Die amerikanische Nacht

glaubt er selbst daran, an diese sogenannte Macht, die er hat. Nachts tanzt er mit den Leuten aus der Gegend, die den Teufel anbeten, im Wald herum. Es ist doch nur logisch, dass irgendwann die ganze Familie, inklusive Ashley, an diese Macht glaubt. Und das zerstört sie.«
    »Und was, wenn es wahr ist?«, fragte Nora leise vom Sofa aus. Hopper saß am anderen Ende und rauchte nachdenklich eine Zigarette.
    »Du meinst die Macht, die Cordova auf dem Gelände besaß?«
    »Ja.«
    »In den dreiundvierzig Jahren, die ich jetzt lebe, habe ich noch nie ein Gespenst gesehen. Nie ist ein kalter Schauer durch mich gefahren. Ich habe nie ein Wunder gesehen. Jedes Mal, wenn mein Verstand irgendeine mystische Erklärung finden wollte, stellte sich heraus, dass dieses Bedürfnis einfach aus der Furcht heraus geboren war und es eine ganz rationale Erklärung gab.«
    »Für jemanden, der investigativ arbeitet, bist du wirklich blind«, sagte Nora verärgert.
    Ich wusste nicht, was in sie gefahren war. Seit dem Augenblick, als wir Marlowes Apartment verlassen hatten und hierher zurückgekommen waren, um etwas beim Chinaimbiss zu bestellen und alles durchzusprechen, war sie vollkommen überzeugt, dass alles, was Marlowe uns erzählt hatte, inklusive des Teufelsfluches, wahr war. Jede Andeutung, dass es nicht so sein könnte, jedes noch so kleine bisschen Skepsis, machte sie wütend.
    »Es passt alles zusammen, siehst du das nicht?« Ihr Gesicht verfärbte sich rot. »Ashley kam in die Stadt, um diese Spinne zu suchen. Wir wissen nicht wieso. Aber sie wusste, dass es jetzt geschehen würde. Diese Verwandlung. Sie wusste, dass der Teufel bald kommen würde, um sie zu holen.«
    »Ashley
glaubte
, dass es passierte, aber das war nur in ihrem Kopf.«
    »Und wie erklärst du dir dann, dass das Zimmermädchen im Waldorf den Abdruck des Bösen in ihrem Auge gesehen hat? Und dass Ashley wie durch Magie Morgan Devold dazu gebracht hat, sie aus Briarwood herauszuholen? Peter vom
Klavierhaus
sagte, dass sie sich bewegte, als ob sie nicht von dieser Welt sei. Sogar Hoppers Geschichte von ihr und der Klapperschlange passt dazu. Und was ist mit dem Ehepaar, das vor Cordova in The Peak wohnte?«
    »Viele britische Adlige sind exzentrisch. Sie heiraten ihre Cousinen und Cousins. Das macht die Inzucht.«
    »Wie erklärst du dir, was Olivia zugestoßen ist?«
    »Sie hatte einen Schlaganfall. Das geschieht jeden Tag.«
    Sie seufzte. »Wie viele Beweise brauchst du denn noch, bevor du einsiehst, dass es
einfach wahr
sein muss?«
    »Es wird nie eindeutige Beweise dafür geben, dass jemand an den Teufel
verkauft
wurde.«
    »Das weißt du gar nicht.«
    »Das hier ist New York. Würden die Leute herausbekommen, dass Teufelsanbetung tatsächlich was bringt, würde das doch jeder ehrgeizige Typ A in seinem Apartment machen.«
    Sie sah mich böse an. »Du bist ein
Idiot
.«
    »Jetzt bin ich auf einmal ein Idiot?«
    »Nicht
auf einmal
. Du bist schon sehr lange einer.«
    »Weil ich nicht an die Macht einer Zeremonie von ein paar Landeiern glaube? Weil ich Fragen stelle? Und
Beweise brauche
?«
    »Du denkst, du weißt alles. Aber das tust du nicht. Das Leben und die Menschen sind direkt vor deinen Augen, und du gibst dich bloß überlegen und machst Witze. Aber damit willst du nur verbergen, dass du Angst hast. Wenn du ein Kind in der ersten Klasse wärst und der Lehrer dir Stifte geben und dich auffordern würde, dich selbst zu malen, würdest du dich
so klein
malen.« Sie hielt Daumen und Zeigefinger einen Millimeter weit auseinander.
    »Und du weißt mit deinen neunzehn Jahren natürlich
alles
. Du hast zu Hause in St. Cloud bei Kissimmee verstanden, wie die Sache läuft. Vielleicht müsste
ich
mal bei Moe und dem alten
Schmuddel-Bill
und dem Wellensittich einziehen – der übrigens
nicht
über magische Kräfte verfügt, es sei denn, du hältst den ganzen Tag zu
scheißen
für
Magie
!«
    »
Du
würdest Magie nicht erkennen, wenn sie dich in den Arsch treten würde.«
    »Die Lösung ist ganz einfach«, murmelte Hopper.
    Ich drehte mich zu ihm um.
»Was?«
    »Wir müssen in The Peak einbrechen.«
    Er verkündete es ganz ruhig und zog an seiner Zigarette.
    »Das, worüber ihr euch streitet, ist irrelevant. Wir
wissen
nicht, wo der Glaube endet und die Realität beginnt. Gibt es da überhaupt einen Unterschied? Aber drei Dinge wissen wir.«
    »Welche drei Dinge?«, fragte Nora.
    »
Erstens.
Ash war dieser Spinne auf der Spur, also scheint zumindest ein Teil von