alle warteten. Es wurde acht, zehn nach acht, zwanzig nach acht. Ein Mann mit Bart betrat die Bühne und verkündete nervös, ›Das Konzert wird gleich

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