Die amerikanische Nacht
ist früh.«
»Wenn Oma Eli hier wäre, würde sie sagen, der ganze Tag ist schon vergeudet. Ich hab dir Frühstück gemacht.«
Mit einem Gefühl leichter Beklemmung betrat ich die Küche.
Auf der Anrichte stand ein Teller mit Rührei und Toast. Sie hatte sogar
gespült
. Im Waschbecken stand nicht ein dreckiger Teller oder Glas.
Ich verließ die Küche. »Du sollst nicht für mich kochen. Auch nicht spülen. Das zwischen uns ist eine reine Arbeitsbeziehung.«
»Das ist bloß
Rührei
.«
»Ich bin dreiundvierzig. Ich brauche niemanden, der mich füttert.«
»
Noch
nicht. In Terra Hermosa war so ein Mann, Cody Johnson, der zeigte schon mit neununddreißig Anzeichen von Demenz.«
»Die Geschichte kenn ich schon. Ist er einsam gestorben?«
»Jeder stirbt einsam.«
Dem ließ sich kaum etwas hinzufügen. Immer wenn sie mit
Terra Hermosa
anfing, war es, als würde sie DDT auf die Unterhaltung sprühen – das Gespräch war sofort tot.
Ich nahm mir eine Tasse Kaffee und gab Nora ein Zeichen, mir zu folgen.
»In diesem Karton ist alles, was ich über Cordova weiß«, erklärte ich ihr, als wir in mein Büro kamen. »Sortier das mal nach Veröffentlichungsdatum und nach Thema. Die Informationen zu seinen Filmen kannst du gesammelt lassen. Such nach allem, was uns helfen könnte, Ashleys Persönlichkeit zu verstehen – Musik, Hobbys, ihr Hintergrund –, und jede Erwähnung ihres Familienlebens und des Adirondack Anwesens, The Peak.«
Ich sah einen dünnen Stapel Papier, der herausragte, vorne war ein Foto von The Peak angeheftet, das ich in einer alten Ausgabe von
National Geographic
gefunden hatte. Ich zog den Stapel heraus und gab ihn Nora.
»Du kannst erstmal das hier lesen. Als ich vor fünf Jahren anfing, zu Cordova zu recherchieren, bin ich nach Crowthorpe Falls gefahren, habe mich umgesehen und die Leute dort gefragt, was sie gehört hatten. Das steht alles da drin.«
Ich ging zur Tür und ließ Nora im Schneidersitz auf dem Sofa zurück. Sie steckte sich sorgsam das Haar hinter die Ohren und begann zu lesen.
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© Hakan Karlsson/Dreamstime.com
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Unter Verwendung des Originals © Jen Hamilton-Emery
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28
»Kein Anschluss unter dieser Nummer«, sagte Nora und legte auf. Sie hatte versucht, den alten Mann anzurufen, Nelson Garcia, unter der Telefonnummer, die sie in meinen Notizen gefunden hatte.
»Wahrscheinlich ist er tot«, sagte ich. »Als ich mit ihm gesprochen habe, konnte er kaum noch vom Sofa aufstehen.«
Nora sagte nichts. Sie nahm das Transkript des Telefongesprächs mit dem anonymen Anrufer John und las es konzentriert durch.
Es war nach halb neun. Ich war gerade aus dem Café Sant Ambroeus am Ende der Straße zurückgekehrt, wo ich mich mit einem alten Freund zum Abendessen getroffen hatte – Hal Keegan, einem Fotojournalisten, der beim
Insider
Magazin mein Kollege gewesen war, obwohl wir uns in den letzten Jahren nur selten gesehen hatten. Ich hatte ihm nicht verraten, woran ich arbeitete. Ich vertraute Hal, doch ich hoffte noch immer, meine Recherchen im Stillen durchführen zu können, auch wenn uns in Briarwood der Sicherheitsdienst erwischt hatte. Bei aller abgebrühten Faktenhörigkeit waren Journalisten ein abergläubischer Haufen. Unausgesprochen wussten alle, dass die Vermutungen und Theorien eines Reporters, der hinter einer Geschichte her war, in der Luft lagen, und dass andere Reporter sie sich einfangen konnten wie eine Erkältung. Meist war es nur eine Frage der Zeit, bis die Konkurrenten dieselben Ahnungen über einen Fall hatten wie du selbst. Ich bildete mir nicht ein, der einzige Journalist zu sein, der Ashley Cordovas Tod untersuchte. Aber einen Fall als Zweiter oder Dritter zu lösen, brachte gar nichts. Es zählte nur, der Erste zu sein.
Als ich nach Hause kam, saß Nora genau dort, wo ich sie zurückgelassen hatte. Sie sortierte noch immer meine Unterlagen. Ich hatte ihr Linguine mit Pesto mitgebracht, doch nachdem sie »Mensch, Danke, die sehen aber lecker aus!« gesagt hatte, hatte sie das Essen kaum angerührt. Stattdessen war sie vollkommen darin vertieft, den Lehrplan zu
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