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Die amerikanische Nacht

Die amerikanische Nacht

Titel: Die amerikanische Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisha Pessl
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dem, was Hughes erzählt hat, zu stimmen. Ash wollte den Typen nicht davonkommen lassen, falls er wirklich für diesen Teufelsfluch verantwortlich war. Und wenn eine Sache, die Hughes gesagt hat, stimmt, sollte man sich das andere wenigstens mal ansehen.
Zweitens
. Wenn Cordova mit dieser schwarzen Magie zu tun hatte, ob es sie jetzt gibt oder nicht, dann wurde Ash da mit reingezogen. Und dafür will ich ihn umbringen.
Drittens
. Wenn irgendwas davon stimmt, wollen die Leute was darüber erfahren. Das ist mir egal. Mir geht es nur um Ash, sonst nichts. Ich glaube, sie hat mir diesen Affen geschickt, weil sie wollte, dass ich die Wahrheit über ihre Familie herausfinde. Das war ihre Art, sich mir anzuvertrauen, deshalb wusste sie von Orlando.«
    Er hatte natürlich recht. Auf eine Art wusste ich von Anfang an, wo das alles hinführte: zurück nach The Peak.
    »Wir finden einen Weg hinein«, fuhr Hopper fort. »Und egal welche Beweise wir finden, egal welche Wahrheit wir über die Cordovas herausfinden, egal wie krank oder harmlos, anschließend entscheiden wir drei gemeinsam, was wir mit den Informationen anfangen. Wir stimmen ab und fertig.«
    Er sah mich mit deutlichem Misstrauen an, als er dies sagte, und pustete den Zigarettenrauch aus.
    »Aber zuerst finden wir die Spinne«, sagte ich.

89
    Am nächsten Tag wollten wir bei Hugo Villardes Antiquitätengeschäft,
The Broken Door
, sein, wenn es um 16 : 00  Uhr öffnete.
    Doch im Durcheinander der letzten Woche hatte ich ein entscheidendes Detail vergessen:
Santa Barbara.
Sam würde für ein langes Wochenende bei mir sein. Cynthia rief mich früh an und teilte mir mit, dass Sams neues Kindermädchen – eine Frau namens Staci Dillon – Sam um 15 : 15  Uhr von der Schule abholen und sie direkt zu meiner Wohnung bringen würde. Cynthia hatte der Frau meine Schlüssel gegeben, das war also kein Problem; ich dachte mir, sie könnte mit Sam bei mir warten, bis wir vom Antiquitätengeschäft zurückkämen.
    Doch der gesamte Vormittag verging, und dann der frühe Nachmittag, ohne dass das neue Kindermädchen sich meldete. Ich versuchte jede halbe Stunde, sie anzurufen, und fragte mich, wie zur Hölle meine Ex-Frau einer Frau vertrauen konnte, deren Name auf -i endete.
Da hätte sie ja gleich eine Ibiza oder Tequila anstellen können.
Um 14 : 30  Uhr rief Staci endlich an. Es war ein Notfall; ihr siebzehnjähriger Sohn hatte einen Autounfall auf dem Bruckner Expressway gehabt. Es ging ihm gut, aber sie kam gerade von einem Krankenhaus in der Bronx und hatte eine Stunde Verspätung. Sie würde frühestens um fünf bei uns sein. Ich versicherte ihr, dass es für mich kein Problem sei, Sam von der Schule abzuholen. Das bedeutete jedoch, dass ich Sam mit zu
The Broken Door
nehmen müsste.
    Die Idee gefiel mir nicht.
    »Ruf Cynthia an«, sagte Nora. »Vielleicht hat sie noch ein Kindermädchen in Reserve.«
    »Das kann ich nicht. Sie steigt gleich in den Flieger.«
    »Wie wär’s mit so einem Kindermädchen-Notfallservice?«, fragte Hopper, der auf der Lehne des Sofas saß.
    »Ich schicke keinen Fremden, um Sam abzuholen.«
    »Hopper und ich können zu dem Laden fahren«, sagte Nora.
    »Und ich setze diesmal aus?«
    Sie nickte. Es war klar, woher dieser Vorschlag kam; sie war immer noch sauer auf mich, wegen unseres Streits am Vorabend über das, was wahr ist und was nicht.
    »Nimm sie einfach mit«, sagte Hopper. »Und wenn’s gefährlich wird, geht ihr.«
    Ich sagte nichts und dachte darüber nach. Wir waren ganz nah dran. Ich konnte es spüren. Wenn ich ein so entscheidendes Treffen Hopper und Nora überließ, riskierte ich, dass die Spur sich in Luft auflöste. Villarde wäre gewarnt und würde uns durch die Lappen gehen. Andererseits war es undenkbar, Sam in Gefahr zu bringen.
    »Entscheide dich schnell«, sagte Hopper. »Wir müssen los.«

90
    Es war von außen nicht eindeutig als Geschäft zu erkennen, es gab kein Schild, nur ein geschlossenes Garagentor, von dem die rote Farbe abblätterte.
    Tote Ranken klebten an der Klinkerfassade wie Haarsträhnen nach dem Duschen auf den Fliesen. Die oberen Stockwerke waren verfallen, die Fenster zerbrochen oder mit Brettern vernagelt. Das Gebäude war wahrscheinlich einmal elegant gewesen – links und rechts der Garage waren detailreiche korinthische Pilaster zu sehen; im Erdgeschoss gab es einige gelbblaue Buntglasfenster –, doch jetzt war alles dreckverkrustet und abgenutzt, als sei das Gebäude jahrelang vergraben

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