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Die amerikanische Nacht

Die amerikanische Nacht

Titel: Die amerikanische Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisha Pessl
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nächste abzulösen, bis meine ganze Konfusion und mein Schrecken in einer Lawine aus mir herausbrachen.
    Als ich fertig war, sagten sie einen Augenblick lang nichts, es hatte ihnen die Sprache verschlagen. Ich glaube, dass ich in all den Jahren, die ich als Journalist arbeitete, noch nie ein so ausgeprägtes Bedürfnis gehabt hatte, jemandem ganz genau zu erzählen, was passiert war. Es war, als würde ich erst dadurch endlich von dort entkommen, mich erst jetzt endgültig aus diesen Tunneln und Schatten herausziehen.
    »Wie meinst du das, du hast etwas in Brads Manteltaschen gefunden, von dem du dich nicht erinnern kannst, es mitgenommen zu haben?«, flüsterte Nora.
    Bevor ich antwortete, sah ich mich um. Ich wollte sichergehen, dass die Kellnerin noch hinten in der Küche war. Wir waren die Einzigen, die noch im Restaurant saßen. Selbst der alte Mann, der an der Theke gesessen hatte, schlurfte jetzt aus der Tür. Er stützte sich auf seinen Gehstock, jeder Schritt kostete ihn große Mühe.
    Brad Jacksons schlammverkrusteter Mantel lag zusammengefaltet auf dem Sitz neben mir.
    Ich zog ihn heran und leerte die Taschen, Gegenstand für Gegenstand. Ich legte alles vor uns auf den Tisch.
Popcorns Kompass. Das blutgetränkte Kinderhemd.
Die Dinge wirkten sonderbar hier im Neonlicht, fehl am Platz, Souvenirs aus einem Albtraum.
    »Diese Sachen erinnere ich mich mitgenommen zu haben«, sagte ich. »Aber nicht das hier.«
    Ich durchwühlte die Tasche und zog einen letzten Gegenstand hervor, der ganz unten versteckt lag. Es waren mehrere durch drei Gelenke verbundene Knochen, verwittert und dreckig und ungefähr dreizehn Zentimeter lang.
    »Was
ist
das?«, fragte Nora.
    »Für mich sieht es aus wie ein Teil eines Kinderfußes. Aber ich weiß es nicht.«
    »Woher kommt das?«
    »Ich denke, dass ich es irgendwo gefunden und mitgenommen habe, weil ich dachte, es könnte ein Beweisstück sein. Aber ich kann mich nicht erinnern.«
    Noras beunruhigter Blick wanderte von den Knochen auf dem Tisch zu mir. »Du erinnerst dich nicht, ob diese Leute irgendwas mit dir angestellt haben, oder …«
    »Nein.«
    »Was ist mit der Frage, wie du in dieses Sechseck gekommen bist?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Du wurdest offensichtlich unter Drogen gesetzt«, sagte Hopper.
    Nora biss sich ängstlich auf die Lippen. »Und was machen wir jetzt?«
    »Wir lassen ein paar der Sachen untersuchen«, sagte ich. »Finden heraus, ob das auf dem Hemd menschliches Blut ist, und menschliche Knochen. Wenn ja, müssen wir herausfinden, zu wem all das gehört. Lag die Spinne mit seinen Verdächtigungen richtig? Gibt es da draußen eine Mutter, die immer noch nach ihrem vermissten Kind sucht? Ich kann nicht beweisen, dass das, was ich da oben gesehen habe, echt war, aber ich kann beweisen, dass Cordova an den Fluch glaubte. Wie weit ist er bei seiner Arbeit gegangen, in der Hoffnung, Ashley zu retten? Der Mann hat die Grenzen zwischen Fiktion und Fakten verwischt. Seine Kunst und sein Leben waren ein und dasselbe.«
    »So hatten wir es nicht abgemacht«, brummte Hopper. »Vor unserem Einbruch in The Peak haben wir vereinbart, dass wir zu dritt entscheiden, was wir mit den Informationen anfangen. Nicht du allein.«
    »Aber wir wissen noch gar nicht, was wir haben.«
    »Was versprichst du dir davon?« Er starrte mich vorwurfsvoll an. »Dein Name in verdammten Leuchtbuchstaben? Den Ruhm, den großen Cordova bloßgestellt zu haben, damit du ihn vor aller Welt an der Leine zur Schau stellen kannst? Damit du dich brüsten kannst, dass er wirklich
genau so
ist? Dass er gar nicht so großartig ist? Glaubst du, dass Ashley das wollte?«
    »Ich weiß nicht, was sie wollte.«
    »Das ist hier nicht dein großes Los. Das ist ihr Leben. Ich lasse nicht zu, dass du eine billige Klatschgeschichte daraus machst …«
    »Niemand behauptet, dass …«
    »Wir wissen, was sie durchgemacht hat«, fuhr er verärgert fort. »Wir wissen, in was für einem Irrenhaus sie aufgewachsen ist, was für eine Familie sie hatte. Wie sie ihr Leben gelebt hat. Wir wissen, wieso sie mitten in der Nacht allein auf diesen Aufzugsschacht gestiegen und gesprungen ist. Sie wollte der Sache ein Ende bereiten. Wir wissen es. Du hast sogar diesen Graben gesehen, mit den Schuhen und Handschuhen. Also, wann ist es genug? Wie viel mehr Wahrheit musst du dir noch reinziehen, bis du verdammt nochmal zufrieden bist?« Er schob wütend seinen Teller von sich, so dass die Gabel klappernd auf den Boden

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